Die Umstellung der bisherigen kameralen Buchführung auf den doppischen Buchungsstil war in den Gemeinderatssitzungen der letzten Jahre immer wieder ein Thema.
Am 11. März war es endlich soweit und der Walldorfer Gemeinderat hat mit dem Haushalt für 2014 den ersten doppischen Haushalt einstimmig verabschiedet.
Damit ist Walldorf dem Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts für Baden-Württemberg gerecht geworden, das das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) für Gemeinden, Städte und Kreise zur Pflicht gemacht hat. Bis zum Jahr 2020 muss das NKHR in ganz Baden-Württemberg eingeführt sein. Bis dahin dürfte man sich an die neuen Begriffe und die neue Art der Buchführung gewöhnt haben. Ein wichtiger Grund für die Änderung, die auch Walldorf im Vorfeld ein enormes Arbeitspensum beschert hat, ist die Generationengerechtigkeit. Künftig findet neben dem Geldverbrauch auch der Ressourcenverbrauch und –bedarf als Steuerungselement seinen Niederschlag. Anders als in der kameralen Buchführung werden zum Beispiel Abschreibungen und notwendige Rückstellungen dargestellt. Vermögen, Kapital und Schulden werden vollständig bilanziert.
Dass der Walldorfer Haushalt auch in doppischer Sicht im Jahr 2014 gut dasteht, konnte Kämmerer Boris Maier bestätigen. Als Messlatte hierfür dient vor allem der Ergebnishaushalt (vormals „Verwaltungshaushalt“). Den Erträgen von 134,4 Millionen Euro stehen hier Aufwendungen von 123 Millionen Euro gegenüber. Daraus ergeben sich 11,4 Millionen Euro als „ordentliches Ergebnis“. Viele Kommunen hätten hier ein „dickes Minus“, erklärte Boris Maier. Der Finanzhaushalt (vormals „Vermögenshaushalt“) stellt Ein- und Auszahlungen aus investiven Maßnahmen einander gegenüber. Auch hier erwartet Walldorf ein positives Ergebnis. Man geht von Einzahlungen in Höhe von 134,2 Millionen Euro aus, denen Auszahlungen von 113,1 Millionen gegenüberstehen. Daraus ergibt sich ein so genannter Zahlungsmittelüberschuss von 21,1 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt werden auch die Einzahlungen und Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit aufgeführt sowie die Tilgung von Krediten. Die Einnahmen belaufen sich hier auf 4 Millionen Euro. Weitaus höher liegen die Auszahlungen für Investitionen, nämlich bei 29,8 Millionen Euro. Die Tilgungen liegen bei 47.000 Euro. Unter dem Strich ergibt sich im Finanzhaushalt hier ein Minus von 4,7 Millionen Euro, die aus der Rücklage entnommen werden müssen.
An den Einnahmequellen ändert der doppische Haushalt nichts. Walldorf erwartet Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 100 Millionen Euro. Danach folgen Einnahmen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer mit rund 8 Millionen Euro und an der Umsatzsteuer mit rund 4 Millionen Euro. An Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Zwecke erwartet die Stadt 5 Millionen Euro. Spitzenreiter bei den Auszahlungen sind wie zuvor die Umlagezahlungen: 27,5 Millionen Euro allgemeine Umlage an das Land, 26,2 Millionen Euro für Umlagen an Gemeinden (Kreisumlage) und 26 Millionen Euro an Gewerbesteuerumlage. Bedeutende Ausgabeposten sind auch Baumaßnahmen. Für die Bebauung der „Drehscheibe“ sind 2,75 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt, für die Modernisierung städtischer Wohnungen am Sambugaweg 2 Millionen Euro. An der Waldschule laufen energetische Maßnahmen und die Sanierung der Laubengänge weiter und kosten 1,2 Millionen Euro. Für den Neubau der Mensa und die neue Sporthalle in der Neuen Sozialen Mitte steht eine Million Euro im Haushalt. Brandschutzmaßnahmen an Schulen, Infrastrukturmaßnahmen für den öffentlichen Nahverkehr und einiges mehr stehen im Haushaltsplan und damit auf der städtischen Agenda.
Die allgemeine Rücklage der Stadt Walldorf soll Ende des Jahres bei 219 Millionen Euro liegen. Dieser Betrag steht – wie immer – nicht zur freien Verfügung, sondern ist größtenteils gebunden für Umlagezahlungen. Für die Jahre 2015 und 2016 dürften diese bei 163,5 Millionen Euro liegen. Für Betriebs- und Folgekosten werden 35 Millionen zurückgelegt. Als freie Rücklage können 20,6 Millionen Euro betrachtet werden.
Ein Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, den Gewerbesteuer-Hebesatz von 265 v. H. auf 290 v. H. zu erhöhen, fand im Gemeinderat keine Mehrheit. Außer den Befürwortern der beantragenden Fraktion gab es eine Enthaltung und ansonsten nur Nein-Stimmen. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte darauf hingewiesen, dass das Land bei der Berechnung der Gewerbesteuer den Hebesatz von 290 Prozent zugrunde legt und Walldorf daher um 25 Prozent unter dem Satz liegt, für den es Abgabeleistungen abführen muss. Die CDU-Fraktion beantragte, den Platz vor dem Pflegezentrum Astor-Stift umzugestalten, damit sich die Bewohnerinnen und Bewohner dort besser aufhalten könnten. Bürgermeisterin Christiane Staab sagte zu, dies prüfen zu lassen.
Das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen war und ist ein wichtiges Thema in Verwaltung und Gemeinderat (Foto: Pfeifer)
Quelle: Stadt Walldorf
Foto: H. Pfeifer