„Die erste Tankstelle der Welt“ – Bertha Benz und das Automobil
Die erste Autofahrerin – 50 Jahre nach der ersten historischen Überlandfahrt eines Automobilist schilderte Frau Bertha Benz die Ereignisse von damals folgenden Worten:
Ich bin doch aus Pforzheim. Und meine Mutter, war eine begeisterte Anhängerin und unseren Wagen. Als meine Buben der Eugen und der Richard, in den Sommerferien 1888 ankamen, sie wollten eine Reise mit dem Wagen machen, da dachte ich daran, das ist meiner Mutter eine große Freude machen würde. aber der Vater hätte es nie erlaubt. Denn von Mannheim aus sind das über 100 Kilometer. So haben wir – der 13-Jährige und der 15jährige Junge – und ich – Eine richtige Verschwörung angezettelt.
Ganz früh am Morgen sind wir losgefahren, so dass wir schon Stunden weit waren, als der “Papa” auch beachtet. Der Eugen hat gesteuert. Benzin oder – wie man damals sagte – Legroin hatten wir in einer kleinen Flasche als Reserve mit. Von Wiesloch an gab’s Schwierigkeiten denn wir hatten für die Steigungen keinen ganz kleinen Gang. Da haben der Richard und ich öfters schieben müssen. Und bergab hatte ich Angst, weil wir nur sehr einfache Bremsen hab unterwegs haben wir dann lange Rast gemacht, denn ich wollte nicht bei Helligkeit nach Pforzheim kommen wir waren gar zu staubig und schmutzig geworden.
Als wir dann ankamen – da war meine Mutter weggefahren, verreicht. Da haben wir dann ein Telegramm nach Mannheim an den “Papa” geschickt, dass wir hier in Pforzheim wärden. Ganz Pforzheim hat Kopf gestanden. Und alle Verwandten wollten doch mal fahren. Da hat er ohnehin einen richtigen Fahrdienst eingerichtet, dass wirklich jeder in den drei Tagen die wir da blieben dran kam.
Des weiteren beschrieb sie: Zwei schlimme Pannen hat es auf der Fahrt gegeben, das eine Mal war die Benzinleitung verstopft: da hat meine Hutnadel geholfen. Das andere Mal war die Zündschnur entzwei. Die haben wir mit einem meiner Strumpfbänder repariert. So hab ich als erste gezeigt, das dem „Papa Benz“ sein Automobil auch für weite Fahrten gut ist.
Und auf meinem Vorschlag hat er dann noch einen dritten Gang eingebaut für Bergfahrten. Den haben heute alle Autos auf der Welt. Da bin ich sehr stolz drauf.
“Benzine” haben die Leute damals unsere ersten Wagen Winters Bauern sagten Hexenkarren und warfen nach uns mit Steinen oder schlugen mit den Peitschen war uns, wenn wir über Land fuhren.
Wie oft ist der Richard unterwegs abgestiegen, wenn uns ein Pferdefuhrwerk entgegen kam und hat den Motor abgestellt und geholfen, scheue Tiere am Auto vorbei zu führen. Es ist doch merkwürdig, dass die Pferde heutzutage keine solche Angst mehr vor den Automobilen haben. Und was haben wir Hunde und Hühner bezahlen müssen! “Es waren immer die allerbesten und allerschönsten”, die uns in den Wegen gelaufen waren Punkt ich habe dann immer gesagt die Straße ist doch kein Hühnerhof, aber es hat nichts geholfen.
Einmal ist der Vater nach Ladenburg gefahren, wo wir uns später ansässig gemacht haben und da ist eben der Wagen nicht mehr gegangen. Er ist mit der Bahn abends nach Hause gekommen. Abschleppen gab es nicht. Ein Wagen der die Werkstatt mit seiner eigenen Kraft verlassen hat, muss auch mit der eigenen Kraft wieder Heim kommen, sagte mein Mann immer zu den Leuten.
