Experten und Trendforscher sind sich einig: Die mobile Internetnutzung via Smartphone und Tablet -PC ist ein Megatrend. Laut Allensbacher Computer- und Technikanalyse 2012 nutzt fast jeder dritte Bundesbürger im Alter von 14 bis 69 Jahren das Internet über mobile Geräte. Nutzerinnen und Nutzer rufen damit Verkehrsmeldungen ab oder schauen nach, ob die S-Bahn nach Feierabend pünktlich fährt. Sie lesen unterwegs E-Mails und Nachrichten, posten in sozialen Netzwerken, rufen ihren Kontostand ab oder kaufen bei Internet-Händlern ein. „Die wachsende Nachfrage bringt immer mehr Anwendungen mit sich. Gleichzeitig werden Fragen zu Datensicherheit und Datenschutz lauter. Diese Entwicklungen müssen wir genau beobachten, kommunizieren und Defizite identifizieren. Der Bundesgesetzgeber ist dann gefordert, gesetzliche Standards für eine sichere Nutzung dieser Technologien zu setzen“, sagte Verbraucherminister Alexander Bonde in Stuttgart anlässlich des diesjährigen Verbrauchertags Baden-Württemberg. In vier Foren wurde über Themen des Verbraucherschutzes in der digitalen Welt diskutiert, unter anderem über „Mobiles Internet – Apps & Co.“.
„ Apps auf mobilen Endgeräten bieten den Verbrauchern viel Service. Dennoch dürfen Risiken wie die Datensammelwut einiger Anbieter und die Erstellung von Nutzerprofilen nicht aus dem Blick geraten. Verbraucher müssen sich auf einen selbstbestimmten Datenschutz verlassen können“, sagte Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands e. V.
Von E-Commerce zu Mobile Commerce mit Smartphone & Co.
Aktuelle Untersuchungen haben kürzlich erst gezeigt, dass Apps vielfach auch Daten auslesen, die für ihre Anwendung gar nicht benötigt werden. „Dies wiegt umso schwerer, da es für die Nutzerinnen und Nutzer meist nicht ersichtlich ist, welche sensiblen Daten erhoben, verwendet oder gar an Dritte übermittelt werden“, kritisierte der Minister. Daher müssten Nutzer grundsätzlich darüber informiert werden, welche Daten erhoben werden. Die Nutzung dürfe nur mit Einwilligung der Bürgerinnen und Bürger erfolgen. Außerdem müsse klar sein, dass nur die Daten von den Firmen genutzt würden, die für den Zweck der App unerlässlich seien. „Sowohl die Hersteller von mobilen Endgeräten als auch die Anbieter und Entwickler von Apps müssen hohe Sicherheitsstandards in die Geräte und Anwendungen integrieren“, betonte Bonde. Darüber hinaus müssten Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit haben, alle über sie gesammelten Daten vollständig löschen zu können. Besonders hohe Sicherheitsanforderungen seien darüber hinaus beim Einkaufen via Smartphone erforderlich: „Beim Bezahlen per Smartphone muss gelten, was auch beim Online-Banking gilt: Verbraucher müssen am Ende aktiv bestätigen, dass sie ein bestimmtes Produkt zum ausgewiesenen Preis kaufen möchten.“ Hier bestünden noch Lücken bei mobilen Anwendungen. Viele App -Anbieter würden die gesetzlichen Vorgaben bislang nur unzureichend umsetzen.
Verbraucherschutz in der digitalen Welt – Urheberrecht Schwerpunktthema 2013
„Schwerpunktthema des Verbraucherministeriums war in diesem Jahr der digitale Verbraucherschutz. Dieser wird uns auch weiterhin beschäftigen, indem wir uns im kommenden Jahr intensiv mit der Modernisierung des Urheberrechts auseinandersetzen wollen“, sagte Bonde. Markus Beckedahl, Sachverständiger in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestags, betonte, dass Regeln durch die rasche Digitalisierung immer wieder angepasst werden müssten. „Die Weichen hierfür müssen aktuell gestellt werden. Verbraucher benötigen ein Recht auf Remix, damit selbstverständliche kulturelle Praktiken nicht weiter im Urheberrecht kriminalisiert werden“, so Beckedahl .
„Das aktuelle Urheberrecht ist längst überholt und kann mit den Gegebenheiten der digitalen Welt in vielen Bereichen schlichtweg nicht mehr Schritt halten, es stößt klar an seine Grenzen. Ein modernes Urheberrecht muss den fairen Ausgleich zwischen den Interessen von Urhebern, Rechteinhabern und Nutzern sicherstellen, ohne zeitgemäße Formen sozialer Teilhabe und Kommunikation zu kriminalisieren“, betonte der Verbraucherminister. Gerd Billen fordert: „Eine Reform des Urheberrechts in Deutschland ist überfällig. Anwälte sollten nicht länger mit Massenabmahnungen Geschäfte machen können. Die Abmahngebühren sind praxistauglich zu deckeln, der fliegende Gerichtsstand muss abgeschafft werden. Nur so stärken wir Künstler ebenso wie Verbraucher in der digitalen Welt.“
Die digitale Welt bewegt die Verbraucherinnen und Verbraucher
Dass die Themen der digitalen Welt für die Verbraucherinnen und Verbraucher von Bedeutung sind, zeigt die überwältigende Resonanz mit über 300 Anmeldungen für den Verbrauchertag in Stuttgart. Interessierte konnten zudem bereits mit ihrer Anmeldung Fragen stellen und so die Inhalte der Veranstaltung mitgestalten: „Ist Facebook heute ein Muss?“, „Wie wahrscheinlich ist es, dass Apps persönliche Daten auslesen?“, „Welche Gefahren können beim grenzenlosen Einkaufen von Lebensmitteln für mich entstehen?“, „Muss das Urheberrecht reformiert oder verstärkt werden?“ – sind dabei nur einige Beispiele für eingegangene Fragen. „Jeder dritte Teilnehmer hat die Möglichkeit genutzt, im Vorfeld Fragen einzubringen. Das zeigt, wie groß das Interesse, aber auch die Unsicherheit bei diesen Themen ist. Es bringt aber auch wertvolle Impulse für unsere politische Arbeit“, so Bonde weiter. So werde das Ministerium künftig noch mehr auf Verbraucherinformationen und -bildung setzen. „Wir werden uns aber auch künftig für verbraucherfreundliche Regelungen bei den Anwendungen in der digitalen Welt stark machen“, sagte Bonde abschließend.
Verbrauchertag Baden-Württemberg
Der Verbrauchertag Baden-Württemberg findet bereits zum dritten Mal in Stuttgart statt. Im Jahr 2012 steht er unter dem Motto „Verbraucherschutz in der digitalen Welt“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten in vier Foren Gelegenheit, sich mit Experten auszutauschen:
- Forum 1: Soziale Netzwerke – Fluch und Segen des Web 2.0
- Forum 2: Mobiles Internet – Apps & Co.
- Forum 3: Einkaufen ohne Grenzen im Internet
- Forum 4: Urheber- und Nutzerrecht
Das Programm des Verbrauchertags ist abrufbar unter www.verbrauchertag-bw.de
Eine Dokumentation des Verbrauchertags mit den eingebrachten Fragen und Antworten sowie weiteren Ergebnissen aus den Foren wird zeitnah nach der Veranstaltung im Internet zur Verfügung gestellt.
Quelle: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg