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Wieslocher Fußgängerzone – Rallyestrecke oder Radrennbahn? Teil 1

11. Juli 2019 | > Wiesloch, Leitartikel

(rp) Wiesloch, 11.07.2019 – Auf Wunsch unserer Wieslocher Leser und Leserinnen greifen wir ein Thema auf das viele Wieslocher beschäftigt. Neben der Frage ob in der unteren Hauptstraße der Linienbusverkehr wieder durchfahren soll, könnte man sich auch die Frage stellen, ob denn nicht gleich die gesamte Fußgängerzone für den gesamten Verkehr freigegeben werden sollte. In beiden Richtungen versteht sich. Ohne Tempolimit, versteht sich. Sarkasmus aus. Spaß beiseite. Und nun die ernste Frage, Linienverkehr die Fußgängerzone? – Was soll das? bzw. Was soll das bedeuten?

Linienverkehr frei?

Linienverkehr frei?

Gefahren im Straßenverkehr lauern gerade für die kleinsten in unserer Gesellschaft

Fahrrad oder Auto? Wem gehört die Straße?

Laut Satzung der Großen Kreisstadt Wiesloch über die Verpflichtung der Straßenanlieger zum Reinigen, Schneeräumen und Bestreuen der Gehwege (Räum- und Streupflicht-Satzung) vom 06. Dezember 1989 heißt es:

„(2) Die Fußgängerbereiche Obere und Untere Hauptstraße gelten in ihrer vollen Breite als Gehweg.“

Fahrrad bis Hesselgasse frei

Fahrrad bis Hesselgasse frei

Fahrradfahren in der Fußgängerzone

Mehr Radverkehr, belebtere Innenstädte.

Jedoch gilt es einiges zu beachten. Zwar führt die Öffnung der Fußgängerzonen zu mehr Radverkehr und einer Belebung der Innenstädte, jedoch ist bei allen Vorteilen die Öffnung von Fußgängerzonen für den Radverkehr nie ganz unproblematisch.

Sie kann es Einschränkungen für den Fußverkehr mit sich bringen und zu Konflikten zwischen beiden Verkehrsteilnehmergruppen führen. Städteplaner müssen zwischen verschiedenen verkehrlichen Bedürfnissen abwägen.

Viele zu Fuß gehende fühlen sich durch Radfahrer gefährdet, denn Radfahrer werden in der Regel durch ihr fehlendes Fahrgeräusch von Fußgängern spät wahrgenommen. Die Folge ist häufig ein Erschrecken der  Fußgänger und damit verbunden das Entstehen negativer Emotionen gegenüber Radfahrenden. Man spricht hier auch von „subjektiver Sicherheit“, also dem Gefühl, sicher bzw. nicht sicher oder gefährdet zu sein.

Besonders betroffen von einem geringen Gefühl der subjektiven Sicherheit sind ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung. Sie können zum einen weniger schnell auf bestimmte Situationen reagieren. Zum anderen unterliegen gerade sie einem besonders hohen Verletzungsrisiko. Hinzukommend können sich Verletzungen im Alter besonders dramatisch auswirken.

Aber auch für Familien, insbesondere mit jüngeren Kindern, stellt die Freigabe für den Radverkehr eine Belastung in der Sorge um die Sicherheit der Kinder dar.

Neulich in Wiesloch

Nachfolgendes Foto dokumentiert eine Gefahrensituation in der Wieslocher Fußgängerzone.

Am linken hinteren Bereich des Bildes (Pfeil 1+2 ganz links) befindet sich eine Frau mittleren Alter gerade dabei vom Fahrrad zu steigen. Im dem Moment der Aufnahme ist sie noch auf dem Rad. Der Herr mittleren Alters vor ihr ist schon abgestiegen. Vermutlich gehören die beiden Herrschaften zusammen, sonst hätte sie ggf. nicht gestoppt, sondern wäre wohl möglich weitergefahren und hätte gar überholt. Vermutlich links überholt, wäre somit sehr dicht an das kleine Kind (3-ter Pfeil von links) gekommen!  Fahrradfahrer No. 3 auf diesem Foto, will im Moment der Aufnahme gerade schwungvoll auf ihr Rad steigen.

Wie man auf dem Foto oben deutlich sehen kann, führt die Gastronomiebestuhlung zu einer deutlichen „Fahrbahnverengung“. Das nun auf beiden Seiten eine Außenbestuhlung vorhanden ist, wirkt sich positiv auf die Belebung der Innenstadt aus und ist durchaus zu begrüßen.

Der Sturgis-Platz in der oberen Hauptstraße ist ein sehr beliebter Ort zum Verweilen, für große und kleine Wieslocher. Das Wasser im  Otmar-Alt-Brunnen zieht die Kinder, aber auch die Erwachsenen an. Da werden im Sommer auch mal die Füße abgekühlt. Die Sitzbänke und die Brunnenumrandung sind meist gut besetzt.

Ein Hinweis für die Radfahrer fehlt

Ein Hinweis für die Radfahrer fehlt

Radfahren bis zur Hesselgasse erlaubt

Das Radfahren bis zur Hesselgasse ist erlaubt, jedoch fehlt ein Hinweisschild, durch das man als Radfahrer erkennt, wo die Radfahrberechtigung in der Fußgängerzone endet. Eine blaue Linie auf dem Boden könnte eine zusätzliche kostengünstige Maßnahme zur Markierung des Fahrradweges sein.

Eine vollständige Öffnung der Fußgängerzone für den Fahrradverkehr und neue kommende Mobilitätsformen wie beispielsweise dem E-Roller scheint dem Autor dieses Artikels eher problematisch. Fußgängerzonen sollen nach Möglichkeit keine Durchgangsrouten für den Radverkehr oder motorisierten Verkehr werden.

