Der Filmclub Wiesloch-Walldorf zeigt am Donnerstag, 9. März, um 20 Uhr im Luxor-Filmpalast das deutsche Entführungsdrama “Wir sind dann wohl die An-gehörigen“
Mitten in der Nacht des 25. März 1996 wird Johann von seiner Mutter geweckt: Der Vater wurde entführt. Danach scheint die Zeit still zu stehen. Polizisten, Anwälte und Freunde der Familie beleben das Haus, das plötzlich so unlebendig scheint. Zum ersten Mal in seinem Leben empfindet Johann so etwas wie Angst. Die Ungewissheit ist nun sein täglicher Begleiter. Schule, Sport und Freunde sind plötzlich nicht mehr relevant und die Tage scheinen endlos zu sein. Jan Philipp Reemtsma ist in den Händen von Entführern, die eine unmögliche Menge Lösegeld fordern. Die Zeit schreitet voran und als wieder eine Geldübergabe scheitert, scheint es so, dass die ermittelnden Be-amten mit der Entführung vollkommen überfordert sind. Jan Philipps Leben kann nur gerettet werden, wenn die Familie wider der Strategie der Polizei vorgeht.
“Wir sind dann wohl die Angehörigen“ hatte Johann Scheerer 2018 sein Buch genannt, in dem er seine Sicht als 13-Jähriger aufgeschrieben hat, mit dem Abstand von 22 Jahren nach den traumatischen Wochen. Ein Satz, der sich auf die polizeilichen Einsatzkräfte bezieht, die sich im Haus der Familie eingenistet haben, um auf jede Kontaktaufnahme der Entführer reagieren und zugleich als “Angehörigenbetreuer“ agieren zu können. In Hans-Christian Schmid hat Johann Scherer sicherlich den idealen Regisseur für die Verfilmung seines Buches gefunden. Schließlich hat dieser speziell mit Filmen wie „Nach fünf im Urwald“ oder „Crazy“ doch immer wieder ein besonderes Gespür für jugendliche Befindlichkeiten bewiesen.
Und so schildert Schmid die viel beschriebene Reemtsma-Entführung aus ungewöhnlicher Perspektive. Durch den Blick von Frau und Sohn wird das Leid der Angehörigen spürbar, aber auch das schwierige Verhältnis von bürgerlich-intellektuellem Selbstverständnis und dem Pragmatismus der Polizei. Dabei folgt er nicht den Konventionen des True-Crime-Genres, das das Verbrechen in den Fokus genommen hätte. Realismus statt Spektakel.
Abgesehen von den dramaturgischen Ideen sind es immer wieder die tollen Schauspieler, welche den Film spannend und interessant machen. Der junge Claude Alb-recht Henrich spielt sensibel einen jungen Mann, der aus seiner Idylle brutal heraus-gerissen wird und der einsehen muss, dass ein Rückweg zu diesem alten Leben nicht mehr möglich ist. Das Zusammenspiel mit der ebenfalls großartigen Adina Vetter als Ann Kathrin, die versucht bei der Unsicherheit und dem zermürbenden Warten auf ein Lebenszeichen so etwas wie eine Routine zu bewahren und nicht in Panik zu geraten, ist herausragend. Und so tragen sie entscheidend dazu bei, dass der Film langsam immer emotionaler und spannender wird
Quelle: Stadt Wiesloch