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Der hochwassersichere Ausbau des Waldangelbaches befindet sich auf der Zielgeraden

26. September 2020 | > Wiesloch, Leitartikel, Natur & Umwelt, Photo Gallery, Politik

Der hochwassersichere Ausbau des Waldangelbaches zwischen der Einmündung in den Leimbach und dem Freibad steht inzwischen kurz vor dem Abschluss. Unter der Projektleitung des Abwasser- und Hochwasserschutzverbandes entstand in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung auf einer Strecke von rund 400 Metern Länge eine neue Bachlandschaft mit einem leicht geschwungenen Waldangelbach und beidseitig breiten Bachböschungen sowie neu angelegten Gewässerunterhaltungswegen, die so ausgebaut sind, dass sie für Radfahrer und Fußgänger gut nutzbar sind.

Alle Fotos: Stadt Wiesloch/Lerche

Nach rund eineinhalb Jahren Bauzeit hat sich das Bild des Waldangelbaches und seines Umfeldes völlig verändert. Der vorher stark kanalisierte Waldangelbach im Bereich des ehemaligen Kappa-Geländes mit einem schmalen Trampelpfad auf der rechten Uferseite, auf dem Radfahren eine nicht ungefährliche Herausforderung war, ist einem Bachverlauf gewichen, der in kleinen Mäandern durch eine erheblich breitere Bachlandschaft mit großzügigen Uferböschungen schwingt. Die Verbreiterung des Gewässerbettes dient zunächst dem Hochwasserschutz. Mit diesem großen Abflussquerschnitt kann der Bach künftig ein sogenanntes hundertjährliches Hochwasser zuzüglich des sogenannten Klimafaktors, der als Zuschlag infolge der klimatischen Veränderungen mit häufigeren Niederschlagsextremen noch dazu gerechnet wird, schadlos abführen. 
Aber auch die Ökologie ist ein großer Gewinner dieser Maßnahme. Der neue Bachlauf bietet allein schon aufgrund des erheblichen Geländegewinnes vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen am und im Wasser. Auch wenn alles derzeit noch ein bisschen kahl aussieht, so wird sich in wenigen Jahren die Natur das Gelände vollständig zurückerobert haben. Eine Initialpflanzung von Bäumen, Sträuchern und Gewässerstauden, die im kommenden Herbst noch eingesetzt werden sollen, wird diesen natürlichen Prozess unterstützen. Aber auch für die Anwohner bietet sich inzwischen ein schöner Ausblick auf den neuen Bachlauf, und die Baufirma muss den Bauzaun in den noch gesperrten Abschnitten schon jetzt immer wieder schließen, weil Fußgänger und Radfahrer bereits vor der Fertigstellung und Freigabe der Wege das neue Angebot nutzen wollen.

Bürgermeister Ludwig Sauer und seine Praktikantin Sophie Steinfeld ließen sich von Josef Zöllner, dem Technischen Geschäftsführer des AHW Wiesloch, und von Meinrad Singler, der bei der Stadtverwaltung für den Hochwasserschutz und den Gewässerausbau zuständig ist, im Rahmen einer kleinen Baustellenbesichtigung die Maßnahme erläutern.
Josef Zöllner berichtete, dass rund 4,3 Millionen Euro für die Hochwassersicherheit und die ökologische Aufweitung des Gewässers investiert wurden und davon das Land einen Löwenanteil von über 70 % übernehmen würde. Für Maßnahmen zur Erlebbarkeit des Gewässers und einige ökologische Maßnahmen erhalte man sogar einen Zuschuss in Höhe von 85 %.

Bürgermeister Sauer lobte die Maßnahme außerordentlich und stellte fest, dass der Hochwasserschutz in Wiesloch ein Erfolgsmodell sei. Heute könne man sich kaum noch vorstellen, wie das vorher hier ausgesehen habe. Er betonte, dass Hochwasserschutz die Voraussetzung die künftige städtebauliche Entwicklung in einem betroffenen Gebiet sei, weil nach dem Wassergesetz in sogenannten Überschwemmungsgebieten ein Bauverbot bestehe. Josef Zöllner erklärte, dass der Bach nach dem Ausbau rund 25 Kubikmeter Wasser pro Sekunde gefahrlos ableiten könne. Um den erforderlichen Abflussquerschnitt zu erreichen, habe man im nördlichen Ausbauabschnitt die angrenzenden Grundstücke mit einer Hochwasserschutzmauer schützen müssen. Die Mauer mit einer Natursteinverblendung müsse noch mit einem Geländer gesichert werden und füge sich gut in die Umgebung ein. Zudem werde durch die Vegetationsentwicklung am Bachbett eine natürliche Begrünung des Bauwerks einsetzen. Fast 40 Fertigteilelemente habe man mit einem Schwerlastkran versetzt.

