In seinem Buch „Oppenheimer. Briefe einer jüdischen Familie gegen das Vergessen“ beschreibt der Dielheimer Autor und Journalist Anton Ottmann das Leben der jüdischen Familie Oppenheimer, die zeitweise in Heidelberg und in Wiesloch wohnte. Das Buch wird gefördert von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn und erscheint Anfang März im Buchhandel.
Es wird im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ am Donnerstag, 21. März, 18 Uhr, in der Laurentiuskapelle in Walldorf in einer neu erarbeiteten szenischen Lesung vorgestellt. Akteure sind Anton und Ursula Ottmann, Gert Weisskirchen und Friedrich E. Becht.
Die begleitende Bilder-Show mit Fotos aus der Familie und prägenden Orten wird umrahmt von Martin Ritz am Klavier.
Der Eintritt ist frei.
Mit sechs Jahren war Leopold ein „wilder Bub“ und nur schwer von der Straße wegzubringen. Schon früh nahm ihn sein Vater mit, wenn er von der Wohnung in Dossenheim die Bergstraße entlang zu Fuß nach Weinheim marschierte, um dort Früchte einzukaufen. Die Lebensgeschichte von Leopold Oppenheimer (1881-1943) liest sich zu Beginn wie die eines ganz normalen Jungen in einer Kaufmannsfamilie. Auch Rositta Kramer (1892-1972) wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf und verbrachte viel Zeit bei den Großeltern in Walldorf, wo sie sich in Wald und Wiesen, mit Blumen, Beeren und Sandhügeln wie im „Paradies“ fühlte. Als die beiden Jahre später heirateten und die Söhne Max und Hans bekamen, ahnten sie nicht, welches Unglück ab den 1930er Jahren über sie hereinbrechen sollte.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten waren die Oppenheimers von einem Tag auf den anderen Menschen zweiter Klasse. Die Verdienste Leopolds im ersten Weltkrieg zählten genauso wenig wie die breite Bildung Rosittas oder die guten Leistungen ihrer beiden Söhne in der Schule und im Sport. Nur weil sie Juden waren, verloren sie ihr Vermögen und ihre Reputation, auch die einmal sehr erfolgreiche Pfeifentabakfabrik in Wiesloch. 1940 wurde Hans mit seinen Eltern, wie die meisten badischen Juden, in ein Lager im südfranzösischen Gurs deportiert. Der junge Mann kam von dort als Fremdarbeiter zu einem Bauern. Max konnte nach einem Aufenthalt im KZ Dachau noch rechtzeitig nach England emigrieren. Leopold wie auch Hans fielen schließlich der Endlösung in einem KZ im Osten zum Opfer. Max und seine Mutter kehrten nach dem Krieg zurück in ihre Heimat und beteiligten sich aktiv am Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland.
Im Buch werden die Lebenswege jedes Einzelnen der Mitglieder dieser hier heimischen deutsch-jüdischen Familie erzählt. Ob die Flucht nach London oder die Deportation in die französischen Internierungslager Gurs und Noé, alles hat der Autor aus vielen Quellen und Archiven zusammengetragen. Herzstück des Buches bilden aber Auszüge aus über 200 Briefen, die sich die Oppenheimers während des Zweiten Weltkriegs geschrieben haben, Zeilen voller Angst und Verzweiflung, aber auch voller Liebe und Hoffnung und Zeugnis der unerschütterlichen Bindung zwischen Eltern und Kindern.
Info: Anton Ottmann: Oppenheimer. Briefe einer jüdischen Familie gegen das Vergessen, Verlag Lindemanns, 2024, 176 Seiten, 22,50 Euro, ISBN 978-3-96308-233-7.
Text und Fotos: Stadt Walldorf