Vom Leimbach über die „Drehscheibe“ zur A 5
Bürgerversammlung mit den Themen Hochwasserschutz und Verkehr
Zu einem „sehr informativen Abend“ begrüßte Bürgermeisterin Christiane Staab am 23. April in der Astoria-Halle die Interessierten, die zur Bürgerversammlung gekommen waren.
Auf der Tagesordnung standen mit dem Hochwasserschutz am Leimbach-Oberlauf und dem Ausbau der Bundesautobahn 5 zwei Themen, zu denen Experten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (RP) ausführliche Informationen gaben. Die Ergebnisse der Verkehrszählung stellte Norbert Schick vom beauftragten Büro PTV AG Karlsruhe vor.
Leimbachausbau kommt
Wie die Bürgermeisterin erläuterte, seien die Gesetzesänderungen in Sachen Hochwasserschutz noch nicht spürbar. „Die Härte des neuen Gesetzes“ wirke sich aber gravierend auf das Bauplanungsrecht aus. Hierzu hatte die Stadt bereits am 15. Oktober 2014 einen Informationsabend veranstaltet, der sich vor allem an Grundstückseigentümer und Bauwillige wandte, die in von Hochwasser gefährdeten Bereichen neu bauen oder ihren Bestand erweitern wollen. Stadtbaumeister Andreas Tisch erläuterte die Hochwassergefahrenkarten, die verdeutlichen, in welchen Bereichen Walldorfs hochwasserangepasstes Bauen notwendig ist. Relevant für Walldorf sind die Gebiete, die bei einem so genannten hundertjährlichen Hochwasser vom Leimbach und Hardtbach überschwemmt werden können. Betroffen sind die auf der Hochwasserkarte blau markierten Bereiche der Impexstraße im Metropolpark Wiesloch-Walldorf, das Gewerbegebiet Kleinfeld, die Walldorfer Wiesen und Walldorf-Ost. Den wasserrechtlichen Aspekten Rechnung zu tragen, sei „eine herbe Bürde“, stellte Tisch fest. Die geplanten Schutzmaßnahmen stellte Baudirektor Ralf Hübner vom RP vor. Insgesamt ist das Land hier für einen fünfzehn Kilometer langen Abschnitt zuständig, der in Wiesloch am Leimbach beginnt und über Walldorf, das Rückhaltebecken in Nußloch, weiter über Sandhausen bis Oftersheim verläuft. Für Walldorf sei vor allem der Ausbau des Leimbach-Oberlaufs von Bedeutung, so Hübner. In einem kleinen Abschnitt soll hier der Leimbach-Park entstehen, dessen Bau nächstes Jahr starten soll. Derzeit sei der Leimbach nicht naturnah, erklärte Hübner, was sich mit der Maßnahme teilweise ändern solle. Er stellte auch eine „Verbesserung der Gewässerökologie“ in Aussicht. Für die Walldorfer Hochwassergefahrenzone könnten durch den Ausbau des Hochwasserschutzes am Leimbach die Restriktionen wieder entfallen, so Hübner. Dass die Pläne auch von der Deutschen Bahn mitgetragen werden müssten, sei klar. Allerdings gebe es auch Anforderungen der Bahn, deren Gleise auf einer Strecke von 1,3 Kilometern unmittelbar am Leimbach entlangführen. Da hier sehr wenig Platz für den Deichaustausch zur Verfügung stehe, sei es schwierig, den Bach hier aufzuweiten und naturnah zu gestalten. Inzwischen gebe es erneute Vorabstimmungen mit der Bahn, berichtete Hübner, der sich optimistisch zeigte, dass man im ersten Halbjahr 2016 das Planfeststellungsverfahren wiederaufnehmen könne. Die Kosten für die Maßnahmen am Leimbach-Oberlauf schätzte er auf rund neun Millionen Euro. Die Akzeptanz der betroffenen Gemeinden wertete Hübner als gut und begrüßte es auch, dass bei einem Bürgerabend in Wiesloch am 17. April ein Projektbegleitkreis aus Wieslocher und Walldorfer Bürgerinnen und Bürgern sowie Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden, Behörden und Vereinen ins Leben gerufen worden sei.
