FDP-Landtagskandidat Thorsten Krings: „Waldbewirtschaftung kann es nicht mehr zum Nulltarif geben!“
Forstingenieur Hubert Speth referierte zu Wald gestern – heute – morgen
Rhein-Neckar. Auf Einladung des Landtagskandidaten der FDP im Wahlkreis 37 (Wiesloch), Thorsten Krings, hielt der Forstingenieur, Waldbesitzer und Nachhaltigkeitsexperte Prof. Dr. Hubert Speth einen Vortrag über den Zustand des deutschen Waldes und dessen Perspektiven. Er leitete die sehr gut besuchte Veranstaltung mit einer historischen Betrachtung ein, in der er erläuterte, dass der Wald in Deutschland schon seit dem Mittelalter durch starke Eingriffe des Menschen geprägt war. Diese Eingriffe sowie die dadurch bedingten Aufforstungen durch Nadelbäume führten zu den heute vorhandenen uns bekannten Waldbildern.
Die klimabedingten Veränderungen gekennzeichnet durch die Trockenperiode der vergangenen drei Jahre führen jedoch dazu, dass der Wald sich massiv in seiner Zusammensetzung und seinen vielfältigen Funktionen verändern wird. Die Fichte, der forst- und holzwirtschaftlich wichtigste Baum in Westdeutschland, wird aus klimatischen Gründen in weiten Teilen des Landes keine Zukunft mehr haben. Speth warnte jedoch auch ausdrücklich vor neuen Monokulturen z.B. mit Douglasien, die zwar wirtschaftlich interessant, ökologisch allerdings wenig sinnvoll sind. Dennoch ist Speth verhalten optimistisch, dass Baumarten wie die Douglasie in Verbindung mit heimischen Baumarten wie Rotbuche und Eiche eine Zukunft haben. Hier wies er jedoch auch auf das ökologische Gleichgewicht im Wald hin: die größte Gefahr für neue Baumgenerationen geht noch immer vom Schalenwild aus, dessen Population kontrolliert werden muss, wenn man klimaresistente Wälder begründen will.
Der Professor wies vor allem auf das große Problem der Kahlflächen hin, die durch Räumung von Flächen mit abgestorbenen Baumbeständen entstehen. Diese haben in Deutschland mittlerweile ein Flächenausmaß größer als das Saarland erreicht. Diese Kahlschläge sind deswegen besonders problematisch, weil sie durch die starke Sonneneinstrahlung austrocknen und dadurch die nächste Baumgeneration nicht genügend Wasser zur Verfügung haben wird. Eine weitere Problematik sieht Speth in der großflächigen Befahrung dieser Areale mit Maschinen von 20 Tonnen und mehr. Durch die dadurch hervorgerufene Bodenverdichtung haben es Pflanzen in Zukunft schwer, ein gesundes Wurzelwerk zu entwickeln. Wissenschaftliche Untersuchungen gehen davon aus, dass derartige Flächen auf Jahrhunderte hinaus geschädigt sein können. Weiterhin sei es besonders wichtig, tote Bäume, von denen keine Verbreitung der Borkenkäfer mehr ausgeht, stehen zu lassen. Zum einen spenden sie Schatten, solange sie noch stehen, und danach speichern sie als Totholz Wasser und tragen zur Kühlung der Wälder mit bei. Des Weiteren geben sie sukzessive Nährstoffe frei und fungieren als wichtiger Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. „Wenn wir das Thema Erhalt der Biodiversität nicht ernst nehmen, dann brauchen wir uns über Klimaschutz gar keine Gedanken mehr zu machen.“ mahnte Prof. Speth. Grundsätzlich plädiert er dafür, dort wo es sinnvoll ist, wohlüberlegt der Natur eine Chance zu geben, ohne einen allzu großen Aktionismus an den Tag zu legen. „Die Natur hat uns Millionen von Jahren nicht gebraucht, also sollten wir das nötige Vertrauen in sie haben, dass sie es auch jetzt schaffen wird.“
Im Weiteren führte Speth aus, dass der Wald eine Vielzahl von Funktionen erfüllt, nämlich neben der Wirtschaftsfunktion noch Erholungs-, Klimaschutz- und Bodenschutzfunktion sowie als Wasserspeicher und Sauerstoffproduzent. Viele dieser Funktionen sind allgemein gesellschaftlicher Natur und der Gesetzgeber erlegt den Waldbesitzern hohe Vorschriften auf, was die Bewirtschaftung des Waldes angeht. Doch funktioniert Waldbewirtschaftung als reines Geschäftsmodell aufgrund der niedrigen Holzpreise nicht mehr. Die Privatisierung der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung wird nicht dazu beitragen, dass Wälder so entwickelt werden, dass sie auch in Zukunft den überlebensnotwendigen Beitrag zur Biodiversität und gegen den Klimawandel leisten können. Bund und Land werden sich stärker engagieren müssen und auch in Fachpersonal investieren müssen, wenn sie es mit dem Klimaschutz ernst meinen. „Forstwirtschaft wird es künftig nicht mehr zum Nulltarif geben.“ fasste Landtagskandidat Krings diese Sachverhalte zusammen.
In der anschließenden, lebhaft geführten Diskussion erläuterte Prof. Speth, dass eine Aufforstung mit exotischen Bäumen aus Ländern mit höheren Temperaturen deswegen nicht zwingend die Lösung ist, weil sich die Klimazonen nicht einfach von Süd- nach Mitteleuropa verschieben, sondern weil wir es mit vollständig neuen Klimazonen zu tun haben werden. Wir werden zukünftig im Sommer Trockenperioden haben und trotzdem noch Spätfrost zu den Eisheiligen. Einfach Baumarten aus Südeuropa zu importieren, kann daher das Problem nicht lösen.
Ein weiterer großer Diskussionspunkt war die Frage, warum in den USA die Schnittholzpreise sich verfünffachen und in Deutschland die Waldbesitzer davon nicht profitieren können. Speth erläuterte, dass in den USA gerade 11 Mio ha Schadwald durch Brände, Windwürfe, Kalamitäten entstanden sind, das entspricht genau der gesamten Waldfläche Deutschlands. Aber auch wir in Deutschland steuern in den kommenden Jahren auf eine massive Holz-Rohstoffknappheit zu. Aus dem Teilnehmerkreis kam die Frage, ob die Holzwirtschaft das Problem nicht dadurch lösen könnte, mehr Holz aus Russland zu importieren. Speth, der selber lange Jahre in Hamburg ein Holzimportunternehmen geleitet hat, musste dies verneinen, weil Russland zum einen ein Exportverbot für Rundholz erlassen hat und zum anderen die russischen Qualitäten nicht für den konstruktiven Einsatz als Bauholz geeignet sind.
In seinen Dankesworten betonte Landtagskandidat Krings, dass er für die Landes-, aber vor allem auch für die Kommunalpolitik wichtige Impulse mitgenommen hat. „Die Lage ist ernst, aber ich bin überzeugt davon, dass es sich lohnt zu kämpfen.“ sagte er auch im Hinblick auf geplante Kahlschlagarbeiten in Wiesloch-Schatthausen.
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