Für uns ist es heute kaum vorstellbar, welche Schwierigkeiten Bertha Benz auf dieser ersten Fernfahrt bewältigen musste. Straßen im heutigen Sinne, gab es noch nicht. es gab nur Feldwege welche über Land führten war oft mit tiefen Furchen von den Rädern der Pferdekutsche versehen, wobei das vordere Rad dreirädrigen Motorwagen Benz über die Grasnarbe hoppelte, die von der Pferden vertreten war.
In manchen Städten war die Situation besser, dort gab es gepflasterte Straßen. Heutzutage führen uns Navigationssysteme, Google Maps & Co, an das Ziel unserer Reise oder Fahrt. Letztes Jahr wurde in Wiesloch das Google Street View Auto gesichtet, vor wenigen Wochen auch das sogenannte Apple Maps Car. Die beiden US-amerikanischen Großkonzerne kartografieren die ganze Welt, sie machen Fotos sie machen Videos mithilfe von Satelliten nehmen Sie genau Maß. Straßenkarten aus Papier, die man großflächig auf der Motorhaube ausbreiten konnte, nutzt heute keiner mehr.
Als Bertha Benz mit ihren beiden Söhnen damals unterwegs war gab es weder analoge noch digitale Straßenkarte – Strassenbeschilderungen waren damals nicht vorhanden, ebenso wenig wie Verkehrsschilder. Die wenigen einheimischen Kutcher, die zwischen den Städten unterwegs waren, diese kannten die Wege. für die Mitreisenden der Kutschen dagegen war es schwer sich zu orientieren, die holprige Fahrt war anstrengend man musste sich gut festhalten und hatte durch die Zeiten Fenster kaum orientieren. Fernstrecken hingegen wurden zu jeder Zeit bereits bevorzugt mit den Eisenbahnen bewältigt.
Sie war die Lösung für die unerschrockene Bertha Benz mit ihrem Automobil immer entlang der Eisenbahnschienen zu fahren. Alben hatte den Kraftstoffverbrauch seines Automobil nur schätzen, da immer nur kurze Strecken auf befestigten Wegen gefahren war. So kam es vor, dass er sich gewaltig verschätzte, denn bei solchen Straßenbedingungen brauchte der Motorwagen viel Kraftstoff.
Bereits nach wenigen Kilometern musste nachgetankt werden, aber Tankstellen gab es natürlich noch nicht.
Einen Führerschein hatte Bertha Benz übrigens nicht: Wenige Tage zuvor hatte ihr Mann die erste Fahrerlaubnis der Welt erhalten, ausgestellt am 1. August 1888 vom Großherzoglich-Badischen Bezirksamt – aber nicht sie.
So ergab es sich dass Bertha Benz 1888 bei ihrer spektakulären Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim Spuren in der Geschichte der Stadt Apotheke Wiesloch hinterließ, als sie bei dem Apotheker Willi Ockel tankte. Zapfsäulen gab es natürlich noch keine. Wahrscheinlich wurde aus einer Glasflasche Ligorin in den Tank gefüllt. Die Stadt Apotheke Wiesloch wurde dadurch zur ersten Tankstelle der Welt. Und ihr Apotheker Onkel dadurch zum ersten Tankwart.
Video: Bertha Benz – Tankstopp in Wiesloch
Alle zwei Jahre, zur Bertha Benz Gedächtnisfahrt wird die historische Tanzszene nachgestellt.
Die Freunde historischer Fahrzeuge Wiesloch e.V. tragen dazu bei das die Geschichte in Erinnerung beleibt. Die Geschichte eines erfolgreichen Mannes hinter dem eine starke Frau stand.
Unsere Region Nordbaden kann zurecht als die Wiege des Automobils bezeichnet werden, denn hier erfand und baute der junge Ingenieur Carl Benz (in Mannheim und Ladenburg) den ersten Verbrennungsmotor für seinen „pferdelosen Wagen“.
