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Weihnachts-geschichte zum Nachdenken – Asishapa.

24. Dezember 2017 | Allgemeines, Leitartikel, Photo Gallery

 

 Afrikanische Weihnachtsgeschichte

Diese afrikanische Weihnachtsgeschichte wurde übersetzt von Dagmar Wissen.
Afrikanische Weihnachtsgeschichte in Englischer Sprache

Es war die Nacht vor Weihnachten und ich war sehr traurig, weil mein Familienleben extrem durcheinandergeraten war, und ich war sicher, dass Weihnachten niemals kommen würde. Es gab nichts von der üblichen Vorfreude und Erwartung, die ich sonst immer während der Weihnachtszeit verspürte. Ich war acht Jahre alt, aber in den letzten paar Monaten war ich sehr gewachsen. Vor diesem Jahr dachte ich, dass Weihnachten in meinem Dorf mir viel bringen würde. Weihnachten war für mich immer eins der fröhlichen religiösen Feste.

Es war die Zeit der schönen Weihnachtsmusik auf den Straßen, im Radio, im Fernsehen und überall. Weihnachten war immer eine religiöse Feier gewesen und die Kirche begann bereits im November mit den Vorbereitungen. Wir fühlten uns wirklich so, als würden wir die Geburt Jesu vorbereiten.

 Weihnachten war die Zeit, in der Verwandte und Freunde sich gegenseitig besuchten, deshalb sah man immer Menschen aus allen unterschiedlichen Volksstämmen, die voller Freude verreisten und Besuche machten. Ich dachte immer, das sei der Sinn von Weihnachten. Oh, wie sehr wünsche ich mir, ich hätte in diesem Jahr etwas von dem traditionellen Essen, das an Heiligabend und am Weihnachtstag gegessen wird! Ich wusste, dass ich Reis, Hähnchen, Ziege, Lamm und verschiedene Früchte nicht würde probieren können. Die Häuser waren immer mit wunderschönen Papierornamenten geschmückt. Die Kinder und die jungen Leute liebten es, die Häuser und die Schule mit farbenfrohem Krepppapier zu dekorieren. Wir alle freuten uns auf den Gottesdienst an Heiligabend in unserer Kirche.

 Nach dem Gottesdienst gab es eine fröhliche Prozession durch die Straßen. Jeder war in Feststimmung und die hiesigen Musiker waren in Karnevalsstimmung. Dann, am Weihnachtstag, gingen wir alle wieder in die Kirche, lasen in der Bibel und sangen Weihnachtslieder, um uns daran zu erinnern, was die gesegnete Geburt des Jesuskindes bedeutet. Dies, so dachten wir, waren die Dinge, die Weihnachten ausmachten. Nach dem Gottesdienst empfingen die jungen Leute Geschenke, besondere Schokolade, Kekse und Cracker. Den jungen Leuten wurde erzählt, dass diese Geschenke vom Weihnachtsmann kommen, und das bedeutete immer Weihnachten für uns. Wir bekamen auch neue Kleidung und vielleicht ein Paar neue Schuhe. Während der ganzen Feierlichkeiten wurde jeder mit dem besonderen Grußwort begrüßt, „Asishapa“, das bedeutet „fröhliche Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr“. Oh, wie sehr wünsche ich mir, dass diese Erinnerung heute Nacht Wirklichkeit wäre, um uns Weihnachten zu bringen. An diesem Heiligabend lagen die Dinge jedoch anders und ich wusste: Weihnachten würde niemals kommen.

Jeder von uns war traurig und verzweifelt über das, was im letzten April geschehen war, als die sogenannte „Befreiungsarmee“ unser Dorf angriff und alle Jungen und Mädchen mitnahm. Familien wurden getrennt und manche ermordet. Wir wurden gezwungen, meilenweit zu marschieren und zu arbeiten, ohne etwas zu essen. Wir waren oft hungrig, und wir bekamen sehr wenig Essen. Es gab sehr wenig Essen. Soldaten brannten alles in unserem Dorf nieder und während unseres erzwungenen Marsches verloren wir jeden Sinn für Zeit und Raum. Wunderbarerweise konnten wir während einer regnerischen Nacht den Soldaten entkommen. Nach einigen Wochen im Dschungel fanden wir unseren Weg zurück zu unserem niedergebrannten Dorf.

 Die meisten von uns waren krank, erschöpft und deprimiert. Die meisten Mitglieder unserer Familien fanden wir nicht. Wir hatten keine Ahnung, welches Datum und welche Uhrzeit es war. So war die Situation, als meine kranke Großmutter eine rötlich-gelbe Blüte, die wir „Bergfeuer“ nennen, mitten auf dem Marktplatz blühen sah, wo ein Baum über Generationen gestanden und über Generationen zur Weihnachtszeit geblüht hatte. Er hatte das Feuer überlebt, das den Marktplatz eingeschlossen hatte. Ich erinnerte mich, wie der Nektar dieser wunderschönen Blüten Insekten anzog, sie aber so benommen machte, dass sie auf den Boden fielen und so Futter für Krähen und Eidechsen wurden. Wir waren überrascht, dass das Feuer, das die Soldaten entfacht hatten, um den Marktplatz und das Dorf zu verbrennen, den Bergfeuerbaum nicht zerstört hatte.

