Gemeinderat beschließt trotz hoher Kosten die Fortführung der Planung
„Wir müssen vorankommen“, sagt Bürgermeister Matthias Renschler zu den Planungen für das neue Pflegeheim. Denn aktuell hat Walldorf nur noch 58 Plätze im Astor-Stift, aber einen deutlich höheren Bedarf. Abhilfe soll der Neubau mit 100 stationären Pflegeplätzen inklusive einer Demenzstation in Trägerschaft der Astor-Stiftung schaffen, für den es seit dem Abschluss des Architektenwettbewerbs im November 2023 einen Planentwurf gibt. Trotz hoher Kosten hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich die Fortführung der Planung auf den bisherigen Grundlagen und ohne qualitative Einbußen beschlossen. Eine konträre Haltung nimmt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein: Wilfried Weisbrod und Moritz Winnes stimmen gegen das Bündel mit insgesamt neun Beschlussvorschlägen, Nele Böhm und Maximilian Himberger enthalten sich.
Es entstehe „ein sehr qualitätsvolles Haus“, so Stadtbaumeister Andreas Tisch, für das man inzwischen die Vorplanungen abgeschlossen habe. Allerdings zeige die grobe Kostenschätzung ein voraussichtliches Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro. Deshalb habe das Stadtbauamt nach Beratungen im Ausschuss für Technik, Umwelt, Planung und Verkehr sowie im Astor-Stiftungsrat verschiedene Varianten erarbeitet. Diese bieten laut dem Stadtbaumeister zwar „Möglichkeiten für Einsparungen“, gleichzeitig sorgen sie aber auch für „funktionale Einschränkungen“. Am weitesten geht dabei die Variante IV, die auf die 19 im Dachgeschoss geplanten Wohnungen und die Tiefgarage mit 38 Stellplätzen komplett verzichten würde – und dadurch fast 5,4 Millionen Euro einspart. Das erachten die Planer aber als ebenso wenig sinnvoll wie Varianten nur ohne die Tiefgarage (mit Einsparpotenzial von unter einer Million Euro) oder nur ohne die Wohneinheiten (Einsparung rund 4,6 Millionen). Die Wohnungen, so auch die Argumentation der Gemeinderäte, werden dringend gebraucht und müssten an anderer Stelle für deutlich mehr Geld errichtet werden. Auch über eine gänzliche Neuplanung wurde zumindest nachgedacht: Diese hätte allerdings einen Zeitverlust von mindestens einem halben Jahr und zusätzliche Planungskosten von etwa 600.000 Euro bedeutet.
Einsparpotenziale, „um die Kostenentwicklung zu dämpfen“, wurden schließlich im bestehenden Entwurf identifiziert: „Wir haben versucht, das Ganze etwas kompakter zu machen und Flächen rauszunehmen“, sagt Andreas Tisch. Die Qualitäten des Hauses und das Raumprogramm für die Bewohner seien davon aber nicht tangiert. So will man auf eine offene Treppe im Zentrum der Anlage verzichten, einen von zwei Aufzügen einsparen, neun Stellplätze in der Tiefgarage streichen und sie stattdessen oberirdisch einplanen und eine der kleineren Wohnungen im Dachgeschoss entfallen lassen. Trotzdem schaffe man weiter „ein helles Haus mit vielen Tageslichtbereichen und hoher Qualität“. Mit einer Zertifizierung als „Klimafreundliches Wohngebäude mit Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG)“, der der Gemeinderat ebenfalls zustimmt, ist zudem eine Förderung durch die KfW von bis zu 1,7 Millionen Euro möglich. Angesprochen wurden mit dem voraussichtlichen Defizit von zwei Millionen Euro, das das Pflegeheim im jährlichen Betrieb machen wird, und dem Personalbedarf von bis zu 100 Mitarbeitern weitere Probleme, die es noch zu lösen gilt.
„Die CDU steht uneingeschränkt zum neuen Pflegeheim“, sagt Dr. Gerhard Baldes. Zwar sei man über die hohen Kosten „erschrocken“, sehe aber jetzt einen „Kompromiss“, der „deutliche Signale aussendet, dass die Baukosten nicht nach oben schießen dürfen“.
Das Projekt sei „überfällig“ und „Teil der Daseinsvorsorge“, erklärt Manfred Zuber (SPD). Seine Fraktion stehe „weiter uneingeschränkt hinter dem ursprünglichen Beschluss“.
Aus Sicht von Paula Glogowski (FDP) bereiten die hohen Gesamtkosten „uns allen Sorgen“, aber es sei „eine Milchmädchenrechnung“, beispielsweise die Wohnungen an anderer Stelle zu errichten. Trotzdem dürfe der viel zitierte „Walldorf-Standard“ nicht dazu führen, ein „Pflegeheim mit untragbaren Kosten“ zu bauen.
Mihriban Gönenç (Zusammen für Walldorf) sieht in den Vorschlägen gute „Möglichkeiten, die Kosten zu senken“. Wie ihre Vorredner hofft sie, dass man „ausreichend Pflegekräfte“ fürs neue Haus finden wird.
„Unsere Fraktion kann den Beschlussvorschlag nicht mittragen“, formuliert Wilfried Weisbrod die abweichende Haltung der Grünen, die sich, wie er selbst sagt, im vergangenen Jahr noch sehr „glücklich“ gezeigt hatten, dass der Neubau endlich konkret und die Unterversorgung an Pflegeplätzen behoben werde. Jetzt komme man mit Bedauern zu einem anderen Schluss: „Die Kosten sind erschreckend hoch“, sagt er, „50 Millionen sind ein richtig großer Hammer“, auch die Varianten „machen den Bock nicht fett“. Beim Defizit für den laufenden Betrieb werde einem „schwindlig“ und die Beschaffung von Personal werde zur „großen Sisyphusarbeit“, nennt Weisbrod die Beweggründe.
Text und Foto: Stadt Walldorf