„Vier große Persönlichkeiten, die sich perfekt ergänzt haben“
Mit dem Titel „Now and then“ endet ein unterhaltsamer und informativer Abend in der Stadtbücherei, an dem der Musikjournalist Werner Köhler die Beatles in den Fokus gerückt hat. Und der Titel schlägt wunderbar den Bogen von der Anfangszeit einer „Schülergruppe“, wie Köhler an einer Stelle sagt, zur Gegenwart, in der die Beatles längst zur Legende geworden sind. Und über die es noch viel zu erzählen gibt.
Werner Köhler, bekennender Beatles-Fan, hat für den Abend viele Geschichten mitgebracht, die sich rund um die Gruppe und ihre vier Mitglieder John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr drehen. Mal tragisch, mal heiter, immer informativ, oft mit Aha-Momenten erzählt Köhler, wie die Band zusammengefunden hat und wie sich der Mythos, der mit den Jahren und Jahrzehnten um die Beatles entstanden ist, erklären lässt. Köhler lässt auch die Beatles selbst zu Wort kommen, spielt dafür Interview-Ausschnitte ein, die er zuvor auf Deutsch übersetzt. Und natürlich darf die Musik an dem Abend nicht fehlen. Zahlreiche Songs werden eingespielt und versetzen zurück in eine Zeit, die zwar längst vergangen, durch die Musik aber immer noch präsent wirkt.
Außerdem werden Fotos sowohl der Band als auch Köhlers persönlicher Berührungspunkte mit den Beatles gezeigt. Etwa seine Begegnung mit der Band The Quarrymen, dem musikalischen Ursprung der Beatles. Dort spielte zunächst John Lennon, der holte dann Paul McCartney dazu, danach folgte George Harrison. Auftritte in einem Gemeindehaus prägten die ersten gemeinsamen musikalischen Schritte, das Gemeindehaus gibt es immer noch, wie Fotos eines Besuchs von Köhler dort zeigen. Als die Beatles sich schon formiert hatten und in Hamburg auf der Reeperbahn einen großen Proberaum fanden, in dem sie musikalisch reiften, wurde der erste Drummer Pete Best durch Ringo Starr ersetzt. „Ringo passte als Typ besser in die Band“, klärt Köhler über die Gründe auf.
Die Quarrymen gibt es übrigens immer noch, und Köhler erzählt, wie er in einem Interview mit den Musikern gefragt wurde, ob er für einen Auftritt mit ihnen Bass spielen möchte, er aber dankend ablehnte, weil er fälschlicherweise von einem anderen Instrument ausging, das er sich nicht zutraute. Werner Köhler hat den Mitschnitt eines Auftritts Paul McCartneys dabei, den er während einer Pressekonferenz 1989 in Hamburg heimlich aufnahm und dabei erwischt wurde. Köhler schildert auch, wie er zum ersten Mal in seinem Leben mit den Beatles in Berührung kam: „Es war am 24. Dezember 1964 – ich war zehn Jahre alt, ein Tag, den ich nie vergessen werde.“ Da habe er zum ersten Mal Platten der Beatles gehört – die eigentlich ein Geschenk für den größeren Bruder waren. Zuvor habe er nur Märchen und Schlager der Eltern auf Platten gehört. „Die Gruppe, die jetzt aus dem Lautsprecher kam, war etwas anderes – es traf mich wie ein Blitz.“ Das habe auch auf viele andere zugetroffen: schreiende Mädels, die in Ohnmacht fallen, ein Virus namens „Beatlemania“ ging um die Welt.
Nicht überall war man begeistert: Werner Köhler spielt eine Reaktion von Walter Ulbricht ein, ehemaliger DDR-Staatschef, der 1965 sagte: „Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nun kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen.“ Ulbricht spielte darin auf den Beatles-Hit „Year! Year! Year!“ an.
Dass hinter den Bandmitgliedern oft traurige Geschichten stecken, lässt Werner Köhler nicht aus. John Lennon etwa wurde als Kind von den Eltern an die Schwester der Mutter abgegeben, nach der Annäherung an die Mutter im jungen Erwachsenenalter kam diese bei einem Autounfall ums Leben. Paul McCartneys Mutter starb, als er 14 Jahre alt war. Jahre später sei sie ihm, in einer Zeit, in der es ihm sehr schlecht ging, im Traum erschienen und habe ihm gesagt, dass alles gut werde und er es geschehen lassen solle. Das habe McCartney zu „Let it be“ inspiriert.
Köhler erzählt viele solcher Geschichten hinter den Liedern, die meistens aus der Feder von John Lennon oder Paul McCartney stammen. Auch die Melodie von „Yesterday“ sei Paul McCartney im Traum eingefallen. Zunächst hatte der Song den Titel „Scrambled Eggs“ und erhielt erst Monate später seinen heute bekannten Text. „Auch für mich ein wichtiges Lied – es war das erste, das meiner Mutter gefallen hat“, wirft Köhler schmunzelnd ein.
Der Einfluss der Beatles hat bis heute Bestand – so hat die Melodie von „Yellow Submarine“ Einzug in die Fußballstadien gehalten, der Song „Lucy in the Sky with Diamonds“ inspirierte Archäologen nach der Entdeckung von fossilen Überresten eines Vormenschen 1974 zu dessen Namen Lucy.
Und was ist das Geheimnis ihres Erfolgs? Die Beatles waren „vier große Persönlichkeiten, die sich perfekt ergänzt haben, das Gemeinsame hat sie stark gemacht“, ist sich Werner Köhler in seinem Fazit sicher. Trotz der Differenzen, die die Beatles untereinander stets hatten, musikalisch seien sie immer eine Einheit gewesen. Und so endet der Abend mit einem Lied, mit dem sich auch die Beatles seinerzeit verabschiedet hatten: „The End“, jedoch nicht ohne eine besondere Zugabe: Der unvollendete Song „Now and Then“ aus der Feder John Lennons wurde nach dessen Tod von seiner Witwe Yoko Ono 1994 an die verbliebenen Mitglieder gegeben, die zunächst keinen Erfolg damit hatten, die Demokassette für eine Bearbeitung zu verwenden. Erst 2023 gelang es dank neuer technischer Möglichkeiten, das Lied zu vollenden – das allerletzte Lied der Beatles. Ein schöner Abschluss für einen schönen Abend, der zu Recht mit viel Applaus bedacht wird.
Werner Köhler kennt sich aus mit den Beatles und ließ das Publikum in der Stadtbücherei an seinem Wissensschatz teilhaben.
Text und Fotos: Stadt Walldorf