Seit 1984 veranstaltet der Verein mit seinen Auto- und Motorbadebegeisterten Mitgliedern regelmäßig Ausfahren, Treffen und besondere Veranstaltungen. Er bereichert Wieslochs Vereinslandschaft durch seine Arbeit im Kulturellen und auch bei der Denkmalpflege.
Am 1. August 2015 übergab Mercedes-Benz Classic einen Benz Patent-Motorwagen an die Freunde historischer Fahrzeuge Wiesloch e.V. Der Verein setzt seither dieses besondere Fahrzeug zu Lehr- und Demonstrationszwecken ein.
Und wie schon bei Carl Benz und seiner Ehefrau Bertha, leben und lieben die Männer und Frauen des Wieslocher Vereins gleichsam die Faszination zur Technik und der Geschichte der Eheleute Benz aus Mannheim.
So hatten 20 Mitgliederinnen auf einer Clubausfahrt nach Frankreich im „Hotel de Paris“ in Dijon den Damenstammtisch gegründet. Richtig, wie es sich gehört, mit Gründungsurkunde und folgendem Leitsatz:
„Wir wollen uns in Freundschaft und Frohsinn zusammenfinden und jeder Zeit füreinander und für notwendige Aufgaben einsetzen. Unser Vorbild ist Bertha Benz als opferbereite und couragierte Frau.“ – Bertha-Benz-Damen des Historische Fahrzeuge Wiesloch e. V.
Bertha Benz war Mutter, Mutmacherin, Mäzenin
Im Science Museum in London befindet sich ein Benz Patent-Motorwagen No.3, der mit Sicherheit das älteste erhaltene Auto und mit großer Wahrscheinlichkeit der Wagen ist, mit dem Bertha ihre legendäre Fahrt unternahm.
Aber Bertha Benz hat nicht nur durch ihre historische Fahrt Verkehrsgeschichte geschrieben. Ohne sie hätte Carl seine Erfindung wohl gar nicht erst nicht machen, jedenfalls nie bis zur Marktreife bringen können.
Geboren als Cäcilie Bertha Ringer am 3. Mai 1849 in Pforzheim, stammte Bertha aus einem wohlhabenden Elternhaus. Schon immer höchst technikaffin, entschied sie sich gegen eine „gute Partie“ mit finanziell abgesicherter Zukunft und für den jungen, brotlosen, aber visionären Ingenieur Carl Benz. Sie ließ sich vorab ihre Mitgift auszahlen und steckte sie in sein kleines Unternehmen.
Lange Jahre musste die stets wachsende Familie mit vier Kindern teilweise am Existenzminimum leben, da Benz als Unternehmer glücklos blieb. Mit eiserner Sparsamkeit führte Bertha den Haushalt; jeder Pfennig wurde in Benz´ Arbeit investiert. Ohne sie wäre er verloren gewesen, wie er später in seinen Lebenserinnerungen einräumt: „Nur ein Mensch harrte in diesen Tagen, wo es dem Untergange entgegen ging, neben mir im Lebensschifflein aus. Das war meine Frau. Tapfer und mutig hisste sie neue Segel der Hoffnung auf.“
Bertha Benz Gedächtnis in Wiesloch
„Am 5. August 1888 läutete eine Frau das Zeitalter des Automobils ein: Ohne Bertha Benz wäre die Geschichte der Mobilität anders verlaufen. An diesem Tag unternahm sie die erste längere Fahrt mit einem Kraftfahrzeug. Und bewies damit ihrem Mann und dem Rest der Welt, dass seine Erfindung alltagstauglich funktionierte und das Potenzial hatte, alles zu verändern.“ Zitat Deutschen Marken und Patentamt
Neben der Skulptur und der historischen Stadtapotheke selbst, ist Bertha Benz auch im Alltag der Stadt Wiesloch als Namensgeberin einer Schule, der Bertha-Benz-Realschule.
Text und Fotos: Robert Pastor
Weiterführende Links zum Thema:
http://www.bertha-benz.de
https://www.fhf-wiesloch.org
https://www.dpma.de
https://asc-schnauferlclub.de