Steinerner Zeuge längst vergessener Kulturen – Menhir von Schatthausen – Ein Beitrag zur Lokal- und Regionalgeschichte.
Wiesloch-Schatthausen (rp) – Sagenumwoben soll er sein, der sogenannte „Lange Stein“, auch „Heidensäule“ genannt – Der Menhir von Schatthausen.
Eine kleine Zeitreise…
Die 2,50 Meter hohe Sandstein steht südöstlich des Wieslocher Ortsteil Schatthausen. Er ist säulenförmig, hat einen runden Querschnitt, verjüngt sich nach oben und ist vollständig bearbeitet.
An seiner Krone wurde ein viereckiges Loch eingemeißelt, in das, wie vermutet werden kann, ein Kreuz, ein Heiligenbildnis oder eine Gerichts- oder Marktfahne eingelassen wurde. (Es gibt vergleichbare Steine in denen noch heute die nachträglich eingefügten Kreuze vorhanden sind, so modifizierte die Christliche Religion die sog. Heidensäulen einfach um und machte sie ihren Zwecken dienlich).
Ursprünglich soll der „Lange Stein“ an einer anderen Stelle gestanden sein, es heisst, er stand 160 Schritte vom alten Brunnen entfernt.
Der dortige Gewann-Name „Zollstock“ weist darauf hin, dass es sich wohl um eine Markierung der Grenze zwischen dem kurpfälzischen Schatthausen und dem zum Hochstift Speyer gehörenden Oberhof handelt.
Als sicher darf gelten, dass an dieser Stelle Zoll erhoben wurde. Was in vielen Ortschaften vorgeschrieben war. An der Speyer Landstrasse in Zuzenhausen wurde beispielsweise der Landzoll erhoben. Nicht weit vom heutigen Zollstock war die Grenze zwischen der Kurpfalz und dem Fürstbistum Bruchsal-Speyer. Zu letzterem gehörten Oberdorf und Unterdorf – während Schatthausen ein kurpfälzischer Ort war.
Doch ist der „Lange Stein“ wohl um einiges älter. Sein Alter reicht wohl weit zurück in die sogenannte Hallstattzeit. Als Hallstattzeit oder Hallstattkultur wird die ältere vorrömische Eisenzeit in weiten Teilen Europas ab etwa 800 v. Chr. bezeichnet.
Es kann durchaus sein, dass beim „Langen Stein“ zeitweilig eine Thingstätte war, denn die Germanen liebten, es ihre Versammlungen unter Bäumen im Freien abzuhalten – so die Chronik der Gemeinde Schatthausen aus dem Jahre 1955.
Soldaten der USARMY sind im Sommer 1945 mit ihrem Militär-Jeep im Matsch stecken geblieben und hatten eine Seilwinde am Stein befestigt um ihr Fahrzeug so wieder rauszuziehen. Dabei ist der Stein umgefallen, berichtet Oberlehrer a.D. Karl Weckesser aus Schatthausen. „Uns Kinder hat das natürlich interessiert, was die Soldaten da machen, so standen wir dabei und haben zugeschaut wie der „Lange Stein“ umkippte“ so Weckesser.
Anschließend soll auf Wunsch des Bauern der Stein versetzt worden sein.
Ob Stonehenge oder der Menhir von Schatthausen wir stehen noch immer mit Erstauen vor dem, was heute noch sichtbar ist aus längst vergangenen Zeiten. Mit zahlreichen Fragen und ziemlich wenigen Antworten.
Der Lange Stein wurde im Volksmund auch als Heidensäul, Steinerne Saull oder Marktsaul bezeichnet. Ohne Inschrift steht der da, wie wenn er sagen würde: „Seht, wie Ihr über mich einig werdet!“
Die ältesten Spuren solcher Steine gehen auf etwa 10.000 Jahre vor Christus zurück, oder sogar weiter. Bauwerke der Steinzeit sind auf der ganzen Welt zu finden. Einige bekannte Menhire weisen Verzierungen auf, so tragen sie Mondsicheln, Schlangen, Spiralen oder Gerätschaften in Symbolform. Statuenmenhire sind Steine mit anthropomorphen Darstellungen.
Ob der Menhir von Schatthausen ursprünglich auf einem Grabhügel stand, kann heute nur noch vermutet werden, denn exakte Belege zu finden dürfte nahezu unmöglich sein.
Eine echte wissenschaftlich archäologische Auswertung wurde, soweit ich erfahren konnte, nie gemacht. Zumal der ursprüngliche Standort nur wage zu ermitteln sein wird. So müsste man wohl sehr grossflächig Bodenproben nehmen, um anhand der Bodenwerte etwa Rückschlüsse treffen zu können, ob beispielsweise Gräber oder gar Opferstellen vorhanden waren. Würde das Erdreich erhöhte Phosphatwerte aufweisen, könnten diese möglicherweise auch von vergangenen organischen Opfergaben herrühren.
Religionskriege mitten in unserer Region, heute kaum vorstellbar.
