Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte: Beschluss vom Dezember korrigiert
Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung die Nutzungsgebühren für Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte reduziert: Sie betragen rückwirkend zum 1. Januar 2023 nun 9,80 statt 12,80 Euro pro Quadratmeter und Monat, dazu kommen 2,10 Euro an Nebenkosten pro Quadratmeter/Monat.
Das Kommunalrechtsamt hatte eine neue Kalkulation der Gebühren eingefordert, was erst im Dezember 2022 zu einer Erhöhung geführt hatte. „Die Steigerung ist für den einen oder anderen nicht tragbar“, erklärte der Erste Beigeordnete Otto Steinmann, teilweise hätten sich die Gebühren um mehr als 100 Prozent erhöht.
Nach Angaben der Verwaltung waren rund 140 Fälle mit zusammen 250 Personen von der Gebührenänderung betroffen. Teils handle es sich um Selbstzahler, teils würden die Leistungen komplett durch den Rhein-Neckar-Kreis oder das Jobcenter getragen und in anderen Fällen müssten die Betroffenen aufgrund der Erhöhung Bürgergeld, Grundsicherung für Nichterwerbsfähige oder Asylbewerberleistungen beantragen, um zumindest eine teilweise Refinanzierung der Kosten zu erhalten.
Als problematisch habe sich zudem die ausländerrechtliche Konsequenz herausgestellt, dass es eine der Voraussetzungen für eine Niederlassungserlaubnis ist, dass man „frei von ergänzenden Leistungen“ sein muss – ohne diese lasse sich für einige Menschen aber nach der Erhöhung der Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten.
Bis zur Sitzung waren bei der Stadtverwaltung vier formelle Widersprüche gegen die Gebührenbescheide eingegangen, auch die Gemeinderatsfraktionen hatten Schreiben von Bürgern erhalten.
Dass der Stadt durch die Neukalkulation Mehreinnahmen entstünden, die rund 21.000 Euro über dem tatsächlichen Aufwand lägen, sei „bei der politischen Entscheidung nicht so bewusst“ gewesen, sagte Steinmann. Deshalb schlug die Verwaltung eine Reduzierung um drei Euro je Quadratmeter/Monat vor, womit sich das Plus auf nur noch 4300 Euro verringert.
Aktuell geht man davon aus, im Lauf des Jahres 2023 ungefähr 100 weitere Flüchtlinge aufnehmen und unterbringen zu müssen, wofür vorwiegend privater Wohnraum angemietet werden müsste. „Den bekommen wir nicht für 9,80 Euro“, erklärte der Erste Beigeordnete, deshalb werde der kleine Überschuss sicher bald aufgebraucht sein. Das Kommunalrechtsamt habe keine Bedenken zur neuen Regelung geäußert. Ziel sei dennoch fürs kommende Jahr eine differenziertere Neukalkulation, die statt pauschaler Gebühren die unterschiedlichen Qualitätsstandards der Wohnungen berücksichtigt.
„Wir haben Glück, dass wir als Stadt nicht notleidend sind“, meinte Dr. Joachim Ullmann (CDU). Deshalb könne man den Beschluss vom Dezember nun korrigieren.
Lorenz Kachler (SPD) wies darauf hin, dass dieser nur nach einer Forderung des Kommunalrechtsamts erfolgt sei. Für die Zukunft scheine es nötig zu sein, „differenzierter zu kalkulieren“.
Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen) nannte den Fall ein „Paradebeispiel“ dafür, dass auch Gemeinderäte bei ihren Entscheidungen nicht immer wissen könnten, „was daraus entstehen kann“. Da die Erhöhung insbesondere für die Selbstzahler „zu teuer“ sei, müsse man sie korrigieren.
Weder Verwaltung noch Gemeinderat hätten diese Entwicklung gewollt, erklärte Günter Lukey (FDP). Deshalb könne seine Fraktion jetzt „mit dem Kompromiss gut leben“. Für künftige Gebühren müsse dann gelten, dass man „nicht alle preislich gleich einsortieren“ dürfe.
Text: Stadt Walldorf