Wiesloch-Schatthausen, 26.06.2019 (rp) – „Denn wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“ heisst es einleitend in der Chronik der evangelischen Kirchengemeinde Schatthausen.
Heute denken viele noch, wenn sie an das Mittelalter denken, an das finstere Mittelalter – an Kriege, Pest, Inquisition. Entgegen der älteren Deutung als „dunkle“ oder „rückständige“ Epoche wird das Mittelalter in der modernen Forschung nun wesentlich differenzierter betrachtet.
Die Ersterwähnung von Schatthausen – 725 Jahre Schatthausen
Es wird vermutet, dass Schatthausen mit dem 795 und 798 im Lorscher Codex Walfolfeshusen genannten Dorf identisch ist. 1294 findet sich erstmals der Ortsname Schadehusen.
Vermutlich an Stelle eines früheren Herrensitzes wurde 1562 durch „die von Bettendorff“ der heutige Ostflügel des Wasserschlosses errichtet. Von 1665 bis 1677 gehörte das Schloss zum Besitz der beiden Brüder Abraham und Adam Gerner von Lilienstein. Ihr Wappen, als Allianzwappen mit von Brüggen, ziert noch heute das Eingangstor zum Schloss.
Anno 1294 – Das Leben im Mittelalter war mehr als nur Ritter, Burgen und Turniere.
Im Mittelalter gab es eine 300-jährige Phase des Friedens und des breiten Wohlstands. Man stelle sich vor, 300 Jahre totaler Frieden in ganz Mitteleuropa. In dieser Phase wirkte ein Geldsystem, was man unter dem Begriff „Fließendes Geld“ zusammenfassen kann. In diesen 300 Jahren ist beispielsweise die Hanse entstanden. Ärmliche Fischerdörfer wurden zu den reichsten Städten jener Zeit, den sogenannten Hansestädte. Durch Rodungen entstanden neue Orte und Städte. Alle grossen Dome und Kathedrale sowie viele Fachwerkhäuser wurden in dieser Epoche erbaut.
Montage waren freie Tage, der sogenannte „blaue Montag“, daher stammt die noch heute gebräuchliche Redewendung: „blau machen“. Über 100 kirchliche Feiertage im Jahr, rauschende Feste mit Tanz, üppige Speisen und Saufgelage mit Minnesängern, Musikanten und Geschichtenerzählern, Gauklern und Zauberern – Eine Zeit des überquellenden Genuss und triefender Lebensfreude.
Die sozialen Unterschiede der Menschen damals waren so ausgeglichen wie Jahrhunderte zuvor und bis heute nicht mehr. Die Menschen erwarben ihren Wohlstand durch Arbeit und nicht durch leistungslose Zinsen. Der Schuldnerschutz hatte Vorrang. Denn das Zinsverbot beruhe auf der Überlegung, dass insbesondere durch Zinseszins ein exponentielles Wachstum eintrete, durch das der Schuldner in den Ruin getrieben werde. Dem Schuldnerschutz dienten deshalb gesetzliche Höchstzinsen, Zinswucher, Zinseszinsverbote und absolute Zinsverbote. Das Zinsverbot des Neuen Testaments findet sich bei Lukas. Er forderte „gebt ein Darlehen, aber erhofft Euch keine Gewinne davon“ (lateinisch Mutuum date, nihil inde sperantes; Lk 6,35 EU).
Im goldenen Hochmittelalter lautete eine Redewendung „Thaler, Thaler, du musst wandern von der einen Hand zur andern“. Der Zeitraum zwischen 1150 und 1450 war in Mitteleuropa eine relatv krisenfreie Zeit, dazu trug die Einführung einer zinsfreien Währung bei, den sog. Brakteaten.
Mit der schrittweisen Einführung des „ewigen Pfennings“ verschob sich die Vermögensverteilung innerhalb weniger Jahrzehnte drastisch. Das finstere Mittelalter zog herauf. Um 1484 Hexenverbrennungen. Die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung verschlechterte sich so starkt, daß es Anfang des 16. Jahrhunderts überall zu blutigen Bauernkriegen kam.
