Sehr geehrter Herr Dr. Fechner,
mit großer Enttäuschung müssen wir Ihr Schreiben vom 06.07.2015 zur Kenntnis nehmen und, um es gleich vorweg zu sagen: Auf diesem Weg werden wir Sie nicht unterstützen, sondern vielmehr alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Schließung der Notfallpraxis zu verhindern.
Nachdem der ärztliche Bereitschaftsdienst bereits zum 01.01.2014 erheblich eingeschränkt wurde und nur noch an den Wochenenden vorgehalten wird, wird nunmehr eine weitere Verschlechterung der ärztlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Mittelbereich Wiesloch/Walldorf in Kauf genommen. Leider müssen wir noch einmal auf die Ihnen bereits bekannten Gründe hinweisen:
1. Der Mittelbereich Wiesloch/Walldorf mit rund 100.000 Einwohnern verfügt über kein Akutkrankenhaus. Anstatt dieser Situation Rechnung zu tragen, wird umgekehrt von Synergieeffekten gesprochen, um Notfallpraxen nur noch an Krankenhäusern vorzuhalten. Dies lässt sich den Bürgerinnen und Bürgern im hiesigen Raum nicht vermitteln. Zu Recht wird daher gefragt, weshalb unserer Bevölkerung eine schlechtere Versorgung zugemutet wird.
2. Kranken, die nicht mobil sind wie z.B. älteren Menschen oder Flüchtlingen, ist es kaum möglich, nach Schwetzingen zu kommen. Es gibt keine direkte Verbindung im Öffentlichen Personennahverkehr.
3. Bereits jetzt schon ergeben sich sowohl in den Notarztpraxen, als auch bei Hausbesuchen lange Wartezeiten von mehreren Stunden. Wie soll dies funktionieren, wenn die Notfallpraxis in Schwetzingen auch an Wochenenden für 200.000 Einwohner im ganzen südlichen Rhein-Neckar-Kreis zuständig ist?
4. Wie Sie wissen, ist es uns gelungen, vor einigen Jahren einen Notarztstandort in Walldorf einzurichten. Dafür mussten wir lange Zeit vehement auf die schlechte Versorgungslage im südlichen Rhein-Neckar-Kreis hinweisen. Dieser Notarztstandort hat sich nicht nur bestens etabliert, sondern ist am Rande seiner Kapazitäten angelangt.
Wenn nun auch noch der ärztliche Bereitschaftsdienst abgezogen wird, dann werden mehr und mehr Menschen in ihrer Verzweiflung den Notarzt anfordern, weil sie schlichtweg keine erreichbare Anlaufstelle mehr haben. Die Auswirkungen auf die notärztliche Versorgung wäre dadurch verheerend, weil das Rettungsmittel für akute Notfälle nicht unmittelbar zur Verfügung stünde.
5. Unseres Erachtens wird die demografische Entwicklung nicht ausreichend gewürdigt: Es gibt hier immer mehr ältere und pflegebedürftige Menschen. Allein in Wiesloch und Walldorf gibt es derzeit schon fünf Alten- und Pflegeheime, künftig noch ein weiteres in Frauenweiler. Aber auch in den Nachbarstädten und Gemeinden wie Maisch, Rauenberg und Mühlhausen sind in den letzten Jahren derartige Einrichtungen entstanden.
6. Im Gegensatz zu Kommunen in vielen anderen Landesteilen können sich unsere Gemeinden über ein Bevölkerungswachstum freuen. In allen Städten und Gemeinden des Mittelbereichs steigen die Einwohnerzahlen. Dem tragen die Gemeinden durch die Erschließung neuer Baugebiete Rechnung.
Standortfaktor ist auch unsere gute Infrastruktur und das vorhandene Dienstleistungsangebot. Es würde sich verheerend auswirken und wäre ein absolut falsches Signal, wenn dieses Angebot eingeschränkt würde. Wir müssen Sie daher dringend bitten, die Angelegenheit noch einmal zu überprüfen und den getroffenen Beschluss zu revidieren.
Keineswegs sind wir an einer Konfrontation interessiert, müssen aber zum Wohle unserer
Bevölkerung — wie bereits eingangs angekündigt — alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Sie zur Umkehr zu bewegen. Auf diesem bewährten Weg, der den Erhalt der Notfallpraxis Wiesloch dauerhaft vorsieht, werden wir Sie dann gerne begleiten.
Wir senden dieses Schreiben auch an Frau Ministerin Altpeter, die Abgeordneten unseres Wahlkreises sowie Herrn Landrat Dallinger mit der Bitte, unser Engagement zu unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Franz Schaidhammer Christiane Staab
Oberbürgermeister Wiesloch Bürgermeisterin Walldorf