Die Lage auf dem Energiemarkt bleibt ernst
Die Stadtwerke Walldorf informieren ihre Kunden über die aktuelle Situation bei der Gasversorgung. Demnach ist die Lage unverändert ernst, wenn auch im Detail derzeit noch vieles im Fluss ist. Denn die Bundesregierung hatte zum 1. Oktober die Einführung der Erdgasbeschaffungsumlage (2,419 ct/kWh netto) beschlossen. Nach kontroverser Diskussion und weitgehender Verstaatlichung der Erdgasimporteure – für deren Unterstützung die Umlage geplant war – hat die Bundesregierung die Erdgasbeschaffungsumlage rückwirkend zum 1. Oktober wieder gekippt.
Die Stadtwerke Walldorf haben ihre Gaskunden Mitte September – entsprechend der damaligen Beschlusslage – über höhere Gaspreise zum 1. November informiert. Diese Preise beinhalteten noch die Kosten für die Erdgasbeschaffungsumlage. Mit deren Wegfall werden die Preise der Stadtwerke zum 1. November gegenüber den Preisanpassungsschreiben um 2,419 ct/kWh (netto) niedriger festgelegt.
- Für die Erdgas-FIX-Kunden (Festpreisverträge mit der Laufzeit vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2022) wird es nun keine Netto-Preisänderung innerhalb der Vertragslaufzeit geben.
- Für die Grundversorgungs- und Erdgas-Plus-Kunden reduziert sich die Preiserhöhung um die Erdgasbeschaffungsumlage. Unverändert müssen aber die gravierend gestiegenen Beschaffungskosten der Stadtwerke berücksichtigt werden, was zu immer noch hohen Belastungen für die Kunden führt.
Die Kunden müssen nicht aktiv werden. Die Stadtwerke werden mit der Jahresverbrauchsabrechnung 2022 automatisch die niedrigeren Preise abrechnen.
Die Stadtwerke haben entsprechend der ursprünglich zum 1. November geplanten Preiserhöhung die Abschlagshöhe für die Monate November und Dezember angepasst und die Kunden im September entsprechend informiert, um Nachzahlungen mit der Jahresverbrauchsabrechnung zu vermeiden. Kunden, die damit nicht einverstanden sind, werden gebeten, sich bei den Stadtwerken zu melden und ihren Abschlag reduzieren zu lassen. Eine nochmalige systemische Abschlagsänderung ist derzeit nicht geplant.
Die Bundesregierung hat außerdem eine weitere Maßnahme zur Heizkostendämpfung beschlossen: Die Mehrwertsteuer auf Erdgas wird von 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Umsatzsteuerlich ist der Zeitpunkt der Jahresverbrauchsabrechnung für die Mehrwertsteuer-Festlegung maßgeblich. Das bedeutet, dass mit der Jahresverbrauchsabrechnung für das Jahr 2022 im Januar 2023 der gesamte Abrechnungszeitraum dem reduzierten Mehrwertsteuer-Satz unterliegen wird.
Unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer-Senkung verteuert sich die Gaslieferung zum 1. November für:
- einen Grundversorgungs-Kunden mit einem Jahresverbrauch von 18.000 kWh um 98 Prozent. Der Arbeitspreis steigt von 7,16 ct/kWh (bislang 19 Prozent Mehrwertsteuer) auf 14,83 ct/kWh (neu 7 Prozent Mehrwertsteuer).
- Für einen Erdgas-Plus-Kunden mit einem Jahresverbrauch von 18.000 kWh steigen die Jahreskosten um 122 Prozent. Der Arbeitspreis verteuert sich von 6,31 ct/kWh (bislang 19 Prozent Mehrwertsteuer) auf 14,86 ct/kWh (neu 7 Prozent Mehrwertsteuer).
Die neuen Preisblätter zum 1. November sind auf der Homepage der Stadtwerke veröffentlicht. Das Vergleichsportal Verivox gibt bereits für September einen durchschnittlichen Erdgaspreis von 21,75 ct/kWh an.
Um den Kunden in diesen unsicheren Zeiten ein Minimum an Planungsmöglichkeit zu geben, wagen die Stadtwerke einen Ausblick auf das Jahr 2023 – wobei die Wirkung eines möglichen Strom- und Gaspreisdeckels noch nicht einbezogen werden kann. Ohne diese staatlichen Eingriffe würde sich nach heutiger Marktlage etwa folgendes Bild zeigen:
- Erdgaspreise: Sofern sich die rückläufige Preisentwicklung am Großhandel der letzten zwei Wochen stabilisiert und keine neuen Preisausschläge nach oben erfolgen, stehen die Chancen gut, dass zum Jahreswechsel keine weitere Preiserhöhung notwendig wird.
- Strompreis: Bei heutiger Marktlage müssen die Stadtwerke davon ausgehen, dass zum Jahreswechsel eine deutliche Strompreissteigerung notwendig wird. Die Arbeitspreise werden dann von heute knapp 32 ct/kWh voraussichtlich in Richtung 60 ct/kWh steigen.
Damit wird deutlich, dass den hohen Gaspreisen keinesfalls durch den Einsatz elektrischer Heizlüfter begegnet werden sollte. Zum einen bleibt Strom deutlich teurer als Erdgas. Zum anderen sind das Stromnetz und der deutsche Kraftwerkspark nicht auf eine starke Heizlast bei tiefen Temperaturen ausgelegt und es drohen Netzausfälle, wenn die Verbraucher massenhaft elektrisch heizen würden.
Wichtig: Die hohen Preise an den Energiemärkten spiegeln die physische Knappheit wider, die durch den – mit der Pipeline-Sabotage auch technisch nachhaltigen – Ausfall der russischen Erdgaslieferungen entstanden ist. Hohe Preise allein führen allerdings nicht zu einer besseren Erdgasverfügbarkeit für Deutschland. Daher ist Erdgassparen das Gebot der Stunde, damit die verbleibenden Erdgaslieferungen in Verbindung mit den gefüllten Gasspeichern über den Winter 2022/23 reichen werden. Andernfalls wären massive Einschnitte bei der Lieferung an die Industrie bis hin zum Totalausfall der Erdgasversorgung die drohende Folge. Auch die Haushalte, die sich finanziell einen unveränderten Erdgasverbrauch leisten könnten, sind gefordert, ihr Heizverhalten an die Erdgasmangellage anzupassen.
Tipp: Es muss davon ausgegangen werden, dass die Erdgaspreise nicht wieder auf das alte, niedrige Niveau zurückgehen werden. Damit werden Maßnahmen zur Wärmeverbrauchsreduzierung deutlich wirtschaftlicher sein, als das bisher der Fall war. Geplante Dämmmaßnahmen für Gebäude sollte man deshalb nun angehen.
Text: Stadt Walldorf