„Wie gut funktioniert der Verkehr in Walldorf?“
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen und eine „gute Grundlage für die weitere Entwicklung zu bekommen“, wie Bürgermeisterin Staab und Stadtbaumeister Tisch feststellten, beauftragte die Stadt das Büro PTV aus Karlsruhe mit einer Verkehrszählung. Diese wurde Ende März 2014, noch vor der Radfahrsaison, durchgeführt. Dass man heutzutage eher auf eine Videoerfassung vertraut, als auf die doch eher fehleranfällige manuelle Zählung, erläuterte Norbert Schick von PTV. Vierzehn Stunden lang wurde an einem Tag an dreißig Kreuzungen in Walldorf der Verkehr gefilmt. Außerdem wurde eine Woche lang ein Querschnitt des Bereichs der Bahnhofstraße an der „Drehscheibe“ aufgenommen.
Als typisches Ergebnis bezeichnete Schick die morgendliche Verkehrsspitze zwischen 7 und 8 Uhr sowie die breite Nachmittagsspitze mit einem Maximum zwischen 15.30 Uhr und 18.30 Uhr. Zwischen 13 und 14 Uhr komme Walldorf jedoch zur Ruhe, so Schick schmunzelnd. Dass es nach 18 Uhr im Vergleich zu früher mehr Verkehr gibt, erklärte Schick mit den flexibleren Ladenöffnungszeiten und dem veränderten Freizeitverhalten. Das niedrige Verkehrsaufkommen zwischen 20 Uhr und 6 Uhr wurde nicht aufgezeichnet, sondern über die Referenzmessungen an der Bahnhofstraße ermittelt. Die Auswertung ergab auch, dass in der Walldorfer Wohnstadt wenig Lkw-Verkehr herrscht. Genauer unter die Lupe nahmen die Verkehrsexperten die Abbieger an den ausgewählten Knotenpunkten. Als Beispiel betrachtete Schick den Knotenpunkt am „Silberschwingen-Kreisel“, wo Ringstraße, Wieslocher Straße, Bahnhofstraße und Bürgermeister-Willinger-Straße sich kreuzen. In einer Viertelstunde passieren hier über 400 Fahrzeuge. Es handelt sich um den am höchsten belasteten Knotenpunkt in der Wohnstadt, wie Schick feststellte. Es gebe hier keine einzige Stelle, an der nichts mehr ginge. Die Bürgermeister-Willinger-Straße sei die am geringsten belastete Zufahrt an dieser Stelle, so Schick. Die Querungen der Zufahrten durch Radfahrer und Fußgänger spielten kaum eine Rolle.
Radverkehr hat zugenommen
An der „Drehscheibe“ machten die Verkehrsexperten eine ausgeprägte Spitze am Nachmittag aus. „Der Kreisel funktioniert“, erklärte Norbert Schick, der auch auf eine hohe Zahl an Ein- und Ausfahrten an jeder Stelle des Ovalkreisels hinwies. Eine deutliche Zunahme des Radverkehrs im Vergleich zu den Jahren 1997/1999 brachte die Verkehrszählung an den Tag. Sei der Umstieg auf das Rad zunächst eine Ausweichreaktion auf die Sperrung der Hauptstraße gewesen, so habe sich die Wahl des Fortbewegungsmittels langfristig verändert.
