Das Trinken ist in unserer Gesellschaft normalisiert
„Vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit“, zollt Bürgermeister Matthias Renschler den Beteiligten seinen Respekt, die am Informationsstand auf der Drehscheibe im Rahmen der Aktionswoche Alkohol Interessierten Rede und Antwort stehen. Alkohol ist in unserer Gesellschaft überall präsent, weiß auch der Bürgermeister, umso wichtiger sei, den richtigen Umgang damit zu lernen.
Die Aktionswoche Alkohol findet alle zwei Jahre statt und stellte vom 8. bis 16. Juni mit der bundesweiten Präventionskampagne „Weniger ist besser!“ die Auswirkungen des Alkoholkonsums auf Dritte in den Fokus. Am Informationsstand auf der Drehscheibe sind Vertreterinnen und Vertreter der Fachstelle Sucht des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation (bwlv) in Walldorf und die Walldorfer Selbsthilfe des Blauen Kreuzes anzutreffen.
Es ist eine tolle Wertschätzung für unsere Arbeit, dass Sie gekommen sind“, freut sich Laura Janca, Leiterin der bwlv-Außenstelle Walldorf, über den Besuch des Bürgermeisters. „Wir wollen die Menschen aufmerksam auf das Thema Alkohol machen, gerade auch die Angehörigen“, so Petra Berghold vom Blauen Kreuz, die eine Angehörigengruppe (donnerstags von 18 bis 19.30 Uhr in den Räumen des DRK Walldorf) leitet. Mit Andreas Berghold ist ein zweiter Vertreter des Blauen Kreuzes als Ansprechpartner vor Ort. Er leitet die Betroffenengruppe (ebenfalls donnerstags von 18 bis 19.30 Uhr in den Räumen des DRK).
„Das Trinken ist in unserer Gesellschaft normalisiert“, spricht Laura Janca eine große Problematik an. Solange jemand es im Griff habe und funktioniere, werde problematisches Trinkverhalten als solches nicht unbedingt erkannt. „Man geht in der Regel nicht gerne in die Suchtberatung“, sagt Kerstin Abeck, Sozialarbeiterin in der bwlv-Fachstelle Sucht Wiesloch. Umso wichtiger sei es, für das Thema zu sensibilisieren.
Am Informationsstand auf der Drehscheibe verteilen die Verantwortlichen daher neben Informationsmaterial in Form von Flyern und Broschüren auch Give-aways wie Kugelschreiber, Sporttaschen und Süßigkeiten. „Man muss ein bisschen auf die Leute zugehen“, sieht Kerstin Abeck Berührungsängste bei vielen Menschen mit der Thematik. Sie selbst spricht immer wieder vor allem Jugendliche an, die an den umliegenden Bushaltestellen warten. „Wir machen mit ihnen ein Quiz mit kleinen Preisen, das kommt gut an“, freut sich Abeck über die positive Resonanz. Man werde auch immer wieder erkannt, da man viel Präventionsarbeit in den Schulen leiste.
Es gehe übrigens nicht darum, Alkoholkonsum an sich zu verteufeln, macht Laura Janca im Gespräch mit dem Bürgermeister deutlich. Man wolle den Menschen einen verantwortungsvollen Umgang damit nahelegen, damit man erkenne, „wann der rechte Zeitpunkt ist, damit aufzuhören“, und im Falle einer Suchterkrankung keine Scham habe, sich bei den entsprechenden Stellen Hilfe zu holen. Den Ansatz lobt auch Matthias Renschler, der gerne das Angebot annimmt, eine „Rauschbrille“ aufzusetzen, die einen Promillewert von 0,8 simuliert. Die damit verbundene Aufgabe, Schrauben in eine Holzleiste zu bohren, gestaltet sich schon als sehr herausfordernd, mit einer zweiten Brille und der Simulation von 1,2 Promille als schier unmöglich. „Das verdeutlicht noch einmal eindrucksvoll, welche Wirkung der Alkohol hat“, beschreibt der Bürgermeister seine Selbsterfahrung am Informationsstand.
Text und Foto: Stadt Walldorf