Wochenende im Mittelalter am Wasserschloss Schatthausen
Vom 28. bis 30. Juni 2019 feiert Schatthausen ein Wochenende im Mittelalter, vor der stimmungsvollen Kulisse des Schatthäuser Wasserschlosses, anlässlich der Ersterwähnung von Schatthausen vor 725 Jahren.
Als Auftakt zum „Wochenende im Mittelalter“ lädt die Kultur AG am Freitag, 28. Juni, um 20:30 Uhr (Einlass: 19:30), zu einem Minnesänger-Konzert mit Knud Seckel in den kleinen Innenhof des Schatthäuser Wasserschlosses ein. Schlossherrn von Göler ist es sehr zu danken, dass der Bereich rund um dieses Baudenkmal die stimmungsvolle Kulisse für mittelalterliches Leben und Treiben werden kann. An diesem Abend wird in kleinem Rahmen Minnesang des 13. Jahrhunderts zu hören sein, etwa Stücke von Walther von der Vogelweide oder auch Konrad von Wissenlo. Eintrittskarten zum Preis von 12,94 EUR gibt es im Vorverkauf bei Blumen Fröhlich und Hair Heidi‘s Lifestyle in Schatthausen. Die Anzahl der Eintrittskarten mit Rücksicht auf den Veranstaltungsort sehr begrenzt. Es wird nur Sitzplätze und keine Abendkasse geben.
Offizielle Eröffnung des „Wochenendes im Mittelalter“ von Seiten der Stadt und der Gemeinde ist dann am 29. Juni nach dem Mittagsläuten (12:00 Uhr). Die Kindertagesstätte Sternschnuppe und die Grundschule werden für das Rahmenprogramm sorgen, bevor Teilnehmer und Gäste bis Mitternacht in das Jahr 1294 eintauchen können.
Der Sonntag, 30. Juni, beginnt um 10:30 Uhr mit einem ökumenischen Gottesdienst, danach kann bis 18:00 Uhr Mittelalter erlebt und gelebt werden. Nach aktuellem Stand werden verschiedene Ritter- und Mittelalterlager, ein Badehaus und eine Reihe von Handwerkern zu bewundern sein, siebzehn Schatthäuser Vereine, Gruppierungen und Institutionen sorgen für das leibliche Wohl, die Kinderbetreuung und – zusammen mit dem Mittelalter-Duo ConFilius – für die Unterhaltung.
Um den finanziellen Aufwand zu stemmen, wird samstags und sonntags um einen kleinen Unkostenbeitrag in Höhe von 5 EUR von jedem Gast zwischen 18- bis 79 Jahren gebeten. Darunter und darüber ist der Eintritt gratis.
Lassen wir uns überraschen und verzaubern vom Geist einer vergangenen Epoche.
Lassen wir uns auch inspirieren und unser Interesse wecken und dabei leiten von dem einleitenden Satz: „Denn wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“
Ein besonderer Dank gilt natürlich dem Schlossherren Klaus Göler von Ravensburg, dafür das er der Öffentlichkeit Zutritt auf sein Anwesen gewehrt und somit diese besondere Veranstaltung erst möglich macht. Die Familie Göler von Ravensburg stammt ab von einem alten Kraichgauer Adelsgeschlecht, das der Schwäbischen Reichsritterschaft angehörte und deren Stammsitz, die Ravensburg, bei Sulzfeld in Baden-Württemberg liegt.
Dank gilt auch den vielen Unterstützern insbesondere den Schatthausener Vereinen. Ebenso beispielsweise dem Italienischen Restaurant „La Sorgente“ am Wasserschloss in Schatthausen, für Zweiradfahrer stellt dieses ihre Parkplätze zur Verfügung.
Die Bürger Schatthausens werden aufgerufen ihre Autos und sonstigen Fahrzeuge am Wochenende doch bitte falls vorhanden in Hof oder Garage abzustellen um somit Parkplatzflächen für die auswertigen Gäste zu schaffen.
Mehr Informationen über Schatthausen:
https://www.wiwa-lokal.de/wiesloch-schatthausen/
Text und Fotos: Robert Pastor