(rp) – „Die Aufgabe der Stadtentwicklung ist es, die Rahmenbedingungen festzuschreiben damit Wiesloch eine lebendige und lebenswerte Stadt ist. Wir alle möchten in Wiesloch gut leben, arbeiten und unsere Freizeit genießen können. Strategien oder Konzepte zur Stadtentwicklung setzen den Rahmen für die künftige räumliche und strukturelle Gesamtentwicklung einer Stadt. Der demographische Wandel oder Engpässe auf dem Wohnungsmarkt, die Energiewende, die Verankerung der Nachhaltigkeit auf der lokalen Ebene und neue Kulturen der Bürgerbeteiligung sind aktuelle Herausforderungen, denen sich die Stadtentwicklung stellen muss.“ – Zitat Stadt Wiesloch.
Die Wohnbau Wiesloch 1970…
sozialer Wohnbau!
Um die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Wiesloch zu verbessern und den Wohnungsverlust durch die Altstadtsanierung der 1960er Jahre auszugleichen, wurde der „Erste badische Immobilienfond – Stadt Wiesloch – KG“ gegründet, der im Westen von Wiesloch, in der Königsberger Straße 3 bis 7 und in der Breslauer Straße 2 bis 18, für rund 18 Mio. DM (9,203 Mio. €) insgesamt 212 Mietwohnungen errichtete.
Auch in anderen Städten Deutschlands finden sich Wohngebiete deren Strassen vorwiegend Namen aus den ehemaligen Ostgebieten Deutschlands tragen. Neben Breslau, Königsberg auch oft Danzig usw. zumeist Wohngebiete mit sog. Sozialwohnungen.
Mit der Vermietung dieser Wohnungen wurde die hierfür am 6. Februar 1970 gegründete Wohnbau Wiesloch beauftragt. Neben der Stadt Wiesloch beteiligten sich an der Wohnbaugesellschaft die
- Sparkasse Wiesloch
- Volksbank Wiesloch eG
- Spar- und Kreditbank Wiesloch eG
- Wellpappe Wiesloch, Zweigniederlassung der Holfelder Werke Wiesloch GmbH
- Emil Schlutius Grossdruckerei GmbH, Wiesloch
Das Stammkapital betrug bei der Gründung 1,2 Mio. DM (613.550,28 €).
Die 212 bezugsfertigen Wohnungen des Immobilienfonds wurden für einen Zeitraum von 20 Jahren von der Wohnbau Wiesloch als Generalmieter gepachtet und im eigenen Namen vermietet und umfassend bewirtschaftet. Klingt wie eine Erfolgsgeschichte, doch ist das eine? Schließlich wurden die Immobilien später verkauft!
Die Königsbergerstrasse bestand in der Vergangenheit nur aus den Hochhäusern. Während sich in der Breslauer Straße auf der einen Straßenseite der städtische Bau mit dem Ypsilon befindet, sind auch der anderen Straßenseite Ein- und Mehrfamilienhäuser errichtet worden. In den 90er Jahren entstanden einige Reihenhäuser im hinteren Bereich der Breslauer Straße womit die Bauplätze damit alle verbaut waren.
Da dieser Teil des Stadtgebiets recht jung ist und kein gewachsenes Wohngebiet war, wohnte hier eine bunte Mischung an Menschen. Vom Sozialhilfeempfänger, dem Arbeitslosen über den Arbeiter zum Lehrerpaar oder dem Unternehmer bis zum General der US-Army. Der Anteil an Ausländern ist wohl bis heute im Hoschket am höchsten in Wiesloch. Viele Gastarbeiterfamilien fanden ihre ersten Mietwohnungen dort. Aus Arbeitskollegen wurden so oft auch Nachbarn. Und so manche Gastarbeiter kaufen die Wohnungen als sich die Gelegenheit bot, wurden Besitzer von Eigentumswohnungen und somit dauerhaft sesshaft in Deutschland. Andere zogen weg und bauten Eigenheime. Nach den sog. Gastarbeitern zogen viele Spätaussiedler in’s Hoschket. Wo man zuvor vermehrt die türkische Sprache hörte Anfang der 90er vermehrt Russisch.
Verkauf der städtischen Immobilien – ein großer Fehler?
