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Die Künstler und ihre Werke der Ausstellung „Kunst im Amtsgericht“

25. März 2014 | > Wiesloch, Gesellschaft, Kunst im Amtsgericht, Leitartikel, Photo Gallery

„Tiefe Augenblicke“…Über die Künstler und ihre Werke  der Kraichgauer Kunstwerkstatt zum besseren Verständnis der Ausstellung “ Kunst im Amtsgericht“.


s.a. https://www.wiwa-lokal.de/?p=57579

WiWa-lokal.de wünscht den Künstlern und dem Kunst im Amtsgericht e.V. viele interessierte Besucher.

Alle 11 Künstlerinnen und Künstler besitzen ihre ganz eigene Erlebnis- und Vorstellungswelt.

Einige der Künstlergruppe Kraichgauwerkstatt

Einige der Künstlergruppe Kraichgauwerkstatt

Die drücken sie in individuellen Bildsprachen aus.

(vsk, Hübner) Ihre Arbeiten entstehen weitgehend unbeeinflusst von gesellschaftlichen Konventionen oder Publikumsmeinungen. Der Stil und die künstlerische Technik unterliegt hierbei meist den unausweichlichen Zwängen ihres individuellen bildnerischen Denkens. Hierin liegt meines Erachtens die ureigene Authentizität der meisten unserer Bilder.  Kunstwissenschaftlich werden diese originellen Bildschöpfungen der Outsider Art zugeordnet.

Im Folgenden werden die Künstler kurz vorgestellt:

Ulrike Welz

Ulrike Welz

Ulrike Welz

sie zeichnet mit Pastell-Ölkreide auf farbigen Karton. Gekonnt spielt sie mit ihren persönlichen Ausdrucksmitteln. Mal dominiert die flächige Farbigkeit dann sind es wieder fein abgestufte Linien. Beachtenswert ist, dass sie für jedes Bild ein anderes Gestaltungsschema wählt und eine unglaubliche intuitive Farbsicherheit besitzt.

Ihre Bilder entstehen häufig nach kleinen Bleistiftskizzen, die sie in ihrer Freizeit anfertigt. Die besten Bilder gelingen ihr, wenn die Thematik sie emotional tief berührt.

Schon seit Jahren  lasse ich mir in längeren Gesprächen von den Künstlerinnen und Künstlern ausgewählte Arbeiten ausführlich erklären. Das Gesprächsprotokoll schreibe ich im Wortlaut auf und gliedere es später sinngemäß.

Hier nun ein Text aus einem Bildzyklus über schöne Frauen, aus dem auch die drei Damen im Eingangsbereich des Amtsgerichtes stammen:

  • „Eine schöne Frau guckt in den Spiegel.
  • Sie guckt, ob sie schön ist.
  • Sie hat neue Kleider angezogen.
  • Die Muster sind bunt, der Kragen ist schick.
  • Sie war beim Friseur, der hat Locken reingemacht, in die Haare.
  • Auch das Gesicht wird schön gemacht.
  • Dann geht sie aus.
  • Alle Leute sagen: „Oh, eine schöne Frau!“
Björn Heim

Björn Heim

Björn Heim

ist erst im letzten Jahr in unser Atelier aufgenommen worden. Er beschäftigt sich ausschließlich mit Comics und Cartoons, und erhält bei uns den individuellen Raum den er für seine künstlerische Arbeit und Weiterentwicklung benötigt. Seinen persönlichen Stil hat er sich schon vor der Aufnahme selbst angeeignet.

Dies steht über der Rolle des Ateliers, welches nicht stilprägend eingreift und generell autodidaktische Wege bevorzugt, um eine eigenständige, originelle Bildsprache zu fördern.

Farb- und Technikübungen sowie Arbeitsmethoden bekannter Comiczeichner werden beispielsweise so sparsam und neutral eingesetzt, dass sie nicht beeinflussen, wohl aber notwendige Impulse geben können.

Björn Heim erfindet unglaublich komplexe Welten mit vielfältigsten und sonderbarsten Menschen, Lebewesen und Handlungsabläufen.

Für diese Ausstellung haben wir seinen überschaubarsten Bildzyklus ausgewählt. Die Geschichten beginnen in den frühesten Zeiten der Menschheit und enden in der heutigen Zeit, zu erkennen an der U-Bahn mit FC Bayern-Fans.

