Freuten sich über den guten Zuspruch für den Unternehmertreff: (v.li.) Kämmerer Boris Maier, Stadtbaumeister Andreas Tisch, Albert Tietz, Irini Tietz und Wirtschaftsförderin Susanne Nisius
Mit weniger Plastikmüll zu mehr Umweltschutz
Wenn sich Albert Tietz beim Unternehmertreffen der Stadt Walldorf als „Umweltsau“ bezeichnet, darf man kurz zusammenzucken. Der Geschäftsführer der Jakob Schober GmbH hat für so viel Selbstironie aber natürlich seine Gründe: Sein Unternehmen verarbeitet fünf Millionen Quadratmeter Plastikfolie mit einem Gewicht von insgesamt 600 Tonnen im Jahr. Damit löst die seit 1998 in der Walldorfer Industriestraße angesiedelte Firma ein zwiespältiges Echo aus, wie Tietz weiß: „Für die einen produzieren wir fünf Millionen Quadratmeter Plastikmüll. Für die anderen sind wir Helden, die ihre einmaligen Produkte unbeschadet über die Weltmeere und auf andere Kontinente bringen.“ Auf Letzteres ist man stolz. Und das andere will man ändern, so gut das möglich ist. „Lasst uns das Mögliche möglich machen“ lautet dann auch das Motto der Bestrebungen unter dem Titel „Jakob Schober Going Green“.
Albert Tietz und seine Tochter Irini können rund sechzig Walldorfer Unternehmer und Selbstständige in der Produktionshalle der Jakob Schober GmbH begrüßen – mehr sind aus Platzgründen dieses Mal leider nicht möglich. Stadtbaumeister Andreas Tisch entschuldigt Bürgermeister Matthias Renschler, der zeitgleich für die Stadt einen wichtigen Termin persönlich wahrnehmen muss. „Ein tolles Format mit tollen Locations“ ist das regelmäßige Unternehmertreffen aus Tischs Sicht. Sein Dank im Namen des Bürgermeisters für die Organisation geht an Susanne Nisius und Sandra Seitz von der Stabsstelle Wirtschaftsförderung im Rathaus und an die gastgebende Familie Tietz sowie deren Belegschaft. „Das wird ein sehr spannender Austausch“, freut sich Tisch.
Mit einem kleinen Präsent bedankt sich Susanne Nisius im Namen der Stadt, „dass wir hier sein dürfen“. Sie freue sich riesig, „in einer richtigen Produktion“ zu sein. Und sie blickt schon darauf voraus, dass das Thema Umwelt „vielleicht nicht das Erste ist, was man in einem Kunststoff verarbeitenden Betrieb erwartet“. Die Wirtschaftsförderin wirbt für die Umweltförderprogramme der Stadt, die nach ihren Worten sehr gerne auch von Gewerbetreibenden in Anspruch genommen werden dürfen. Sie weist darauf hin, dass der Gemeinderat erst kürzlich die Zuschüsse für Photovoltaikanlagen auf Nichtwohngebäuden noch einmal deutlich erhöht hat. Als Ansprechpartnerin ist Karla Lieberg vom Fachdienst Umwelt vor Ort.
„Wir wollen die Themen Verpackung und Umweltschutz miteinander vernetzen“, sagt Irini Tietz, die Tochter des Geschäftsführers, nach eigenen Worten eine der „jungen Wilden“ im Unternehmen, die diese Themen vorantreiben. „Die Zukunft hat bei Jakob Schober begonnen“, sagt dazu ihr Vater. Albert Tietz wirft einen kurzen Blick in die Firmengeschichte, die ihren Ursprung vor über 90 Jahren in Leimen hat. Damals widmete man sich der Wagen- und Schlittentechnik – Tietz empfiehlt, in alten Holzschlitten nach dem Firmenstempel „JS“ zu suchen und hat gleich ein Exemplar mitgebracht. Schon früh habe sich Jakob Schober aber auch mit Exportverpackungen befasst – er zeigt einen alten Beleg über einen Kistentransport zur Schnellpresse nach Heidelberg aus dem Jahr 1934. Ein Großbrand im firmeneigenen Sägewerk führte ab 1976 zu einer Neuausrichtung, 1978 wurde die Abteilung Korrosionsschutz gegründet. Er selbst, so Tietz, sei seit 1982 mit dem „Virus“ Verpackungstechnik infiziert. 1998 hat man sich in Walldorf angesiedelt, seit 2013 gibt es in Polen eine zweite Niederlassung, an beiden Orten sind aktuell zusammen 68 Mitarbeiter beschäftigt.
Was verpackt Jakob Schober? Zum Beispiel ein riesiges Weltraumteleskop, das in das höchst gelegene Observatorium der Welt in Chile transportiert wird. Oder auch Dinge wie Wasserkraftrotoren, Schiffsmotoren, Stromerzeuger, eine 55 Meter lange Gussform für Windkraftanlagen, Werkzeugmaschinen und ganze Züge, die vor allem aus der Schweiz in die USA gebracht werden, Medikamente oder auch Geld- und Wertpapiere. „Wir haben 32 verschiedene Folientypen“, sagt Tietz. Diese schützen nach seinen Worten vor extremer Kälte (bis zu 55 Grad Minus) oder extremer Hitze (bis 1000 Grad), vor UV-Bestrahlung und Feuchtigkeit, vor Korrosion oder schädlichen Umwelteinflüssen. Und das mit Transport- und Lagerzeiten, die zwischen einem Monat und 15 Jahren liegen können.
„Uns ist klar, dass unsere Produkte nicht mehr in die Zeit passen“, sagt Tietz. Also wolle man „das Mögliche möglich“ machen und „step by step“, Schritt für Schritt, den Plastikmüll reduzieren. „Wir mussten bis in die USA gehen“, um mit Cortec Corporation die passende Firma für eine Zusammenarbeit in diesem Bereich zu finden. „Die haben tolle Produkte, kriegen sie aber in den USA nicht verkauft.“ So habe man Folien entwickelt, die aus Abfällen von Verbrauchern hergestellt sind. „Das sind 60 Prozent Entlastung für die Umwelt“, rechnet Tietz vor. Man sortiere eigene Abfälle, gebe sie an den Lieferanten zurück, der sie recycle und wieder der Folienproduktion zuführe. Und mit der ohnehin notwendigen Erneuerung der Heizung in der Produktionshalle sei man „weg vom Heizöl“ und hin zu einer Wärmepumpe samt Photovoltaikanlage gegangen.
„Wir haben Blut geleckt“, ist das Unternehmen damit laut Tietz noch nicht am Ende seiner Bemühungen. „Da geht noch viel mehr.“ Weitere Folientypen sollen umgestellt werden, man wolle die öligen Produkte gegen wasserbasierende austauschen und die eigene Stromproduktion durch Speichertechnik noch effizienter gestalten. Völlig „green“ werde man nicht werden, weiß Tietz. „Es gibt vielleicht noch zehn Folientypen, die wir schaffen. Der Rest bleibt Plastikmüll.“ Letztlich, so Tietz‘ Ansicht, müsse jeder beim Umweltschutz seinen eigenen Weg gehen. „Machen Sie Ihr Ding, dann sind Sie auch zufrieden.“
Nach einer kleinen Fragerunde beginnt der gesellige Teil des Unternehmertreffens an Stehtischen im an diesem Tag von der Sonne verwöhnten Innenhof des Unternehmens. In kleinen Gruppen wird über die verschiedensten Themen diskutiert und der Austausch untereinander gepflegt. Der Küchenservice Feil sorgt für das leibliche Wohl.
Text und Fotos: Stadt Walldorf