Kosten sind massiv gestiegen – Deckungsgrad im Friedhofswesen zu niedrig
Ein Boulevard-Medium würde womöglich titeln: „Sterben wird in Walldorf teurer.“ Doch so einfach ist es natürlich nicht. Denn dass weder Stadtverwaltung noch Gemeinderat in einem sensiblen Bereich wie dem Friedhof gerne die Gebühren erhöhen, wurde in der jüngsten Sitzung mehr als deutlich. Ebenso aber auch, warum es unumgänglich ist und letztlich mit einer 15-prozentigen Erhöhung und einigen Ausnahmen einstimmig vom Gremium beschlossen wurde. Denn während Gebühren eigentlich kostendeckend sein sollen, worüber die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg (GPA) streng wacht, ist die Stadt Walldorf davon im Bestattungswesen weit entfernt. In den drei Jahren von 2019 bis 2021, die der externen Neukalkulation durch die Kommunalberatung Allevo zu Grunde lagen, betrug der Kostendeckungsgrad lediglich zwischen 21,8 und 29,8 Prozent. Und seit die Gebührensatzung im Februar 2018 letztmals aktualisiert worden ist, sind die Kosten drastisch gestiegen, nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg.
„Die vorliegende finale Version der Neukalkulation zeigt massive Kostenerhöhungen in nahezu allen Bereichen“, heißt es dazu in der Verwaltungsvorlage mit Blick auf Personal und Sachkosten, die Leistungen des Bauhofs, aber auch die heute deutlich höheren allgemeinen und energiebezogenen Kosten. Ein Beispiel: Die Berechnungssätze der Personalkosten für Bauhofleistungen haben sich demnach mehr als verdoppelt und mussten von 35 zwischenzeitlich auf 72 Euro pro Stunde angepasst werden. Dazu kommen die sogenannten Gemeinkosten im städtischen Haushalt (beispielsweise für Gemeinderat und Verwaltung), die seit der Einführung des neuen kommunalen Haushaltsrechts verpflichtend auf die Leistungen der Stadt zu verteilen sind. So standen im Jahr 2021 Einnahmen aus Gebühren in Höhe von rund 162.000 Euro Aufwendungen von mehr als 636.000 Euro gegenüber – aufgeschlüsselt in 407.000 Euro an ordentlichem Aufwand, 93.000 Euro für den Bauhof und 135.000 Euro an Gemeinkosten. Das Minus von mehr als 474.000 Euro bedeutet dann einen Kostendeckungsgrad von lediglich 25,5 Prozent.
Für das Nutzungsrecht an einem Erdreihengrab hat die Gebühr zuletzt 500 Euro betragen. Um kostendeckend zu sein, müsste sie – auch nach dem Abzug eines sogenannten grünpolitischen Werts von 20 Prozent, der andere Funktionen des Friedhofs wie Naherholung und Verbesserung des Stadtklimas würdigt – allerdings 4400,50 Euro betragen. Mit der lediglich 15-prozentigen Erhöhung kommt Walldorf künftig auf 575 Euro und eine Kostendeckung von 13,07 Prozent. Ähnlich sieht es bei den reinen Bestattungsgebühren aus, die sich bei einer Erdbestattung für Erwachsene von 570 auf 655 Euro erhöhen und damit künftig eine Kostendeckung von 63,05 Prozent erreichen. Für 100 Prozent müsste diese Gebühr auf über 1000 Euro erhöht werden. Genauso wird bei allen anderen Bestattungsformen vorgegangen, wobei vor allem die Urnenreihengräber weiter sehr weit weg von einer Kostendeckung bleiben – mit einer Nutzungsgebühr von künftig 172 Euro wird gerade mal ein Wert von 7,6 Prozent erreicht.
Beschlossen wurden, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, auch einige Ausnahmen. So bleiben Kindergräber von der Erhöhung ausgeschlossen, sie bleiben bei den Nutzungsrechten (46 Euro/2,29 Prozent) und den Bestattungsgebühren (92 Euro/14,51 Prozent) exakt bei den bisherigen Werten.
Auch die Gebühren für die Trauerhalle bleiben bei 200 Euro. Diese Absenkung (von vorher 380 Euro) hatte der Gemeinderat bereits 2018 beschlossen, nachdem Angehörige aus Kostengründen dazu übergegangen waren, Trauerfeiern direkt am Grab abzuhalten.
Der Gebührensatz der städtischen Kühlzelle (75 Euro) wird nicht erhöht, um nicht die Nutzung zu verringern und dadurch die Kosten zu steigern.
Nach Änderungen im Bestattungsgesetz musste auch die Friedhofssatzung neu beschlossen werden. Um nächtliche Aufenthalte auf dem Friedhof zu vermeiden, ist dort jetzt geregelt, dass der Friedhof nur zwischen Sonnauf- und Sonnenuntergang betreten werden darf. Vom Verbot von Fahrzeugen sind künftig Kinderwagen, Rollstühle, Elektrorollstühle und Elektromobile ausgenommen. Und die Mindestruhezeit von Urnengräbern wurde auf 15 Jahre reduziert. Mit den Regelungen für die Gestaltung der Grabmale wird eine maximale Höhenbegrenzung von 1,40 Meter eingeführt. Der Nachweis der Herkunft von Grabsteinen und Grabeinfassungen, die nicht aus Kinderarbeit stammen dürfen, bleibt erhalten.
„Wir halten eine moderate Anpassung für richtig“, sagte Katrin Siebold (CDU) mit Blick auf „gestiegene Kosten in fast allen Bereichen“. Die geänderte Friedhofssatzung sei „fortschrittlich“ und „positiv an die sich verändernden Bedürfnisse angepasst“.
Petra Wahl sagte für die SPD: „Wegen uns hätten die Kosten nicht erhöht werden müssen.“ Aber die GPA dränge auf Kostendeckung, dem Gemeinderat bleibe deshalb nur „eine moderate Anpassung“, der man in der vorgelegten Form zustimmen könne. Wichtige Anliegen der SPD – keine Grabsteine aus Kinderhänden oder das Befahren des Friedhofs für mobilitätseingeschränkte Personen mit ihren entsprechenden Hilfsmitteln – sah sie mit der neuen Satzung abgedeckt. Kritisch sah sie die „vielen Leerstellen im alten Teil“ des Friedhofs und den Zustand der Wege. Dazu sagte Bürgermeister Matthias Renschler, die Wegesanierung werde bereits durchgeführt. Und die Leerstellen seien auch der Verwaltung ein „Dorn im Auge“.
„Wir haben eine Verpflichtung, bei den Gebühren kostendeckend zu sein“, sagte Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen) mit Blick auf den „Druck der Gemeindeprüfungsanstalt“ und die damit verbundene Notwendigkeit, die Gebühren zu erhöhen. Mit durchschnittlich 25 Prozent sei man, gerade auch im Vergleich zu anderen Kommunen, die einen deutlich höheren Grad erreichen, aber „ganz gut“.
Aus Sicht von Paula Glogowski (FDP) sind in der neuen Satzung einige Wünsche und Anliegen der Bevölkerung aufgenommen worden. Dafür danke ihre Fraktion der Verwaltung. Obwohl „alles teurer geworden“ sei, falle der FDP die Gebührenerhöhung nicht leicht. Dass diese „moderat ausfällt“, begrüße ihre Fraktion.
Text und Foto: Stadt Walldorf