In einer kurzen Übersicht hat er uns die verschiedenen Menschen, Drachen, Saurier, Killerinsekten, Echsen, Monster und Geister vom „Erde-Comic“ vor gestellt.

Stefan Glitsch

Stefan Glitsch

Stefan Glitsch

Er besitzt viele Fotobildbände mit deren Hilfe er sich häufig seine Motive erarbeitet. Erst beschäftigt er sich umfassend mit einem Thema, dann wählt er einen passenden farbigen Karton aus und trägt mit hellen Stiften die Vorzeichnung auf. Seine weichen, kreidigen Farbstifte sind farblich sehr differenziert und erlauben ihm feinste Farbvarianten. Im Erdgeschoß sehen wir seine Tänzerinnen und Zirkusfrauen in ihrer ganzen Pracht und Exotik.

Jedes Bild hat eine eigene Gestaltungsstrategie und zeigt seinen gekonnten Einsatz des Bildaufbaus und der Farbgestaltung.

 

Rosemarie Hübner

Rosemarie Hübner

Rosemarie Hübner

Rosemarie Hübner arbeitet ausschließlich mit Pastell-Ölkreiden und weichen Bleistiften.  Ihre unverwechselbare Bildsprache beruht auf einem sehr einfachen Formenvokabular. Sie verlässt sich auf ihre individuelle Wahrnehmung welche ohne die Vorurteile erlernten Wissens auskommt. Kindliche Neugier, naive Lebensfreude und eine unbändige Lust zum Zeichnen, bringen sie dazu sich mit immer komplexeren Themen auseinanderzusetzen.

Zeichnen ist für Rosemarie Hübner ein tiefes sinnliches Erlebnis.

Zur Arbeit „Die Zeit dreht sich“ ein Textausschnitt:

„Die Zeit dreht sich immer, die ist noch nie stehen geblieben. Uhren können stehen bleiben, wenn die Batterien alle sind. Die Zeit läuft dann auf anderen Uhren weiter. Ohne Uhren geht nichts. Morgens gehen die Uhren schneller, da rennt die Zeit bis nachmittags. Abends gehen sie wieder langsamer, da wird es gemütlich, dann haben alle Zeit, sonst nicht, sonst rennen sie alle und haben es eilig.

Hans Schön

Hans Schön

Hans Schön

zeichnet ausschließlich mit Feder und schwarzer Tusche und koloriert anschließend mit Farbtusche. Detailreich und farbintensiv dokumentiert er täglich seine ungetrübt positive Sicht der Welt. Er ist begeisterter Tierfilm-Fan und kennt alle wichtigen Fernsehserien.  Die schaut er sich regelmäßig an.  Daraus entstehen später lebendige Bildgeschichten welche er schon im Entstehungsprozess ausgiebig kommentiert und mit anderen Ateliermitgliedern bespricht.  Viele seiner Themen werden daher häufig von anderen Ateliermitgliedern übernommen. Solch gemeinsame Themen gibt es immer wieder sie zeigen sehr anschaulich die stilistischen Unterschiede.  Sein großes grafisches Können und die einmaligen Detaillösungen stechen gerade bei seinen Naturdarstellungen ins Auge.

Ob Menschen im Meer tauchen, oder die Bananenernte auf einen Büffel geladen wird,  alles wird liebevoll und haargenau dokumentiert.

Zum Bild „Familie Pfau“ (siehe Ausstellung) sagt er:

„Der Herr Pfau schlägt ein Rad und seine Frau nebenan schaut zu.  Die Kleinen gucken genau, wie das funktioniert. Erst muss er die Schwanzfedern anheben, dann schlägt er sie ganz hoch, bis das Rad richtig rund ist und stellt seine Pfauenaugen nach vorne ein.  Er guckt auch nach hinten, ob es groß genug ist. Das macht er für seine Show.  Wenn alles stimmt geht er auf und ab und stolziert herum. Er will, dass jeder seine Prachtfedern sieht. Die ganze Familie ist stolz auf den tollen Vater.

Andreas Kretz

Andreas Kretz

Andreas Kretz

malt mit Tempera oder Acrylfarben auf Papier und Tapete. Er hat einen ganz eigenen, an Archaisches erinnernden Stil entwickelt. Sein Erfindungsreichtum und seine Themenvielfalt sind beachtenswert.  Dabei ist sein bildnerisches Denken ursprünglich geblieben und nicht durch kulturelle Konventionen überlagert oder umgeformt worden.  Obwohl er einen hohen Fernsehkonsum hat, lässt er sich nicht – wie viele Zeitgenossen – von der Medienwelt überrollen.  Er lebt in seiner eigenen Welt und zeigt ein ganz individuelles figürliches Spektrum. Dies möchte er, wie er einmal sagte: “Rausmalen und funkeln lassen“.

