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Staatssekretär Murawski antwortet auf Brief von drei Landräten zum Thema Flüchtlinge

15. August 2015 | Allgemeines, Das Neueste

Staatssekretär Klaus-Peter Murawski hat im Namen des Ministerpräsidenten auf den Brief von drei Landräten zum Thema Flüchtlinge geantwortet. Der Brief im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Landrat Dallinger,
sehr geehrter Herr Landrat Dr. Schnaudigel,
sehr geehrter Herr Landrat Dr. Brötel,

auf Ihr Schreiben vom 11. August 2015 an Herrn Ministerpräsident Kretschmann, in dem Sie Ihre Sorge um die große Zahl der Personen, die aus dem Balkan zu uns kommen ausdrücken, möchte ich Ihnen im Namen des Ministerpräsidenten antworten.

Die Kommunalen Landesverbände, die auf dem Flüchtlingsgipfel ebenfalls vertreten waren, werden in all unsere Planungen zur Flüchtlingsarbeit mit einbezogen. Hierbei ist uns eine gute Kommunikation und gemeinsame Sprache zwischen Land und kommunaler Seite besonders wichtig.
Es geht letztendlich darum, dass jeder in seinem Aufgaben- und Verantwortungsbereich alles tut, um auf die bestehende Situation angemessen zu reagieren und die aktuell enorme Herausforderung hinsichtlich Zugangs und Unterbringung von Flüchtlingen zu meistern. Dies hatten wir auch mit dem Flüchtlingsgipfel vermittelt.

Deswegen bin ich befremdet und verwundert darüber, dass Sie uns als untere Verwaltungsbehörde des Landes Verbesserungsvorschläge für den Ablauf des Asylverfahrens in einem offenen Brief über die Medien mitteilen. Wie bitte würden Sie reagieren, wenn z.B. Ihr Erster Landesbeamter auf diese Weise mit Ihnen kommunizieren würde. Ordentliches Verwaltungshandeln sieht jedenfalls anders aus!

murawskiDass ausgerechnet Herr Landrat Schnaudigel als Mitunterzeichner Ihres Briefes eine Beschleunigung des Verfahrens anmahnt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schließlich sorgte Herr Landrat Schnaudigel selbst für erhebliche Verzögerungen im Verfahren, weil er trotz gegenteiliger Hinweise des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Amtschefs des Innenministeriums eine Beschaffung des Röntgengeräts für die Landeserstaufnahme Karlsruhe im Eilverfahren ablehnte. Dies hatte zur Folge, dass erst im September dieses Jahres ein Röntgengerät für diese größte Erstaufnahme zur Verfügung steht und bis dahin aufgrund des Engpasses bei den medizinischen Untersuchungen der Landeserstaufnahme Karlsruhe erhebliche Verzögerungen in der Antragsbearbeitung und Risiken in vorläufigen Unterbringung in Kauf genommen werden mussten.

In der neu gegründeten Lenkungsgruppe, an der wir auch die Kommunalen Landesverbände beteiligt haben, haben wir eine gute und intensive Zusammenarbeit vereinbart. In der Sitzung vom 4. August haben wir bereits konstruktive und lösungsorientierte Ansätze gefunden. Diese gute Gesprächskultur mit der kommunalen Seite sollte nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Landesregierung steht jedenfalls bereit diese gemeinsame Gesprächskultur fortsetzen.

Vorneweg: Unser Hauptproblem ist, wie Sie sicherlich wissen, dass ein Asylantrag durchschnittlich 6,7 Monate braucht, bis er vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschieden wird (BAMF). Unser Ziel ist es nach wie vor, dass wir den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz umsetzen, Personen, die offensichtlich unbegründete Anträge stellen, nicht mehr auf die Kreise zu verteilen. Dieses Ziel haben wir auch beim Flüchtlingsgipfel bekräftigt.

Hierfür müssen Asylanträge aber deutlich schneller bearbeitet werden. Der Bund muss hier seine Anstrengungen verstärken und insbesondere seine Personalgewinnung deutlich beschleunigen. Nur so können wir – wie alle anderen Länder auch – den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz umsetzen und müssen nicht mehr Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, auf die Landkreise und Kommunen verteilen.

