„Trauernde aus dem Versteck holen“
„Schön, dass Sie alle da sind“, begrüßte Andrea Gramlich die Gäste im Mehrgenerationenhaus zur Eröffnung des Trauerfrühstücks Oase. Die Vorsitzende des Vereins Generationenübergreifendes Leben Walldorf (GeLeWa) zeigte sich erfreut, dass so viele Menschen der Einladung gefolgt waren, darunter unter anderem Bürgermeister Matthias Renschler und der Erste Beigeordnete Otto Steinmann. Das zeige, wie wichtig das neue Angebot für Walldorf und Umgebung sei.
Gramlich stellte das Konzept des Trauerfrühstücks vor: Es solle vor allem dem Motto „Gemeinsam statt einsam“ gerecht werden. Das heißt, Trauernde haben nun einen Ort, der regelmäßig einen Raum für sie bietet. Trauernde müssten sich oft mit einem großen Spannungsfeld an Gefühlen wie Verzweiflung, Trauer, Wut aber auch Freude auseinandersetzen. „Die Betroffenen fühlen sich oft nicht verstanden“, so Andrea Gramlich. Trauer sei aber wichtig, um den Verlust eines geliebten Menschen zu verarbeiten. Es brauche dafür Verständnis und einen Raum – und den biete das Trauerfrühstück Oase. Dort wird auch eine Trauerbegleiterin für die Trauernden da sein. Das Trauerfrühstück Oase findet jeden ersten Donnerstag von 9.30 bis 11 Uhr im Mehrgenerationenhaus statt.
Um solch ein Angebot umzusetzen, brauche es Kompetenz und Geld. Daher dankte Andrea Gramlich im Rahmen der Eröffnung den vielen Unterstützern: der Stadt Walldorf, den beiden Kirchengemeinden, der Volksbank Kraichgau Stiftung und dem Bestattungshaus Brenner-Willinger. Sie hätten es ermöglicht, das Angebot niederschwellig und kostenfrei zu gestalten.
Tatjana Hartmann-Odemer hat die Ausbildung der Trauerbegleiterinnen übernommen und ist laut Andrea Gramlich „eine Koryphäe in der Trauerbegleitung“, die das Konzept für das Trauerfrühstück ausgearbeitet hatte. „Wenn wir Menschen begegnen, ist es wie eine fremde Welt“, umschrieb Hartmann-Odemer das Gefühl vieler Menschen, überfordert zu sein, wenn ihnen vertraute Menschen trauerten. „Oft fehlen die Worte“, so die Expertin, die forderte: „Wir brauchen eine gute Trauerkultur.“ Trauernde bräuchten eine gute Betreuung, sie sollten sich „trauen zu trauern“. Für sie persönlich sei es wichtig, „Trauernde aus ihrem Versteck zu holen“, denn: Die Gesellschaft, so die Analyse von Tatjana Hartmann-Odemer, habe es verlernt, Rituale für Trauernde abzuhalten.
Bürgermeister Matthias Renschler ging in seiner sehr persönlich gehaltenen Rede auf einen kürzlich erlebten Verlust in der eigenen Familie ein. „Mit der Trauer musste ich mich da erst mal auseinandersetzen“, sagte Renschler, der die Wichtigkeit eines solchen Angebots betonte. Er erwähnte auch das Café im Quartier, ein Angebot, das ebenfalls im Mehrgenerationenhaus stattfindet und Angehörigen von Demenzerkrankten seit über einem Jahr die Möglichkeit gebe, sich zu treffen und auszutauschen. Er wollte daher auch ganz persönlich Danke sagen, „dass Sie solche wichtigen Angebote in Walldorf schaffen“, so Renschler in Richtung der Verantwortlichen. Eines wollte der Bürgermeister noch betonen: „Man kann auch mal lachen – trotz aller Trauer.“
Text und Foto: Stadt Walldorf