Das „Nachtcafé im Glashaus“ (hier im Treppenhaus) handelt von dem Nachtcafé des Wieland Backes.

Andreas Kretz beschreibt es ausführlich:

„Das Nachtcafé ist riesengroß. Draußen wird es stockdunkel.
Der Moderator macht die Kerzen an, weil es gemütlich sein soll.
Nach der Arbeit wird man eingeladen. Alle kommen ins Glashaus.
Die sitzen gemütlich auf dem Sofa und machen ein Thema.
Aufklärung, was alles schief läuft und wie es richtig geht.
Das gibt ein Riesengespräch und eine lange Nacht.
Alle Menschen wollen Unterhaltung und Vergnügen. Das macht Spaß genug, immer wieder.
Manchmal ist es vollkommen ernst, dann darf man nicht witzig lachen.
Nicht immer, aber öfter, wird es lustig, dann machen alle Blödsinn und erzählen Witze.

Michaela-Mondelo

Michaela-Mondelo

Michaela Mondelo

zeichnet meist mit Farbstiften auf weißen Karton. Flüssige Farben mag sie nicht.  Seit einiger Zeit beschäftigen sie die Zeitschriften eines Lesezirkels, die bei uns ständig ausliegen. Hier findet sie die Anregungen für ihre eigenwilligen Porträts.  Vor einiger Zeit entstand ein großer Bildzyklus, auf dem sie die unterschiedlichsten Hunderassen mit ihren passenden Besitzern abbildete. Obwohl ihr Hunde gar nicht geheuer sind, ist sie dennoch sehr von ihnen fasziniert. Sie werden von ihr durchweg sehr liebenswert und individuell gezeichnet. Tier und Mensch sind immer ein unzertrennliches Paar.  Ihre Darstellungen sind dabei meist karikaturhaft und auf das Wesentliche reduziert.

Hier ihre kleine Geschichte zu den „Drei Froschprinzen“ (s. Ausstellung):

„Drei Frauen haben einen Froschprinzen in der Hand.
Sie sind sich noch nicht so sicher,
dass die Frösche ihre Traumprinzen werden können.
Probieren wollen sie es trotzdem.
Erst müssen sie die Frösche
küssen und lieb haben,
dann werden aus den Fröschen angeblich Prinzen.
Sie überlegen und warten und grübeln.
Keine ist begeistert,
denn die Frösche sind glitschig und unpassend.
Vielleicht ist mein Bild nur ein Späßchen
und die Frösche springen
wieder ins Wasser und quaken.
Die Frauen bleiben erstmal ohne Traumprinz.“

Marlies Holst

Marlies Holst

Marlies Holst

zeichnet mit Feder und schwarzer Tusche auf Karton und coloriert das Bild anschließend mit Pinsel und Farbtuschen.  Ihre Bilder sind in leuchtend- farbige Ornamentsysteme eingebettet. Zu jedem Bildinhalt gestaltet sie eine Vielzahl von Ornamentvarianten.  Oft sind ihre Bildwelten rätselhaft und zeigen persönliche Mythologien wie etwa das Menschenei.  Von der Arbeit „Frauenhände“ gibt es mehrere Fassungen. Sie stellen eine Bekannte dar, die sie sehr mochte (s. Ausstellung). Dies bringt sie symbolträchtig zum Ausdruck. Unzählige goldene Herzen und Hände mit lackierten Fingernägeln sind, um sie herum in das Ornamentgeflecht verwoben. Die klatschenden Hände applaudieren der Frau und schlagen den Rhythmus für einen kleinen Tanz.

 

Michael Preiß

Michael Preiß

Michael Preiß

Michael Preiß malt mit Gouachefarben auf weißes Papier.  In seinen naturalistischen Bildern beschäftigt ihn häufig das Individuelle von Mensch und Tier. Es bereitet ihm große Freude, verschiedene Menschen und Tiere mit den unterschiedlichsten Charakteren darzustellen.  Seine naturalistischen Bilder entstehen meist ohne jegliche Vorlagen, ganz aus seinem Gedächtnis.  Kleine Stilbrüche in der realistischen Darstellung stören ihn dabei nicht.

