Dr. med. Gerhard Veits: „Cool bleiben, positiv denken!“
(red) Wiesloch, 18.03.2020 – Der Wieslocher Kinderarzt und Gemeinderat Gerhard Veits lies der Redaktion auf Anfrage freundlicherweise einige Infos zum Umgang mit der aktuellen Situation betreffend dem Coronavirus zukommen.
Corona – ein Wort an unsere kleinen Patienten.
Nach allem, was wir wissen, ist Corona keine schwere Erkrankung der Kinder. Sie werden die Krankheit eher als harmlosen Infekt der oberen Luftwege durchmachen oder völlig asymptomatisch sein. Sie sind aber sehr effektive Überträger. Also besser von Opa und Oma, Alten und Schwachen fernhalten.
Wir haben bislang keinen einzigen Verdachtsfall oder Erkrankungsfall. Verdächtig ist, wer Kontakt zu einem Erkrankten hatte oder die letzten 14 Tage in einem Risikogebiet war, und Symptome hat. Nur wenn beides vorliegt, wird getestet. Test auf Corona führen nicht die Arztpraxen durch, sondern das Gesundheitsamt.
Wer sich begründet oder unbegründet Sorgen macht, komme niemals unangemeldet zum Arzt/Kinderklinik oder ins Gesundheitsamt. Bitte immer telefonieren, damit alles organisiert und abgesprochen werden kann. Die Praxen müssen im Interesse aller Coronafrei bleiben.
Verschiebbare Arzttermine in Absprache mit der Praxis ggf. verschieben! Krankmeldungen können nach telefonischer Rücksprache ausgestellt werden. Telefonnummer Gesundheitsamt 06221 5221881 bitte nicht inflationär nutzen. Cool bleiben.
Corona – ein Wort an Jugendliche Patienten.
Party, Disko, Clubs oder auch nur Geburtstagsfeier oder Kneipe sind jetzt nicht angesagt. Gerade Jugendliche und junge Leute sind Überträger in verschiedene Generationen. Also verzichtet bis Ende der Osterferien darauf und macht das, was die Eltern sonst nicht so gerne sehen: Handy, Telefonieren, WhatsApp etc.
Sehr gut möglich dagegen sind Aktivitäten im Freien an der frischen Luft. Covid 19 wird über Tröpfcheninfektion weitergegeben, das heißt der Kranke hustet oder niest, die Viren sind an kleine Tröpfchen gebunden, die eine gewisse Zeit in der Luft schweben und dann zu Boden sinken. Treffen sie auf die eigene Schleimhaut, ist man angesteckt. Das ist in Innenräumen gut möglich, draußen bei Sonne und Wind sehr viel unwahrscheinlicher. Also Radfahren, Joggen, Wandern usw. ist gut möglich. Zudem stärkt das die unspezifischen Abwehrkräfte und davon wird nach meiner Überzeugung viel abhängen, wer erkrankt und wer nicht.
Corona – ein Wort über Risikogruppen und Vorerkrankungen.
Die meisten, die mich danach fragen, gehören nicht dazu. Eine überstandene Krebserkrankung, ein Schlaganfall, eine gut eingestellte Stoffwechselerkrankung etc. – um nur einige zu nennen, sind keine Vorerkrankungen, die das Risiko für einen schweren Corona-Verlauf steigern.
Covid-19 beginnt als Infektion von Nasen und Rachen und zieht dann in der 2. Woche weiter Richtung Lunge. Bei den schweren Verläufen macht es eine virale Lungenentzündung. Die Lungenentzündung führt zu zwei Problemen: Der Gasaustausch in der Lunge wird erschwert, der Körper wird schlechter mit Sauerstoff versorgt und das Herz-Kreislauf-System wird massiv belastet. Dementsprechend sind Vorerkrankung der Lunge (Asthma bronchiale, chronische Bronchitis, COPD…) und eine vorbestehende Herzinsuffizienz (nach einem ausgedehnten Herzinfarkt, schwere Herzklappenfehler, ein schwaches Herz aufgrund hohen Alters…) ein Problem, weil dann das schon vorbelastete System vielleicht dekompensiert. Unabhängig davon sind alle Immunsupprimierten (z.B. unter Chemotherapie) mehr gefährdet.
Generell gesagt, tragen all diejenigen, denen wir in normalen Wintern eine Grippe-Impfung empfehlen, ein erhöhtes Risiko. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn die Organe nicht massiv vorgeschädigt oder schon sehr altersschwach sind, kann die moderne Medizin viel bewirken.
Zudem sind Krankheitsverläufe von individuellen Faktoren abhängig. Wer auf sich achtet, sich gesund ernährt, regelmäßig Sport treibt, nicht raucht, nicht massiv übergewichtig ist, viel draußen ist und sein Immunsystem auf Trab hält, hat gerade bei Infektionskrankheiten gute Karten. Das sehe ich seit 30 Jahren tagtäglich in meiner Praxis. Also positiv denken!
Corona – ein Wort in eigener Sache.
Die von den Gesundheitsbehörden ausgegebene Strategie, vermeidbare Kontakte absolut zu vermeiden, trifft auch so wichtige Einrichtungen wie die Arztpraxen. Denn auch hier wäre ein großer Umschlagplatz für das Virus. Wir sagen daher zunächst alle verschiebbaren Termine ab und trennen die verbliebenen in gesund und krank. Die ersteren werden nur vormittags bestellt, letztere nur nachmittags. Niemand darf die Arztpraxis ohne telefonische Anmeldung betreten. Ärzte und Team werden in 2 voneinander getrennten Schichten arbeiten, so dass eine Schließung durch Kontamination quasi ausgeschlossen wird.
Dr. Gerhard Veits, 18.03.2020