Andreas Ness berichtet über das Monitoring und die geplanten Maßnahmen
„Im letzten Jahr waren wir nicht richtig toll erfolgreich“, sagt Andreas Ness. Mit seinem Büro IUS Weibel & Ness GmbH (Heidelberg) ist der Diplom-Biologe seit Anfang 2023 für das Haubenlerchen-Monitoring in Walldorf zuständig. Den aktuellen Sachstand hat er jetzt im Gemeinderat vorgestellt. Und auch wenn Ness mit dem Brutverhalten der Haubenlerchen im vergangenen Jahr nicht zufrieden ist, gibt er sich optimistisch: „Das werden wir schon hinkriegen.“ Dieses Jahr werde man einiges anders machen und verschiedene Maßnahmen „früher anpacken“.
Ness und sein Team haben 2023 insgesamt drei Reviere der Haubenlerche nachweisen können, die alle durch Paare besetzt waren. Zusätzlich hat man westlich der A5 ein Einzeltier beobachtet, bei dem es sich laut den Biologen vermutlich um ein Jungtier im zweiten Jahr handelt, das von einem der Paare aus den Walldorfer Revieren stammt – Haubenlerchen sind erst ab dem dritten Lebensjahr fortpflanzungsfähig. Während es in zwei der Reviere trotz aufwendiger Schutzmaßnahmen keine Hinweise auf erfolgreiche Bruten gegeben hat, konnten im sogenannten „Revier eins“ (auf Flächen entlang der Bürgermeister-Willinger-Straße, der Geschwister-Scholl-Straße und der Willi-Graf-Straße) drei Bruten beobachtet werden. Im ersten Fall hat es laut Ness im Mai zwei Jungtiere gegeben. Diese habe man „zwei Wochen lang beobachtet, dann waren sie weg“ – Näheres weiß man nicht. Nicht erfolgreich war im Juni ein weiterer Brutversuch auf dem Dach des Nahversorgungszentrum. Hier wurden nach zehn Tagen keine Fütterungen mehr beobachtet, was laut den Experten entweder an zu großer Hitze durch die Sonneneinstrahlung oder an Prädatoren wie Elstern gelegen haben kann.
Im Juli folgte dann durch dasselbe Paar eine dritte, zumindest teilweise erfolgreiche Brut auf einer Fläche an der Ecke Willi-Graf-Straße/Kleinfeldweg. Nachdem die beiden Jungtiere allerdings von ihren Eltern nicht mehr in der üblichen Frequenz gefüttert wurden und zu sterben drohten, entschied Ness, sie in Zusammenarbeit mit dem Zoo in Karlsruhe von Hand aufzupäppeln. Beide konnten gerettet werden, werden von den Fachleuten aber als „nicht altersgemäß entwickelt“ eingestuft, sodass sie auch nicht für eine erfolgreiche Auswilderung geeignet scheinen. „Beide würden draußen nicht lange leben“, sagt Ness. Deshalb hat man sich für den Versuch entschieden, die Jungtiere als „Lockvögel“ in einer Voliere in der Nähe des Wasserwerks unterzubringen. „Das ist ein Versuch“, macht Ness auf Nachfrage aus dem Gremium deutlich.
Aus Sicht von Andreas Ness hat die Fläche westlich der A5 als einzige das Potenzial, langfristig einen geeigneten Lebensraum für die Haubenlerchen zu bieten. Im „gereiften Baugebiet mit normalen Gärten“ sei das nicht der Fall. Deshalb wird man in Zusammenarbeit mit den Landwirten weitere Flächen gezielt für die Haubenlerchen anlegen beziehungsweise Haubenlerchen-freundlich bewirtschaften, um den Vögeln den „Umzug“ zu erleichtern. Zu den Maßnahmen gehört das Abschieben von Oberboden, die Einzäunung der Flächen, aber auch die „Regulation der Population von Elstern und Rabenkrähen“. In diesem Zusammenhang spricht Ness auch die von der Unteren Naturschutzbehörde des Rhein-Neckar-Kreises im Jahr 2022 erlassene Allgemeinverfügung zum Schutz der Haubenlerche an, die Katzen in Walldorf-Süd zwischen 1. April und 31. August den Freigang verbietet, und zwar nach aktuellem Stand noch bis zum Jahr 2025. „Das mit den Katzen ist erst einmal notwendig“, sagt der Biologe. Allerdings weiß er nicht, ob es „auch hinreichend“ ist, schließlich gebe es noch andere Prädatoren, die den Haubenlerchen-Nachwuchs gefährden. Sie will man in diesem Jahr mit verstärktem Kameraeinsatz beobachten, um in kritischen Fällen rechtzeitig reagieren zu können.
Die Frage von Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen), ob der gewaltige Einsatz von Kapital „gerechtfertigt“ sei – 2023 war der Auftrag fürs Monitoring für eine Summe von 91.000 Euro an IUS vergeben worden –, beantwortet Ness mit: „Das ist eine gewaltige Summe.“ Er spricht aber auch das Beispiel Ketsch an, wo er seit 2018 tätig ist. „Der finanzielle Bedarf hat sich von Jahr zu Jahr drastisch reduziert.“ Denn: „Wenn es funktioniert, funktioniert es.“ Und das will er, wie in Ketsch und auch in Hockenheim, in Walldorf ebenfalls hinbekommen. Dafür brauche man „eine Zahl von Jungvögeln“. Diese würden dann „schon lernen, wo die coolen Standorte sind“. Deshalb müsse auch niemand die Sorge haben, dass die Haubenlerchen den dritten Bauabschnitt von Walldorf-Süd oder den geplanten Neubau des Pflegeheims blockieren könnten, so Ness.
Text und Foto: Stadt Walldorf