So beschreibt er seine „Vogelflugreise“:

„Das ist eine lustige Flugreise.
Es fliegt unsere ganze Werkstatt zum Bodensee. Alle fliegen auf großen Vögeln.
Das sind Riesepapageien, Adler, Eulen und Raben, auf den kleinen Vögeln kann man nicht sitzen.
Man braucht keine Angst zu haben, die Vögel machen das gut.
Die gleiten ganz langsam und sind sehr lieb. Auf dem weichen Federkleid sitzt man wie in einem gemütlichen Omasessel.
Alle kreischen und lachen und winken, noch nie haben sie so was Schönes erlebt.
Unten sieht man nur noch ganz klein den Bodensee. Die Spaziergänger, Hunde und die Schwäne sind so groß wie Spielzeug.
So ein Ausflug ist was Besonderes. Es ist eigentlich nur ein Traum, ein aufregender Abenteuertraum (s. Ausstellung).

Marvin-Schadwinkel

Marvin-Schadwinkel

Marvin Schadwinkel

malt ebenfalls naturalistisch und benutzt auch Gouachefarben auf Papier.  In den letzten Jahren entstand ein ganzer Zyklus großformatiger Bilder von Lena, deren großer Fan er war.

Zu den Bildern sagte er: „Weil ich ein Lena-Fan bin habe ich ihre ganzen Konzerte gemalt. Sie hat eine gute Stimme. Für jedes Lied macht sie eine neue Bühnenshow.  Auf meinem Bild sind Effekte mit Laserlicht und Luftballons. Die strahlen in allen Farben, sie blinken hell und dunkel.

Lena ist wirklich hübsch, alle Fans lieben sie. Ihre Lieder höre ich sehr gerne, die höre fast jeden Tag.“  Er besitzt mehrere Bildbände von ihr. Daraus malte er sie ab und setzte sie in neue, phantasievolle Kulissen.

 

Michael Hall

Michael Hall

Michael Hall

stellt in seinen Bildern einen ganz persönlichen Kosmos voller skurriler Wesen dar.  Die Farbstift-Zeichnung „Elefantenkauzspinnennetz“ bezieht sich auf seine längst verkaufte Plastik „Urwaldelefantenmutter“.  Ende der 90 er Jahre arbeitete er an einer kleinen Serie von Plastiken aus Pappmaché. Auf die Oberflächen zeichnete er dann detailreiche Bildgeschichten, die den Lebensraum der jeweiligen Figur illustrierten.  Weil er schon seit Jahren keine Plastiken mehr herstellt, ist er dazu übergegangen, sie als seltsame Käuze in seine Bildwelten einzubeziehen.

Die zeichnet er ausschließlich mit Farbstiften auf Papier.  Die Motivvariante der Spinnennetze als Lebensraum für seine kleinen Bildgeschichten hat er vor einigen Jahren für sich entdeckt. Er gestaltet sie in unzähligen Variationen und liebt es kleine Scherze in diese Bilder einzubauen. Deshalb bezeichnet er sich selbst auch gerne als „Spaßvogel“.

Zur Zeichnung „Menschenbaummond“ entstand folgender Text (s. Ausstellung):

„Auf einer Wiese steht ein Vater mit seinem Sohn.
Der Mond scheint darüber hinweg. Später kommt dann auch die Sonne.
Das geht immer abwechselnd. Jeden Tag und jede Nacht.
Auf dem Mond steht ein Baum, da wohnen Menschen drin.
Auch auf der Sonne gibt es welche. Die habe ich da hochgeschwindelt.
Allen geht es gut, alles ist geheimnisvoll.
Da leben die Menschen, die gestorben sind. Natürlich auch meine verstorbene Mutter. Die kreisen immer um uns rum.“

 

Die Austellung „Kunnst im Amtsgericht“ geht noch bis in den Juni und würde sich über zahlreiche Besucher freuen. Sie kann während der Öffnungszeiten des Amtsgerichtes in Ruhe besichtigt werden:

Montag bis Donnerstag: 9.00 bis 12.00 Uhr und 13.00 bis 15.30 Uhr und  Freitag: 9.00 bis 12.00 Uhr und 13.00 bis 14.00 Uhr.

  http://www.kraichgauer-kunstwerkstatt.com

Titelbild: gemalt von Michael Hall

Wolfgang Hübner. Kraichgauer Kunstwerkstatt

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