 Es war ein Wunder! Großmutter sagte uns, es müsse fast Weihnachten sein, weil die Blume jetzt blühte. Soweit sie sich erinnern konnte, geschah das nur um die Weihnachtszeit. Als ich die Blüte sah, wurde mir für einige Momente ganz leicht ums Herz. Aber bald wurde ich wieder traurig. Wie sollte Weihnachten ohne meine Eltern und ohne mein Dorf kommen? Wie konnte dies die Weihnachtszeit sein, in der wir die Geburt des Friedenskönigs feiern? Denn seit April hatten wir keinen Frieden gekannt, nur Krieg und Leid. Wie sollten wir feiern, so wie Großmutter es uns aufgetragen hatte, bevor sie starb? Das waren ihre letzten Worte gewesen, bevor sie gestern Abend starb. Als ich fortfuhr, über die letzten fröhlichen Weihnachtsfeste nachzudenken und über das jetzige Leid, hörten wir ein Auto hupen. Nicht nur eine einzelne Hupe, nein – mehrere Autos näherten sich dem Dorf. Zuerst dachten wir, es seien Autos voller Männer mit Maschinengewehren, deshalb versteckten wir uns im Wald. Zu unserer Überraschung war es nicht so, und sie hatten auch keine Waffen. Es waren nur ganz gewöhnliche Reisende. Wie es aussah, war die Brücke über den Fluss in der Nähe unseres Dorfes im letzten April zerstört worden, als die Soldaten unser Dorf verließen. Weil es fast dämmrig wurde und weil es Gerüchte über Landminen auf den Straßen gab, wollten die Reisenden kein Risiko eingehen. Ihr Umweg hatte sie direkt zu unserem Dorf geführt. Als sie uns sahen, waren sie völlig schockiert über das Leiden und die Zerstörung um uns herum. Viele dieser Reisenden begannen zu weinen. Sie bestätigten, dass heute wirklich Heiligabend war.

 Sie alle waren auf dem Weg in ihre Dörfer, um mit ihren Familien und Freunden Weihnachten zu feiern. Nun hatten die Umstände sie zu dieser Zeit, in dieser Nacht vor Weihnachten, in unser Dorf geführt. Sie teilten ihr bescheidenes Essen mit uns. Sie halfen uns sogar, in der Mitte des Marktplatzes ein Feuer zu machen, das uns wärmte. Während all dies geschah, wurde meine Schwester so krank, dass sie nicht mehr aufstehen konnte. Kurze Zeit nachdem wir in unser Dorf zurückgekehrt waren, hatte mir meine Großmutter erzählt, dass meine älteste Schwester ein Baby erwartete. Seit wir alle den Soldaten entkommen waren, befand sich meine Schwester in einer Art von sprachlosem Schock. Ich hatte solche Angst um meine Schwester, weil wir keine Medikamente hatten und weil es in der Nähe kein Krankenhaus gab. Einige der Reisenden und der Dorfbewohner zogen Hemden und andere Kleidungsstücke aus und machten daraus ein Bett für meine Schwester, damit sie nah an dem Feuer liegen konnte, das wir entzündet hatten. In dieser schicksalhaften Nacht brachte meine Schwester einen wundervollen Jungen auf die Welt. Das verlangte nach einer Feier, Krieg oder nicht Krieg. Afrikaner müssen tanzen und wir feierten, bis der Hahn um sechs Uhr in der Frühe krähte. Wir sangen Weihnachtslieder. Jeder sang in seiner eigenen Sprache. Zum ersten Mal verschwanden der Schmerz und die Agonie der letzten paar Monate. Als der Morgen schließlich anbrach, wurde meine Schwester gefragt: „Wie wirst du das Baby nennen?“ Ob du es glaubst oder nicht, zum ersten Mal seit der Zeit, als unser Dorf niedergebrannt wurde und alle Jungen und Mädchen mitgenommen wurden, sprach sie. Sie sagte: „Sein Name ist Gye Nyane. Das heißt: Ich fürchte nichts, außer Gott.“ So feierten wir in dieser Nacht Weihnachten. Weihnachten kam in dieser Nacht wirklich in unser Dorf, aber es kam nicht mit den Autos oder den Reisenden. Es kam mit der Geburt meines Neffen inmitten unseres Leidens. Wir sahen Hoffnung in dem, was dieses kleine Kind tun konnte. In dieser Geburt zeigte sich die universale Geschichte davon, wie sich schlimme Dinge in universelle Hoffnung wandeln können, die Hoffnung, die wir im Jesuskind gefunden haben. Ein Wunder geschah in dieser Nacht vor Weihnachten und plötzlich wusste ich, dass wir nicht mehr allein waren. Ich wusste jetzt, dass es Hoffnung gab, und ich hatte gelernt, dass Weihnachten trotz aller Umstände kommt. Weihnachten ist immer in uns allen. Weihnachten kam sogar in unser Dorf in jener Nacht.

Die WiWa Mitarbeiter wünschen Ihnen Frohe Weihnachten

Danke für die freundliche Genehmigung: 
© Dagmar Wissen,  Günter Fellner


Wir hoffen, dass Ihnen diese kurze afrikanische „Weihnachtsgeschichte zum Nachdenken“ gefallen hat.

Die afrikanische Weihnachtsgeschichte ist auch in der englischen Originalversion verfügbar: Afrikanische Weihnachtsgeschichte in Englisch

zum Index Weihnachtsgeschichten für Erwachsene
zum Index Nachdenkliche Weihnachtsgeschichen

https://www-weihnachten.de/weihnachtsgeschichten/afrikanische-weihnachtsgeschichte-deutsch.htm

 

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