Begegnung in der österlichen Bußzeit
Unter diesem Leitsatz hatte der ökumenische Arbeitskreis der Gemeinde St. Laurentius zusammen mit der evangelischen Erwachsenenbildung Rhein-Neckar-Süd die türkisch-islamische Gemeinde Wiesloch am 26.03. 2014 in Kirche und Gemeindehaus St. Laurentius eingeladen.
Diese Einladung und die Begegnung waren Ausdruck echter ökumenischer Gesinnung mit dem Wunsch, über Konfessionsgrenzen hinweg mit möglichst vielen hier in Wiesloch lebenden glaubenden Menschen in Kontakt zu gelangen und so mit allen Mitbürgern friedlich zusammenzuleben.
Der Besuch der Barockkirche St. Laurentius mag für Muslime wie der Eintritt in eine andere Welt erscheinen. Aber davon war während der Ausführungen von Herrn Pfarrer Alexander Hafner über Baustil und Ausstattung der Kirche nichts zu spüren, im Gegenteil: die Anwesenden verfolgten interessiert die Erklärungen von Pfarrer Hafner: Der Baustil des 18.Jahrhunderts war Ausdruck eines kirchlich religiösen katholischen Glaubensgefühls. Eine Kirche als Haus Gottes sollte ähnlich reich geschmückt sein wie der Festsaal eines Fürsten, denn Gott ist der oberste Fürst und für diesen Fürsten ist das Beste gerade gut genug.
Dementsprechend war der Kirchenraum aufgeteilt: Der Hauptaltar als Ort liturgischen Geschehens löste den Fürstenthron ab, aber mit dem Nachteil, dass der Altar vom Volk abgerückt war, die versammelte Gemeinde also nur passiv am Gottesdienst teilnehmen konnte. Die Liturgiereform durch das Vatikanum II (1962-65) korrigierte diesen Nachteil, indem es den Altar möglichst nahe an die Gemeinde heranrückte. Deshalb gibt es jetzt zwei Altäre, aber nur am neuen Altar wird die Liturgie gefeiert. Gleichzeitig wurde die Wortverkündigung am Ambo = Lesepult betont.
Zur Zeit begehen Katholiken die 40-tägige österliche Bußzeit, vergleichbar dem Ramadan. Die violette Farbe des Altartuchs ist ein Zeichen dieser eher ernsten Zeit. Der Gottesdienst während dieser Zeit ist auch etwas nüchterner als sonst z. B. ohne Gloria = Lobgesang und Halleluja (= preiset Jahwe). Erst an Ostern, dem Hauptfest des christlichen Festkalenders, erklingen die Gesänge wieder und da besonders feierlich. Der dritte wichtige Ort neben Altar und Ambo ist das Taufbecken, das dem Haupteingang zugeordnet ist, weil die Taufe Eintritt und Aufnahme in eine christliche Gemeinde ist. Auch den Ausführungen zur Geschichte der Wieslocher katholischen Gemeinde lauschten die Anwesenden sehr aufmerksam.
Das Patrozinium (10.08 ) des hl. Laurentius geht wohl auf das Jahr 1071 zurück. In diesem Jahr wurde die Kirche am Marktplatz zu Ehren des Heiligen eingeweiht. Sie wurde nach der Reformation evangelisch, aber bis 1705 simultan genutzt. Ab dem Jahr 1729 konnte der Bau einer neuen katholischen Kirche auf dem Areal des früheren Schlosses vorangetrieben werden. Denn in dieser Zeit kamen die Augustiner-Eremiten nach Wiesloch, bauten aus den Trümmern des Schlosses eine Klosterkirche, in der dem hl. Augustinus ein Altar gewidmet ist.
Ab 1740 unterhielten die Eremiten ein Hospiz und eine Lateinschule mit 20-30 Schülern. Im Jahr 1802 musste das Kloster auf politischen Druck hin geschlossen werden. Hospiz-Gebäude und Kloster gingen auf dem Versteigerungsweg an die katholische Gemeinde über. Nicht weniger interessant waren die Ausführungen zur Orgel durch den geschätzten Organisten Klaus Löser. Der Baustil Barock und die Orgel sind nicht zu trennen. Zum Festsaal Gottes gehört auch die Königin aller Musikinstrumente, die Orgel. Große Werke der Kirchenmusik entstanden im 17. und 18. Jahrhundert. Die Orgel übernimmt die Aufgabe die Gottesdienste noch feierlicher zu gestalten. Sie dient als Solo- und Begleitinstrument für Chöre und Gemeindegesang. Dann zeigte Herr Löser souverän sein meisterliches Können am Spieltisch. Er entlockte der Orgel die verschiedensten Klangfarben. Begeistert von seinen Ausführungen setzte sich eine junge Muslima spontan auch auf die Orgelbank um das Spielen zu mimen.
Pfarrer Hafner beendete die Führung in der Kirche mit dem Gebet „Christlicher Hymnus auf die Größe Gottes“. Während des Imbisses im Gemeindesaal ergaben sich weiterführende Gespräche. Sie bezogen sich zum Beispiel auf Gebetsschnur und Rosenkranz, sowie auf das Gemeinsame von Christentum und Islam: Den Glauben an einen Gott. Es war eine herzliche Begegnung, die mit der Einladung zu weiteren Treffen endete. Genauso hatten es sich die Mitglieder des Ausschusses für Ökumene gewünscht.
Quelle: Kath. Laurentius Gemeinde