Intensive Diskussion über die Zukunft von Natur und Landschaft
Wie ist der aktuelle Zustand von Natur und Landschaft auf der Walldorfer Gemarkung? Welcher Zustand ist angesichts des Klimawandels in den kommenden Jahren zu erwarten? Vor welchen Herausforderungen stehen wir diesbezüglich in Walldorf? Können wir das Walldorf-typische Landschaftsbild erhalten? Oder wie müssen wir dieses weiterentwickeln, um auch die neuen und zusätzlichen Ansprüche an den Freiraum für den Klima- und Artenschutz zu befriedigen? Was kann der Gartenbesitzer für die Natur und den Artenschutz tun?
Fragen, die im Mittelpunkt des Workshops standen, mit dem jetzt im Ratssaal des Rathauses der Startschuss für den Aufstellungsprozess des sogenannten Landschaftsplans gefallen ist.
„Vielen Dank für Ihre Beteiligung“, freute sich Bürgermeister Matthias Renschler über den regen Zuspruch von rund 30 interessierten Bürgerinnen und Bürgern, die gemeinsam mit Vertretern der Verwaltung, Fachleuten des Planungsbüros Spang. Fischer. Natzschka und Gemeinderäten engagiert die Themenkomplexe besprachen.
„Wir hätten noch Stunden weiter diskutieren können“, bedankte sich Stadtbaumeister Andreas Tisch „für die kräftige Mitarbeit“ und zog ein sehr zufriedenes Fazit der Veranstaltung: „Wir haben eine große Bandbreite zu Tage gefördert.“
Im Landschaftsplan, der einem kommunalen Naturschutzprogramm gleichkommt, soll beispielhaft gezeigt werden, wie Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vermieden oder beseitigt werden können, wie der Biotopverbund und die biologische Vielfalt zu sichern und zu fördern ist, aber auch wie der Erholungswert und wesentliche Freiräume erhalten und entwickelt werden können. Dabei ist nicht nur der unbebaute Bereich Gegenstand der Betrachtungen, sondern mit Blick auf die Herausforderungen des Klimawandels gerade auch der bebaute Stadtraum, um Anpassungsstrategien entwickeln zu können.
Dazu wurden in drei Gruppen nach teils leidenschaftlicher, intensiver Diskussion eine ganze Reihe von Vorschlägen erarbeitet. So wird beim Punkt „Wasserhaushalt und natürliches Wassermanagement“ unter anderem angeregt, zusätzliche Retentionsflächen zu schaffen, die Entsiegelung voranzutreiben und mehr Bäume zu pflanzen. Manches überschneidet sich, wie sich beim Punkt „Klimaschutz und -anpassung“ zeigte. Mehr Beschattung, die Erhaltung und Schaffung von Luftschneisen, das Pflanzen klimaangepasster Bäume oder Pflanzlisten für private Gärten lauteten hier einige der Vorschläge. Welche Wünsche bestehen an die Erholungslandschaft? Andreas Konrad (Stadtplanung), der das Thema zusammenfasste, sprach den Konflikt an, dass einerseits die Wälder als Naherholungsgebiete wahrgenommen werden, andererseits dadurch den Tieren die Rückzugsmöglichkeiten geraubt werden. Im „Großen Feld“, das aus Sicht der Experten durchaus Potenzial als Fläche für die Naherholung hat, fehlen den Menschen Räume zum Verweilen, etwa Sitzbänke. Und der Einzelne, so ein Vorschlag, könne auf dem eigenen Grundstück „das Grün einfach mal stehen lassen“.
Beim von Ivo Hellinger (Fachdienst Umwelt) präsentierten Thema „Transformation zur Energielandschaft“ wurde deutlich, dass hier nicht „ob“, sondern „wie“ die Frage ist. Windenergieanlagen werden kritisch gesehen, Photovoltaik favorisiert. Zu den Vorschlägen zählte, ohnehin schon versiegelte Parkplätze mit Photovoltaikelementen zu überdachen. Wie konträr manchmal die Ziele sein können, zeigte sich beim Punkt „Bodenschutz und Landwirtschaft“. „Wenn wir den Boden mit Humus anreichern, ist das nichts für wichtige Pflanzenarten, die gerne trocken stehen“, sprach Léon Schmiedel, im Stadtbauamt unter anderem für Landschaftsplanung zuständig, einen der Konflikte an. Auch hier war Entsiegelung ein großes Thema, die für einige der Diskussionsteilnehmer unter anderem im Innenstadtbereich – auch auf der Drehscheibe oder dem Rathausvorplatz – denkbar wäre. Was den Punkt „Biodiversität und Biotopverbund“ angeht, wurde unter anderem vorgeschlagen, in Bebauungsplänen das Setzen bestimmter heimischer Pflanzen vorzugeben.
Begonnen hatte der Workshop nach der Begrüßung durch den Bürgermeister mit einer Einführung von Stadtbaumeister Tisch, der erläuterte, dass man sich im Aufstellungsprozess derzeit in der Orientierungsphase befinde. „Es geht darum, die eigenen Schwerpunkte für Walldorf zu formulieren“, sagte er. Dr. Werner Dieter Spang vom Fachbüro fügte an, der Landschaftsplan sei „der naturschutzfachliche Beitrag zur Flächennutzungsplanung“. Sein Kollege Heiko Bischoff stellte die verschiedenen Themenfelder vor. Walldorf, so sein Fazit, „ist ein ausgesprochen lebenswerter Ort, der vor Herausforderungen steht“.
Mit den Vorschlägen der Bürgerinnen und Bürger wolle man nun versuchen, die Orientierungsphase bis Anfang 2024 abzuschließen, erläuterte Stadtbaumeister Tisch. Dann werde man in die Analyse gehen und bis 2025 ein Leitbild und ein Handlungsprogramm entwerfen. Dazu wird es einen Projektbegleitungskreis geben und im Mai oder Juni 2025 auch „auf jeden Fall noch einmal eine Bürgerbeteiligung“, so Andreas Tisch. „Wir haben gute Ergebnisse erzielt“, bedankte er sich für die rege Beteiligung. „Danke für Ihr wichtiges Engagement und dass Sie sich einbringen“, fügte Bürgermeister Renschler an.
Text und Fotos: Stadt Walldorf