Norbert Schicks Fazit lautete, dass es Walldorf gelungen sei, den Durchgangsverkehr zu verdrängen. An der „Drehscheibe“ konstatierte er etwa 33 Prozent weniger Verkehrsaufkommen als 1999. Die wichtigsten Ursachen hierfür seien die Mittelsperrung der Hauptstraße, der umgestaltete südliche Abschnitt der Heidelberger Straße und die Verdrängung des Durchgangsverkehrs. Etwa 30 Prozent mehr Verkehr gebe es seit 1996/1999 in der Ringstraße, so die Analyse. Hierbei sei aber zu beachten, dass der Verkehr generell um etwa 10 Prozent angestiegen sei, gab Schick zu bedenken. Die Verlagerung der täglichen Versorgung von der Hauptstraße zum Nahversorgungszentrum, die Nachfrage durch Walldorf-Süd, die Fortführung der Ringstraße als Bürgermeister-Willinger-Straße und die entfallende Barrierewirkung bei der Ausfahrt der Ringstraße auf die B 39 nannte Schick als Gründe für die stärkere Belastung der Ringstraße. Er ging auch darauf ein, wer die Ringstraße nutzt. Von 6.500 Fahrzeugen, die am Kreisverkehr einfahren, kämen wesentlich weniger am Rathaus wieder heraus, erläuterte Schick. Maximal 30 Prozent sei Durchgangsverkehr zwischen Kreisel und Nußlocher Straße. Der Durchgangsverkehr nach Nußloch habe in der Ringstraße keine Relevanz. Norbert Schicks abschließende Diagnose lautete, dass das vorhandene Straßennetz keine funktionalen Defzite habe und ruhiges Wohnen flächendeckend gewährleistet sei. Einkaufsmöglichkeiten, Arbeitsplätze, Freizeiteinrichtungen und öffentliche Einrichtungen seien gut und sicher erreichbar. Im Innenbereich gebe es „mehr als genug“ Parkplätze. In den älteren Wohngebieten herrsche jedoch Parkdruck. Im untergeordneten Wegenetz kritisierte Schick lange Wegstrecken. Als „Therapie“ empfahl er, keine Netzerweiterungen mehr vorzunehmen, mehr zu Fuß zu gehen, mit dem Rad zu fahren, den Bus oder auch Carsharing zu nutzen. Den Bahnhof solle man als regionalen Verknüpfungspunkt weiterhin stärken. „Räumen Sie das Blech von der Straße“, lautete eine weitere Empfehlung. Er gab zu, dass dies schwierig sei. Vorhandene Garagen sollten auch tatsächlich genutzt werden und er regte an, Sammel- und Quartiersgaragen zu schaffen. Längere Zugangswege seien durchaus zumutbar.
Ausbau der A5
Mit dem Thema Verkehr endete die Bürgerversammlung auch. Beim letzten Tagesordnungspunkt ging es um den geplanten sechsspurigen Ausbau der A5 zwischen Autobahnkreuz Walldorf und der Überführung der B 291 Richtung Schwetzingen. Kai Zumkeller vom RP stellte fest, dass die Maßnahme mit „vordringlichem Bedarf“ eingestuft sei und so rasch wie möglich umgesetzt werden solle. Rasch bedeutet in diesem Fall einen Baubeginn im Jahr 2020. Die steigende Verkehrsbelastung, die sich bis 2030 nochmals um bis zu 15 Prozent erhöhen dürfte, erfordert intensivierte Planungen. In jeder Richtung soll die Autobahn um jeweils 3,5 Meter verbreitert werden. Das Autobahnkreuz Walldorf soll umgebaut werden mit zwei Halbdirektrampen. Für die Anschlussstelle Wiesloch-Walldorf, die angepasst werden muss, gibt es mehrere Varianten. Südlich der Anschlussstelle ist geplant, mit einer zusätzlichen Rampe den Verkehr nach Wiesloch abzuleiten. Rund 141 Millionen Euro soll der Ausbau auf einer Strecke von 6,5 Kilometern auf der A5 und 2,8 Kilometern auf der A6 kosten. Wie Zumkeller berichtete, liege die Potentialabschätzung für Flora und Fauna schon vor, die Straßenplanung sei beauftragt. Der „Umwelt-Scoping-Termin“ sei für Mitte dieses Jahres vorgesehen und das Lärmgutachten für Anfang 2016 eingeplant. Dann soll auch die Landschaftsplanung stehen. Eine Simulation der Verkehrsabläufe soll bis Ende 2015 vorliegen. Die Bevölkerung will das RP weiterhin informieren und einbeziehen. „Wir sammeln Ihre Fragen und Anregungen“ wurde versprochen.
Im Foyer der Astoria-Halle standen die Vertreterinnen und Vertreter des RP anschließend Rede und Antwort und erläuterten die hier aufgestellten Pläne.
Quelle: Stadt Walldorf