Stellungnahme der Fraktion der Grünen zum Vorschlag der Verwaltung zur Unterbringung von Flüchtlingen in Wiesloch
Es ist sehr passend, dass wir heute am 27. Januar, dem Holocaust Gedenktag, im Gemeinderat über die Situation der Flüchtlinge in Wiesloch diskutieren.
Heute Morgen hat die Schriftstellerin und Auschwitz-Überlebende Ruth Klüger im Deutschen Bundestag gesprochen, ich möchte aus ihrer Rede zitieren: „dieses Land, das vor achtzig Jahren für die schlimmsten Verbrechen des Jahrhunderts verantwortlich war, hat heute den Beifall der Welt gewonnen, dank seiner geöffneten Grenzen und der Groβherzigkeit, mit der Sie die Flut von syrischen und anderen Flüchtlingen aufgenommen haben und noch aufnehmen.
Ich bin eine von den vielen Auβenstehenden, die von Verwunderung zu Bewunderung übergegangen sind.“ Dies war der Hauptgrund, warum sie die Einladung zur Rede vor dem Deutschen Bundestag angenommen hat.
Vor 80 Jahren sind hunderttausende Deutsche aus unserem Land geflohen und haben in der ganzen Welt Aufnahme gefunden.
Aus dieser Vergangenheit ist unser Grundrecht auf Asyl entstanden und sie verpflichtet uns heute, Flüchtlinge, die ihrerseits ihre Heimat verlassen müssen, bei uns aufzunehmen.
Wir können vor Ort nichts an den hohen Flüchtlingszahlen ändern, aber wir können Einfluss darauf nehmen, wie ihre Integration hier in unserer Gemeinde kurz- und langfristig gelingt.
Ich möchte daher diese Gelegenheit nutzen, den vielen, vielen Ehrenamtlichen des Netzwerks Asyl unseren Dank auszusprechen für die hervorragende Arbeit, die sie seit vielen Monaten leisten.
Ohne das Netzwerk Asyl wäre die Situation in Wiesloch eine ganz andere. Vielen, vielen Dank!
Nun konkret zu den einzelnen Punkten der Vorlage:
Natürlich trägt Wiesloch mit mehreren großen Gemeinschaftsunterkünften und insbesondere der Unterbringung in der Kreissporthalle einen großen Anteil an der Flüchtlingsunterbringung im Kreis, wir werden dafür aber, wie uns von der Verwaltung gerade dargelegt wurde, in den nächsten Jahren bei der Anschlussunterbringung von Flüchtlingen etwas entlastet.
Für diese Anschlussunterbringung hat sich die Verwaltung als oberstes Ziel eine dezentrale Unterbringung in kleinen Einheiten gesetzt. Dies unterstützen wir ausdrücklich.
Wir wünschen uns, dass bei der Suche nach Wohnraum die Reihenfolge Wohnungen aus eigenem Bestand (Stadt und Wohnbau Wiesloch), Anmietung von privaten Wohnungen, Kauf von Immobilien und erst dann der Bau neuer Gebäude eingehalten wird. Wir glauben, dass wir so am flexibelsten und schnellsten reagieren können.
Auch wenn wir uns das erst als letzte Alternative wünschen, kann es sein, dass wir ohne den Neubau von Wohnungen nicht auskommen werden, daher ist es richtig und sehr gut, dass die Verwaltung bereits jetzt städtische Grundstücke in allen Stadtteilen auf deren mögliche Eignung dafür untersucht.
Wichtig ist dabei selbstverständlich, dass die Bevölkerung bei weiteren Planungsschritten entsprechend einbezogen wird.
Eine weitere Möglichkeit sehen wir in den kommenden in Wiesloch geplanten größeren Bauprojekten. Wir möchten, dass den Investoren, die nur tätig werden können, wenn wir dazu die entsprechenden Bebauungspläne schaffen, planungsrechtlich die Verpflichtung auferlegt wird, einen gewissen Prozentsatz geförderten Wohnungsbau zu realisieren.
Schließlich lesen wir aus der Vorlage bei den Zahlen zu Wohnungs- und Bewohneranzahlen, dass die Verwaltung in der Anschlussunterbringung vor allem mit (Groß-)Familien rechnet.
Wir glauben, dass wir auch einen nicht unbeträchtlichen Anteil an alleinstehenden Personen und Paaren haben werden und bitten daher darüber nachzudenken, wie diese in neuen und kreativen Wohnformen, wie zB Wohngemeinschaften untergebracht werden können, um einerseits eine gute Unterbringung zu gewährleisten und andererseits den vorhandenen Wohnraum möglichst gut auszunutzen.
Zur Unterbringung in Schulen und Kindertagesstätten:
Wir sind sehr erfreut, dass nach unseren Informationen alle Flüchtlingskinder im Schulalter in den verschiedenen Wieslocher Schulen untergekommen sind und bedanken uns für die gemeinsamen Anstrengungen.
Weniger positiv sieht für uns die Situation in den Kindergärten aus. Unserem Wissen nach sind noch 8 Kinder ohne einen Kindergartenplatz, für 2 Kinder davon scheint sich eine Lösung anzubahnen.
Hier fordern wir die Stadtverwaltung auf, kreativ und mit Nachdruck gemeinsam mit den Trägern an der Schaffung weiterer Plätze zu arbeiten. Wir sehen insbesondere die Einrichtung einer weiteren Gruppe des Waldkindergartens als schnell und kostengünstig realisierbar an.
Bitte lassen Sie hier nicht in Ihren Anstrengungen nach. Je schneller die Kinder der Flüchtlingsfamilien mit deutschen Kindern in den Kindergarten gehen können, desto schneller und besser integrieren sie sich.
Schließlich noch ein paar Worte zur angeregten Hauptsatzungsänderung:
Diese sehen wir nicht als notwendig an. Wir können uns im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung an keinen Fall erinnern, in dem der Gemeinderat oder seine Ausschüsse nicht rechtzeitig entscheiden konnten und angesichts von 1 Gemeinderats- und 2 Ausschusssitzungen pro Monat glauben wir auch nicht, dass ein solcher Fall in der Zukunft eintreten wird.
Abschließend danke ich der Stadtverwaltung sowohl für die sehr ausführliche Vorlage und deren Erläuterung als auch für Ihr bisheriges sehr umsichtiges Handel in der Flüchtlingsfrage.
Wir unterstützen das weitere Vorgehen wie es in der Vorlage dargelegt ist und werden der Verwaltungsvorlage zustimmen.
Quelle Text/Foto: Katharina Ebbecke