Anfang der 90er folgte der Verkauf der städtischen Immobilien. Es entstanden Eigentumswohnungen. Wie in vielen Kommunen Deutschlands schritt die Privatisierung von Staatseigentum und eben auch städtischen Wohnungen und Immobilien fort.
Und das rächt sich nun, so Experten. Die Kassen der Kommunen sind leer, das Geld längst ausgegeben. In so machen Protzbau wurde investiert. Oder wie des Volke Stimme auch sagt: Geld wurde verbrannt. Und Politiker setzten sich Denkmäler für die Ewigkeit. Kostenfaktoren an denen deren Nachfolger „knabbern“ dürfen.
Und Heute? Asozialer Wohnbau?
Am aktuellen Zustand insbesondere der Hochhäuser im Hoschket kann man deutlich einen Investitionsstau vermuten. In umliegenden Gemeinden zeigt sich ein vergleichbares Bild. Man denke an den „Unfall“ in Nußloch im Jahr 2017: 3 Balkone abgebrochen und zwei Personen in die Tiefe gestürzt.
Wo einst ein Hausmeister für Ordnung sorgte, scheint es nun an Ordnung zu mangeln. Sei es der Zustand der Gebäude oder der Wohnanlage selbst. Ein Berg von Sperrmüll macht das Ghetto Feeling perfekt. Fehlen nur noch die brennenden Mülltonnen. Müll und Schmierereien sind schon vorhanden. Erfahrungsgemäß kann sich ein ganzer Stadtteil in wenigen Jahren durch fortschreitende Verwahrlosung zu einem echten sozialen Brennpunkt entwickeln.
Jahrelanges Nichttun ist nicht die beste Lösung, Schmierereien an Wänden sollten unverzüglich entfernt werden, um Nachahmer abzuhalten. So manche Schmiererei kann auch ehrverletzend und beleidigend oder als Provokation aufgefasst werden. Ist das Hetze? Oder religiöser Eifer? Oder sind das einfach nur Kinderschmierereien, weil es an anderen Freizeitmöglichkeiten und Orten mangelt?
Als Kind die Freizeit unbeschwert genießen
Vom einstigen Abenteuerspielplatz keine Spur mehr. Vom Bolzplatz, dem kleinen Platz mit Tischtennisplatten und Basketballkorb ebenfalls keine bis nur sehr wenige Spuren.
Wo einst ein Abenteuerspielplatz mit vielen Bäumen zum Klettern lockte, ist heutzutage nichts mehr übrig. Haben Kinder heute denn keinen Drang mehr auf Bäume zu klettern? Ein wirklich trostloser und verwahrloster Ort dieser Spielplatz im Hoschket.
Früher gab es einige Spielplätze mehr, diese waren wesentlich gepflegter als heute.
Auf der Website der Stadt Wiesloch ist zu lesen zum Spielplatz Breslauer Straße – „Altersgruppe: bis 14 Jahre, Sandkasten mit kleinem Spielhaus, Schaukel, Spielkombination mit Rutsche und Kletternetz, Bolzplatz ohne Tore“.
In den 90er Jahren spielten hier noch Kinder und Jugendliche Basketball, Tischtennis oder eben Fußball. Ja das störte die Anwohner in den Reihenhäusern. Na ja, die meisten nicht, aber einige scheinbar sehr. Der Fußballplatz verschwand und wurde verlegt. Verlegt an das Ufer des benachbarten Leimbachs. Ein idealer Ort zum Ballspielen. Ja, weil Extra-Spaß wenn man den Ball wieder aus dem Wasser „fischen“ darf. Nicht wirklich.
Kleinkinder lassen sich ja vielleicht noch von den Spielgeräten und den Sandflächen welche die einstigen Sandkästen ersetzten beeindrucken. Für die älteren Kinder und Jugendlichen sind die beiden Spielplatzflächen eher langweilig. Bänke und weiter Sitzflächen, die es einst gab, sind verschwunden.
Zum Spielplatz Hoschket (Innenhof) schreibt die Stadt: „Altersgruppe: bis 14 Jahre Kleinkindschaukel, Spielhaus Kind mit Sandaufzug/Rutsche, Sandbagger, Spielkombination mit Rutschenstange, Schrägaufstieg mit Hangseil/Anbauschaukel mit Kletterwand, 1 Tischtennisplatte.“ Anmerkung: Tischtennisplatte ohne Netz.