Das Land optimiert die Verfahren in den Erstaufnahmestellen weiter. Solange das BAMF Asylanträge nicht in drei Monaten entscheidet, ist ein Verbleib der Flüchtlinge in den Landeserstaufnahmestellen nicht möglich, da die Einrichtungen den Andrang dann nicht mehr bewältigen könnten. Dies würde außerdem der Regelung des Asylverfahrensgesetzes widersprechen, das eine Verlegung aus der Erstaufnahme nach drei Monaten vorsieht. Gleichwohl erarbeiten wir derzeit Lösungen, um einen rechtssicheren Verbleib von Personen ohne Bleiberechtsperspektiven in Aufnahmeeinrichtungen des Landes bis zur Aufenthaltsbeendigung zu gewährleisten. Dies wird aber nur bei optimalen Verfahrensabläufen und einer schnellen Entscheidung durch das BAMF gelingen.

Das Land schiebt Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, konsequent ab und ist dabei das Verfahren weiter zu verbessern. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten zur freiwilligen Rückkehr verstärkt. Wichtig wäre eine zentrale Passbeschaffungsstelle beim Bund, damit Personen ohne Ausweispapiere, was einen Großteil der Fälle entspricht, zügig Rückgeführt werden können. Eine entsprechende Forderung haben wir an die Bundesregierung gerichtet.

Ihrer Forderung, weitere Staaten als sichere Drittstaaten anzuerkennen, stehen wir grundsätzlich offen gegenüber, sofern sie sich als wirksam erweist. Ihnen ist aber sicherlich auch bekannt, dass die uns zugesagte Evaluation seitens des Bundes über die Wirksamkeit einer solchen Anerkennung, die die Ministerpräsidenten bei der Besprechung mit der Bundeskanzlerin eingefordert haben, immer noch aussteht.

Ich habe großes Verständnis für die schwierige Situation der Kommunen. In vielen Punkten, die in dem offenen Brief angesprochen werden, ist das Land bereits aktiv. So haben wir beim Flüchtlingsgipfel ein entsprechendes Maßnahmenpaket geschnürt: Bis zum Jahresende erhöhen wir die Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen um 5.700 Plätze, im nächsten Jahr kommen mindestens 5.000 weitere Plätze hinzu.

Außerdem stocken wir das Landesförderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ um weitere 30 Mio. Euro ab 2016 auf. Damit unterstützen wir die Kommunen weiterhin kräftig bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Die beim Flüchtlingsgipfel angekündigte Lenkungsgruppe, die das Verfahren in der Flüchtlingsaufnahme optimieren soll, hat ihre Arbeit – wie dargelegt – unmittelbar aufgenommen und schon mehr als 1.000 weitere Unterbringungsplätze geschaffen.

Das Land unterstützt die Kommunen verstärkt bei der Unterbringung. So haben wir eine Einigung mit den Kommunalen Landesverbänden in der Frage der kostendeckenden Pauschale für 2014/2015 erzielt. Aufgrund der Dynamik der Flüchtlingszahlen werden wir ab 2016 neue Verhandlungen führen und sichern Ihnen einen fairen Kostenausgleich zu. Von daher kann ich sie nur warnen, für die Zukunft den Weg einer verlässlichen Partnerschaft zu verlassen.

Darüber hinaus haben wir mit zusätzlichen Mitteln ein Programm zur besseren Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt geschaffen. Auch die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit wird durch das Land unterstützt. Seit 2015 hat das Land ein Förderprogramm zur Unterstützung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit aufgelegt.

Die Landesregierung setzt alles daran, die Herausforderung der starken Zunahme der Flüchtlinge der letzten Monate zu bewältigen. Wir bilden zusammen mit dem Bund, den Kommunen, den Landkreisen und Regierungspräsidien, mit der Polizei, den Hilfsorganisationen und den vielen ehrenamtlich Engagierten eine Verantwortungsgemeinschaft. Nur durch die Fortführung eines kontinuierlichen und konstruktiven Gesprächsfadens werden wir in der Lage sein, auch in den kommenden Monaten diese Aufgabe zu meistern.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Peter Murawski“

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