Torspektakel am HardtwaldSVS – SCP 2:3
Sandhausen gibt zweimal die Führung aus der Hand und verliert gegen St. Pauli
Ungewohnt spektakulär und torreich ging es am Samstagnachmittag am Hardtwald zu. Die Sandhäuser, in der Liga eigentlich als Defensivspezialisten bekannt, kassierten gegen den FC St. Pauli drei Gegentore, so viele wie in den letzten fünf Partien zusammen. Gut, das gab es in dieser Saison schon einmal, als der SVS in der Hinrunde bei Union Berlin mit 0:3 verlor. Aber, dass die Kurpfälzer auch noch selbst zwei Tore erzielen, ist schon außergewöhnlich. „Für den neutralen Zuschauer war das sicher schön mit anzusehen“, vermutet Sandhausens Trainer, Alois Schwartz, „für uns war es einfach nur bitter“.
Bitter, weil die Hausherren nach ereignisarmer und ausgeglichener erster Halbzeit im zweiten Durchgang zweimal in Führung gingen, am Ende jedoch mit leeren Händen dastanden. „St. Pauli war am Ende einfach cleverer als wir“, begründete Stürmer Danny Blum die Niederlage. Der 23-Jährige hatte kurz nach der Halbzeitpause mit einem sehenswerten Schuss ins lange Eck den Torreigen eröffnet, nachdem Linsmayer im Mittelfeld den Ball von St. Paulianer Maier erobert hatte (50. Minute). Die Antwort der Gäste ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Gonther überwand nach einem Freistoß SVS-Torwart Riemann im zweiten Versuch per Kopf (55.). Durch einen dicken Bock von St. Pauli-Verteidiger Kalla ging der SVS durch Nicky Adler erneut in Führung (70.), ehe die Gäste aus Hamburg die Partie innerhalb von zwei Minuten durch Treffer von Schachten (76.) und Rzatkowski (78.) für sich entschieden. „Wir haben die Punkte heute hergeschenkt“, gab Torschütze Adler geknickt zu. Und Sechser Simon Tüting sagte: „Wir sind natürlich enttäuscht. Ein Unentschieden wäre gerecht gewesen.“ Hilft alles nichts. Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die in 15 von 28 Spielen unbezwungene Defensive der Sandhäuser innerhalb von zwei Minuten gleich zweimal hinter sich schauen musste? Während Präsident Jürgen Machmeier und Geschäftsführer Otmar Schork eine Teilschuld fälschlicherweise, wie die Fernsehbilder zeigen, bei Schiedsrichter Martin Thomsen suchten, sah Fußballlehrer Schwartz diese eher bei seiner Mannschaft. „Wir haben nach dem 2:1 die Seiten aufgemacht, zu offensiv gespielt und waren zu euphorisch“, erklärte er und Tüting fügte hinzu: „Wir haben, als wir zum zweiten Mal in Führung gegangen sind, irgendwie den Faden verloren“. Am Ende war es aber auch die Kaltschnäuzigkeit der St. Paulianer vor dem gegnerischen Tor, die entscheidend war. Denn von seinen vier Großchancen nutzte der SCP drei, nur der eingewechselte Trybull scheiterte an Riemann (88.). Die Gastgeber dagegen vergaben zu viele gute Möglichkeiten. Thiede schoss in der ersten Halbzeit nur noch SCP-Keeper Tschauner vor sich habend neben statt ins Tor (22.), Tüting scheiterte per Distanzschuss und Seitfallzieher (zweimal 64.) und Ulm stolperte über den Ball (86.). Die 8050 Zuschauer am Hardtwald, von denen etwa 2500 aus Hamburg angereist waren, kamen in jedem Fall auf ihre Kosten, mit dem schlechteren Ende für die Sandhäuser. Geschäftsführer Schork betonte: „Es haben heute Nuancen entschieden“.
Einen positiven Nebeneffekt hat die Niederlage aber. Der drittplatzierte SC Paderborn war am Freitag Düsseldorf mit 1:2 unterlegen. Bei einem Sieg am Samstag gegen St. Pauli wäre der SVS nicht nur bis auf fünf Punkte an Paderborn herangerückt, sondern hätte sich auch auf Platz vier geschoben. Die Aufstiegseuphorie wäre vorprogrammiert gewesen. Der SV Sandhausen kann also in aller Ruhe für die nächste Runde planen.
Mit den Leistungsträgern Linsmayer, Thiede, Achenbach und Olajengbesi wurde bereits verlängert, bleibt zu hoffen, dass sich die beiden Angreifer Adler und Blum auch entscheiden, am Hardtwald zu bleiben und nicht dem Beispiel Julian Schauertes folgen. „Ich möchte eine große Fluktuation im Sommer verhindern“, erklärte Schwartz, „und Blum sowie Adler sind enorm wichtige Spieler für den Verein“. Gerade ein Danny Blum, der in den letzten Wochen beim SVS regelrecht aufblüht und dessen Problem in der Vergangenheit die fehlende Kontinuität in seinen Leistungen war, wäre gut damit beraten, nicht zu früh zu viel zu wollen und dem SV Sandhausen noch eine Weile treu zu bleiben.
SV Sandhausen: Riemann – Zimmermann (81. Ulm), Olajengbesi, Schulz, Achenbach – Linsmayer, Tüting – Stiefler, Thiede (88. Hübner) – Adler (71. Jovanovic), Blum
FC St. Pauli: Tschauner – Ziereis (69. Schindler), Kalla, Gonther, Schachten – Buchtmann – Rzatkowski, Halstenberg – Maier (87. Trybull) – Nöthe (57. Gregoritsch), Verhoek
Tore: 1:0 Blum (50.), 1:1 Gonther (55.), 2:1 Adler (70.), 2:2 Schachten (76.), 2:3 Rzatkowski (78.).
Gelbe Karten: Tüting – Kalla, Nöthe, Gonther;
Schiedsrichter: Martin Thomsen;
Zuschauer: 8050.
Statistik zum Spiel SVS – FC St. Pauli am 05. April
Schüsse insgesamt 11 SVS und 14 St. Pauli
Aktionen am Ball in % 42 % SVS und 58 % St. Pauli
Zweikämpfe gewonnen 52 % SVS und 48 % St. Pauli
Passgenauigkeit 71 % SVS und 78 % St. Pauli
Eckbälle 3 SVS und 5 St. Pauli
Flanken aus dem Spiel 10 SVS und 14 St. Pauli
Abseitsstellungen 2 SVS und 2 St. Pauli
Fouls (exkl. Handspiel) 13 SVS und 16 St. Pauli
Statistik der Spieler
Schüsse insgesamt 4 Blum SVS und 5 Schachten St. Pauli
Torschussvorlagen 3 Linsmayer SVS und 2 Maier St. Pauli
Aktionen am Ball 57 Zimmermann SVS und 104 Buchtmann St. Pauli
Zweikämpfe gewonnen 77 % Olajengbesi SVS und 100 % Schindler St. Pauli
Flanken aus dem Spiel 5 Zimmermann SVS und 3 Maier St. Pauli.
Text: Julian Budjan