Die Einrichtung eigener Radspuren in der Fußgängerzone sei nicht zu empfehlen, da dies den Gedanken der freien, ungehinderten Bewegung der Fußgänger konterkariert und überdies zu einem „Revierverhalten“ der Radfahrer führt. Eine solche Maßnahme wäre in Wiesloch wohl auch schwer umsetzbar.

Ein Vergleich mit anderen Städten in der Region scheint schwer, es gibt kaum Fußgängerzonen wie in Wiesloch die bergauf bzw. bergab führen. So kann man beobachten wie Radfahrer, insbesondere Jugendliche, regelrecht den Buckel runter rasen – ohne Helm, ohne zu bremsen, ohne links und rechts zu schauen. Ein Zusammenstoß mit einem Fußgänger würde für beide sicher schmerzhafte Konsequenzen haben.

„Den Buckel hoch“ fuhren bisher mit herkömmlichen „muskelbetrieben“ Fahrrädern die wenigsten. Es wurde geschoben. Mit Elektromotor betriebenen Rädern oder E-Rollern hat sich dies nun geändert. Wie beobachtet ist das Fahrverhalten eines E-Roller-Fahrers (E-Scooter) ein anderes als das eines Radfahrers. Schwungvoll vom Gehweg auf die Straße und wieder zurück, ohne Handzeichen beim Abbiegen. Mit einer Art Tunnelblick unterwegs ohne den sogenannten Schulterblick.

Da man mit dem E-Scooter bis maximal 20 Kilometer pro Stunde fahren darf, ist ein Führerschein nicht notwendig. Somit fehlen wohl auch manchen die Kenntnisse zu den Verkehrsregeln. Vielleicht kann man von Glück sprechen, dass es noch nicht zu schweren Unfällen in der Fußgängerzone kam. Dass es noch keine Unfälle gab, sollte man nicht als Argument für die vollständige unregulierte Öffnung machen.

Sicherheit wird man nicht garantieren können. Die Wieslocher Fußgängerzone ist nun mal nicht die längste Fußgängerzone Europas“ – die ist in Heidelberg – daher sollte es nicht zu viel verlangt sein, wenn man für die wenigen Meter durch die Fußgängerzone lieber absteigt und schiebt.

„Als Faustregel gilt: Fußgänger haben nach dem Gesetz immer Vorfahrt, Fußgänger dürfen nicht gefährdet werden. Wer sich auf Fußgängerwegen bewegt muss sich wie ein Fußgänger benehmen und ggf.  absteigen und das Rad schieben. Es heißt immer Schrittgeschwindigkeit, das gibt es in diesem Sinne nicht mehr. Die Geschwindigkeit muss dem Fußgänger angepasst sein. Angepasst an den Fußgängerverkehr, heißt es genauer gesagt“ so ein Rechtsexperte.

In den 90er Jahren war das auch kein Problem. Wir sind abgestiegen oder mussten damit rechnen, dass der Stadtsheriff uns mindestens verwarnt.

 

Fahrradabstellplatz Wiesloch

Fahrradabstellplätze sind in Wiesloch Mangelware

Fahrradabstellmöglichkeiten müssen geschaffen werden, die auch bei Großveranstaltungen ausreichend Kapazitäten bieten. Fahrradparkhäuser wären sicher auch eine sinnvolle Idee. Andere innovative und vor allem platzsparende Lösungen zeigen beispielsweise die Japaner auf.

Gefährdung der Fußgänger vermeiden – Achtung und Rücksicht

Ein achtsames und rücksichtsvolles Miteinander von Fußgängern und Radfahrern in der innerstädtischen Fußgängerzone ist notwendig.

RADSAM-Kampagne – achtsam mit dem Rad fahr´n!

WiWa-Lokal.de hat bereits seit einigen Wochen Online-Banner der Kampagne auf der Internetzeitung präsent, die Leser sollten zu dem Thema sensibilisiert werden. Die bestmögliche Lösung für Wiesloch aber auch andere Städte und Gemeinden sollte gefunden werden in übereinstimmendem Konsens zwischen allen Verkehrsteilnehmern und allen Entscheidungsträgern seitens Stadtverwaltung und Gemeinderat etc.

Mal ist man Radfahrer, mal Autofahrer, mal Fußgänger. Daher ist eine Diskussion unter der Grundlage „Fußgänger versus Radfahrer“ oder „Fahrrad versus Auto“ nicht angebracht.

Nur gegenseitiges Verständnis und das ruhige und sachliche Austauschen von Meinungen führt zu einer zufriedenstellenden Lösung zum Wohle aller Bürger.

Der Erfahrungsaustausch zwischen Städten wird von der Kampagne ausdrücklich unterstützt, auch eine Vielzahl von Informationen für die Verantwortlichen aber auch die Verkehrsteilnehmer sind auf der Internetseite der Kampagne des Bundesverkehrsministeriums zu finden.

Eigentlich ganz einfach, wenn sich jeder an die Straßenverkehrsordnung (StVO) hält:

§ 1 Grundregeln

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder, mehr als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

https://www.stvo.de/strassenverkehrsordnung

Radweg statt Lebensgefahr – Gefahrenbereich zwischen Baiertal und Schatthausen

Radweg statt Lebensgefahr – Gefahrenbereich zwischen Baiertal und Schatthausen

Ein anderes Thema Radwege in und um Wiesloch.

Teil 2 erscheint morgen! – Wieslocher Fußgängerzone – Rallyestrecke oder Radrennbahn? Teil 2

Text und Fotos: RP

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