Möglich geworden sei die jetzige Gestaltung durch einen Geländeerwerb im Bereich des ehemaligen Kappa-Geländes, so Meinrad Singler. Nun habe man dem Bach wieder genügend Raum für eine natürliche Entwicklung geben können. Das Gewässerbett wurde mit Hilfe eines Fischereisachverständigen mit Störsteinen, kleinen Stromschnellen und den Einbau von Totholz für die Wasserlebewesen aufgewertet. Einen bei einem kleineren Hochwasser angeschwemmten Baumstamm habe man deshalb nicht einfach entfernt, sondern so am Ufer fixiert, damit er beim nächsten Hochwasser nicht weiter bachabwärts mitgenommen werden könne und dann möglicherweise am Brückenbauwerk hängen bleibe. Man könne schon jetzt beobachten, wie sich Wasservögel und viele andere Tierarten den neuen Lebensraum bereits erobert haben.

Zu einem besonderen Anziehungspunkt für Kinder und Eltern aus dem Quartier, dem nahegelegenen Naturkindergarten am Waldangelbach und aus der gesamten Stadt dürfte der neu angelegte Wassererlebnisbereich auf der Südseite des Baches in Höhe des ehemaligen Kappa-Geländes werden. Der Wasserspielplatz wird mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser betrieben und das überschüssige Wasser läuft dann in Kaskaden in den Waldangelbach. Für eine Beschattung sorgen in den ersten Jahren zwei große Sonnensegel, bis die noch zu pflanzenden Bäume diese Aufgabe übernehmen können. Die für die Gewässerunterhaltung angelegten Wege mit einer durchgehenden Breite von 2,50 Metern dienen auch der innerstädtischen Erschließung für den Fuß- und Radwegeverkehr. Sie sind mit einer intelligenten und stromsparenden Beleuchtung ausgestattet und bieten kurze Wege in die Erholungslandschaft am Waldangelbach und zum Freibad oder in Richtung Innenstadt. Sie werden in den freigegebenen Teilabschnitten schon heute von Joggern und Erholungssuchenden ausgiebig genutzt.

Josef Zöllner berichtete dem Bürgermeister von den Schwierigkeiten und Problemen, mit denen man im Rahmen der Baumaßnahme konfrontiert war. Einen sehr großen Aufwand habe die Verlegung der Strom-, Wasser-, Gas-, Telefon- und Glasfaserleitungen und die Abstimmung mit den jeweiligen Versorgungsträgern verursacht. Ein ganzes Leitungsbündel musste aufgenommen und mittels eines Dükers unter dem Waldangelbach hindurchgeführt werden. Im Bereich der Schwetzinger Straße habe man nur mit einer halbseitigen Sperrung der Straße arbeiten können und ein „Ampelteufel“ habe die schwierige Situation noch zusätzlich verschlimmert, in dem er die Ampelsteuerung durch Sabotage regelmäßig lahmgelegt habe. Aber all das sei wieder vergessen, wenn man jetzt das Ergebnis sehe, so der Technische Geschäftsführer des Abwasser- und Hochwasserschutzverbandes. Jetzt gelte es weiter den vollen Einsatz für die Fertigstellung der Anlage zu bringen, damit man nach Abschluss der Arbeiten einen vorbildlich ausgebauten Gewässerabschnitt an die Stadt übergeben könne.
Meinrad Singler freut sich mit seinen Kollegen aus Bauhof und Gärtnerei bereits auf den neuen Gewässerabschnitt: „Die spätere Unterhaltung und auch der neue Kinderspielplatz werden uns zwar viel zusätzliche Arbeit bringen, aber auch viel Freude, weil wir erkennen, welchen großen Gewinn die Natur und die Menschen aus dem Quartier und der ganzen Stadt davon haben“. Bürgermeister Sauer meinte dazu, dass man mit diesem großen Erfahrungsschatz aus vielen Hochwasserschutzmaßnahmen in Wiesloch und im Bereich des Abwasserzweckverbandes im Rücken und einem bewährten Team die noch anstehenden Aufgaben in Baiertal und in Altwiesloch guten Mutes und in froher Erwartung angehen könne. „Besonders erfreulich ist für mich, dass man trotz aller auftretenden Schwierigkeiten und der Corona-Pandemie bisher im vorgegebenen Zeit- und Kostenrahmen geblieben ist“, so der Bürgermeister zum Abschluss der kleinen Baustellenbegehung. Die Einhaltung des Kostenrahmens und die aufwändige Abrechnung der Zuschüsse mit dem Land Baden-Württemberg obliegt Rainer Reißfelder, dem Kaufmännischen Geschäftsführer des Abwasser- und Hochwasserschutzverbandes Wiesloch.

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