Wohnbau Wiesloch thematisiert Mietendeckel und Enteignungen
Die Wohnbau Wiesloch stellt sich heute als modernes Unternehmen und Mitglied der Wohnungswirtschaft Deutschland dar. #Wohnwende jetzt! – fordert deren aktuelle Kampagne. „Damit wir wieder ausreichend bezahlbares Wohnen schaffen“ heißt es weiter.
„Die aufgeheizten Debatten um Mietendeckel und Enteignungen sind ein Symptom für die Probleme in immer mehr Wohnungsmärkten. Viele Menschen fühlen sich immer weniger in der Lage, ihre Wohnkosten zu bewältigen und haben Angst vor Verdrängung aus ihrem Wohnumfeld. Auf der anderen Seite sind gerade die Wohnungsunternehmen, die bezahlbare Mieten anbieten, in gleichen Maße den immer weiter anziehenden Anforderungen und Regulierungen der Politik ausgesetzt wie diejenigen, die die Wohnungsknappheit ausnutzen. Dahinter liegt ein Grundproblem: Staatliche Ziele, gesetzliche Anforderungen und planerische Vorgaben müssen auch refinanziert werden. Der GdW als Spitzenverband der Wohnungswirtschaft Deutschland hat konkrete Vorschläge zur Umsetzung auf der Ebene von Bund, Länder und Kommunen erarbeitet, die dafür sorgen, dass die WohWi-Unternehmen auch künftig bezahlbare Mieten anbieten können. Wir sind die, die trotz aller Auflagen und Regulierungen bezahlbare Wohnungen für alle schaffen.“ Zitat Wohnbau Wiesloch.
Das einzige aktuelle Angebot lt. Website der Wohnungsbaugesellschaft: 4-Zimmer Wohnung mit ca. 100 m² für eine Nettokaltmiete in Höhe von 950,00 Euro. Klingt bezahlbar, oder?
Ist Wohnbau ein sozialer Wohnbau, wenn gerade mal 10% der geschaffenen Wohnräume den sog. sozial schwachen (auch eine furchtbare Bezeichnung) geboten werden? Oder umgekehrt gefragt, ist das sozialer Wohnbau, wenn 90% der geschaffenen Wohnräume wohl nur für sog. Gutverdiener bezahlbar sind?
In der Fortsetzung dieser Artikelreihe folgt als nächstes: „In Wiesloch wird abgerissen. In Wiesloch wird gebaut“
Es geschehen auch noch Zeichen und Wunder. Nach jahrzehntelangem leerstand tut sich was in der Schwetzingerstrasse. Siehe auch: Thema Wohnen. Ob hier nun unerwartet neuer Wohnraum ensteht, wir werden berichten.
Eine Impressionen aus’m Hoschket
Und in der Zukunft?
Wohnbaugesellschaften mit Unternehmen die sich dem Gemeinwohl verpflichten? Die Gemeinwohlbilanz ist heute schon ein Maß an dem viele Unternehmen gemessen werden. Oder entstehen Wohnungsgenossenschaften der Bürger in Eigenregie? Der sog. „soziale Wohnungsbau“ ist ein Begriff, den man in Wiesloch mit einem 10-Prozent-Ziel verknüpft hat. So zumindest, wenn es nach der Stadt und dem Gemeinderat geht.
Gerne nutzt man heute den Begriff „Quartier“ oder „Wohnquartier“ – eine eigentlich doch recht unpassende Wortwahl. Quartier (zu lateinisch quartus ‚der Vierte‘, daraus frz. quartier ‚Viertel‘) steht für: Unterkunft.
Bisher hauptsächlich verstanden als Unterkunft von militärischen Verbänden, die sogenannte Einquartierung. Die Stadtviertel von Rom außerhalb der Stadtmauer, siehe Stadtgliederung Roms, nannten die Römer Quartieri. Aber möchte man da doch nicht lieber „wohnen“ in einem „Wohngebiet“ in „Wohnraum“ also in einem gemütlichen Zuhause? Statt „einquartiert zu sein“.
Weiterführende Informationen zu „Wohnen in Wiesloch“
Spielplätze in Wiesloch:
https://www.wiesloch.de/pb/Home/Freizeit+_+Kultur/spielplaetze.html
Stadtentwicklung Wiesloch:
https://www.wiesloch.de/pb/Home/Wohnen+_+Wirtschaft/stadtentwicklung.html
Text und Fotos: Robert Pastor