Die Kurpfalz (Kurzform für Kurfürstentum Pfalz, genauer kurfürstliche Pfalzgrafschaft bei Rhein oder kurfürstlich rheinische Pfalzgrafschaft) zählte zu den bedeutendsten weltlichen Territorien des Alten Reichs. Im konfessionellen Zeitalter stieg sie zu einer der aktivsten und führenden protestantischen Mächte im Territorium des Heiligen Römischen Reichs auf. Es bestand bis 1803.
Damals bstimmten die Fürsten über die Religion ihrer Untertanen, so galt der Grundsatz „Cuius regio, eius religio“ d.h. „Wessen Land, dessen (ist die) Religion“. Andersgläubigen bliebt nur das Recht auf Auswanderung.
Mark und Markstein / Grenze und Grenzstein
Während Wiesloch Teil der Kurpfalz war, gehörte das benachbarte Rauenberg sowie auch Frauenweiler zum katholischen Bistum Speyer. Anno 1677 erwarb das Hochstift Speyer den Ort komplett. In Baiertal diente der Bach als Grenze. In Schatthausen wohl eben jener Lange Stein.
Mit der Säkularisation 1803 kam Rauenberg, ebenso wie Wiesloch und alle anderen Städte unserer Region, zum Großherzogtum Baden. Im Zuge des Reichsdeputations-hauptschlusses, gingen große gebietliche Veränderungen einher, man stelle sich mal vor: Insgesamt wurden 2 Kurfürstentümer, 9 Reichsbistümer, 44 Reichsabteien und 45 Reichsstädte aufgelöst. 45.000 km² Land und fast 5 Millionen Menschen erhielten neue Landesherren – die alten Grenzen galten nicht mehr.
Neue Grenzen entstanden – doch lange hatten diese keinen Bestand
Das Großherzogtum Baden war von 1806 bis 1871 ein souveräner Staat, der bis 1813 Mitglied des Rheinbunds und von 1815 bis 1866 des Deutschen Bundes war. Am 18. Januar 1871 proklamierten die deutschen Fürsten im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles den preußischen König zum Deutschen Kaiser. So wurde Baden ab 1871 nur noch ein teilautonomer Bundesstaat innerhalb des Deutschen Kaiserreiches.
Baden verlor 1871 mit dem Beitritt zum neu gegründeten Deutschen Kaiserreich seine uneingeschränkte Souveränität.
Heute erleben wir wie die Bundesrepublik Deutschland in vielen Bereichen ihre Souveränität aufgibt und die Europäische Union (EU) die Entscheidungshoheit erhält. Ob es in Zukunft mal einen Nationalstaat Namens Europa oder die Vereinigten Staaten von Europa geben wird, wird die Zukunft zeigen.
Die EU-Aussengrenze ist die letzten Jahren immer wieder zum Thema in den Medien und der Gesellschaft geworden, ebenso wie die Staatsgrenzen in einigen EU-Mitgliedsstaaten oder beispielsweise bei unserem Nachbarbundesland Bayern.
Grenzen ändern sich – von dem Flickenteppich an Fürstentümern auf der Landkarte zu den Grenzen der Nationalstaaten mit den künstlich geschaffenen Grenzen bis in die heutige Zeit.
Von Württemberg-Baden zu Baden-Württemberg
Im Jahr 1945 wurde das Land Württemberg-Baden von der US-amerikanischen Militärregierung gegründet, es war ab 1949 ein Land der Bundesrepublik Deutschland. Württemberg-Baden umfasste den nördlichen Teil der ehemaligen Republik Baden und den nördlichen Teil des ehemaligen Volksstaates Württemberg.
Die Südgrenze der amerikanischen Besatzungszone auf diesem Gebiet wurde so gewählt, dass die Autobahn Karlsruhe-München, die heutige A8, auf der ganzen Strecke innerhalb der amerikanischen Besatzungszone lag. Grenzen im Detail waren die Grenzen der jeweiligen Landkreise.
Im Jahr 1952 ging es im neu geschaffenen Land Baden-Württemberg auf.
(Anmerkung: Baden-Württemberg – Wir können alles, auch Hochdeutsch!“)
P.S.
Lieber Leser, ich hoffe ich konnte etwas informieren und ihr Interesse an der Geschichte unserer schönen Region, die ich Heimat oder Zuhause nenne, wecken. Der Lange Stein in Schatthausen sowie das Wasserschloss hatten mein Interesse geweckt und mich bewogen mich zu informieren und zu recherchieren.
Fortsetzung folgt!
Weitere Fotos des Menhir von Schatthausen
Ein besonderer Dank geht an Herrn Oberlehrer a.D. Karl Weckesser sowie an Herrn Hoffmann vom Biolandhof Langenstein für ihre Unterstützung.
Text und Fotos: Robert Pastor
Quellen: Wikipedia und div. Websites, Stadtbibliothek Wiesloch div. Bücher – Liste auf Anfrage!
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