Hartmuth Schweizer – Romkreisprojekt bei den „Walldorfer Musiktagen – Roma Aeterna“
Einen außergewöhnlichen Programmpunkt erlebte das Publikum der „Walldorfer Musiktage“ am 6. Oktober im Rathaus Walldorf.
Als Bindeglied zwischen den einzelnen Veranstaltungen der diesjährigen Musiktage, die sich mit Rom, der ewigen Stadt, befassten, hatte Festivalleiter Timo Jouko Herrmann den Abend von und mit Hartmuth Schweizer angekündigt.
Hartmuth Schweizer, Künstler und Kunstbeauftragter der Stadt und früherer Kunsterzieher am Gymnasium Walldorf, scharte das Publikum im Foyer um sich und ließ sein Romkreisprojekt, das er 2004 verwirklichte, nochmals Revue passieren.
Der von der Stadt Rom faszinierte Künstler, der diese Stadt als lebendigen Organismus, als Symbol für Chaos und Ordnung, Form und Zerfall, Vergängliches und die Jahrtausende Überdauerndes bei vielen seiner dortigen Aufenthalte erlebt hat, wählte das Pantheon (erbaut zwischen 110 und 128 nach Christus) im Zentrum Roms als Ausgangspunkt für sein Projekt.
Von hier aus zog er auf dem Stadtplan einen Kreis, dessen Radius von der Strecke zwischen dem für Ordnung stehenden Pantheon und dem chaotischen Campo de Fiori bestimmt war. Insgesamt zwölf Punkte markierte Schweizer auf dem Kreis und übte vor Ort an jedem dieser Punkte eine rituelle Handlung aus. Mit Blütenstaub, den er durch eine alte Suppenkelle auf das römische Pflaster rieseln ließ, entstand ein gelber Kreis, den er mit Olivenöl etwas haltbarer machte. Dass die zarten vergänglichen Blütenstaubkreise nicht lange überleben würden, war Schweizer klar. Mit dabei hatte Schweizer echte und symbolische Messinstrumente, die er inmitten des teils chaotischen Verkehrs aufbaute. In einem Dokumentarfilm seines ehemaligen Schülers Daniel Esser ist das Romkreisprojekt festgehalten. Hartmuth Schweizer, der vor seinem Kunststudium Physik, Chemie und Biologie studiert hat, beschäftigt sich intensiv mit Mathematik, Quantenphysik und Philosophie und will als kritischer Geist erforschen, was hinter der sichtbaren Welt liegt. In diesem Sinne bleibt auch das Romkreisprojekt keineswegs an der Oberfläche verhaftet, sondern bietet viele zu ergründende Schichten in historischer, künstlerischer und philosophischer Sicht. Schweizer verwies auf die besondere Bedeutung der Zahl Zwölf in sakraler, kosmologischer und ästhetischer Hinsicht.
So besteht die faszinierende Kuppel des Pantheons aus zwölf Kassetten. Auch die Suppenkelle der Großmutter folgte dem Zwölfer-Muster.
Timo Jouko Herrmann, der als Schüler mit Hartmuth Schweizer und Daniel Esser auf Rom- und Amsterdam-Studienfahrten mit von der Partie war, ging kurz auf die Bedeutung der Zwölf in der Musik ein. Gemeinsam erinnerte sich das Trio an einen regnerischen Abend in Amsterdam, an dem man bei einem Glas Genever darüber diskutierte. Dass bei aller Theorie und Planung auch viel Platz für Spontanes geblieben ist, was dem Künstler Hartmuth Schweizer ebenfalls sehr wichtig ist, konnte man nicht nur im Romkreisfilm, der anschließend gezeigt wurde, erleben, sondern auch live. Daniel Esser und Hartmuth Schweizer – bisher als Schüler und Lehrer per Sie –wechselten zum Du vor dem schmunzelnden Publikum. Fotografien und Skizzen seines Romkreisprojekts regten zu weiteren Diskussionen an.
Im Film war auch Musik von Timo Jouko Herrmann zu hören, die er zu jedem der zwölf Punkte, an denen Schweizer seine Blütenstaubkreise aufbrachte, komponierte im Sinne eines Rondos. Wer Hartmuth Schweizers komplexe Gedanken- und Grenzgänge noch besser nachvollziehen möchte, sollte das Buch zu seinem Romkreisprojekt lesen, das zur ersten Ausstellung im Rathaus im Jahr 2005 aufgelegt wurde.
Text: Stadt Walldorf
Fotos: Pfeifer