SAP Sinfonieorchester gibt grandioses Konzert in der voll besetzten Astoria-Halle
Für einen fulminanten und beschwingten musikalischen Start ins neue Jahr sorgte das SAP Sinfonieorchester in der Astoria-Halle. Es ist zur schönen Tradition geworden, dass das Neujahrskonzert zusammen mit dem Förderverein des Hospiz Agape veranstaltet wird. Der Eintritt war frei, alle Spenden kamen den Hospiz in Wiesloch zugute. Im Vorfeld konnten sich interessierte Konzertbesucher auch bei zwei Filmvorführungen über die Arbeit des Hospizvereins informieren.
Das Publikum im voll besetzten Saal konnte sich unter dem Motto „Femmes Fatales“ auf mitreißende Walzer- und Polka-Klänge, Ouvertüren und Arien aus Operetten und Opern freuen. Neben dem groß besetzten SAP Sinfonieorchester hatte Dirigent Martin Spahr die Sopranistin Kerstin Bauer mit ins Boot geholt. Zunächst begrüßte Hartmut Beck, zweiter Vorsitzender des Hospiz-Fördervereins, das Publikum und zeigte sich sehr erfreut über den großen Andrang. Auch Bürgermeister Matthias Renschler freute sich in seiner Begrüßung über das große Publikumsinteresse, was für die hervorragende Arbeit des SAP Sinfonieorchesters und des Hospiz-Förderverein spreche. Christian Stumpf, Geschäftsführer des SAP Sinfonieorchesters, zeigte sich ebenfalls hoch erfreut über das volle Haus, zumal das Programm bereits zwei Tage zuvor auch in Wiesloch erklungen war.
Nun aber hatte die Musik das Sagen. Schwungvoll wurde der Abend mit der Ouvertüre zur Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß eröffnet. Die Brillanz, der melodische Reichtum und die rhythmischen Pikanterien dieser erfolgreichen Operette werden in ihrer Ouvertüre wie in einem Brennglas zusammengefasst. Das Orchester spielte mit Verve und großer Musizierfreude. Die heiteren Melodien sorgten sogleich für gute Laune. Dirigent Spahr leitete nicht nur souverän das Orchester, sondern führte auch eloquent und humorvoll durch das Programm. Der Abend stehe unter dem Motto „Femmes fatales“, was keineswegs despektierlich gegenüber den Damen gemeint sei. Es gehe eher darum, ein Gefühl zu beschreiben, einen Zustand ähnlich dem, wenn man plötzlich einem neuen Jahr begegnet. Denn „Femmes Fatales“ und ein neues Jahr teilen laut Spahr drei Gemeinsamkeiten: Sie bergen Geheimnisse, sind unberechenbar und bieten Nervenkitzel und Vorfreude auf unbekannte Abenteuer.
Zunächst durfte sich das Publikum aber im Dreivierteltakt wiegen und in den schönsten Walzerklängen von Strauß‘ „Frühlingsstimmen-Walzer“ schwelgen. Dann wurde es mit Felix Mendelssohn-Bartholdys Konzert-Ouvertüre „Die schöne Melusine“ dramatischer. Im gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm verführt eine schöne Unbekannte, ein mystisches Meer-Wesen, einen armen jungen Mann. Nach einem lyrischen Beginn, in dem die Melodie ausschließlich von den Bläsern intoniert wurde, schwebten die Streicher gleichsam wie Meereswellen darüber. Die friedliche Atmosphäre wurde plötzlich von aufwühlenden, dramatischen Staccati der Streicher durchbrochen. Die Stimmung kippte ins tragische-düstere Moll. Hämmernde Rhythmen und fallende Streicherfiguren beschrieben das Entsetzen und die Enttäuschung des jungen Mannes.
Als Hanna Glawari im „Vilja-Lied“ aus Franz Lehárs Operette „Die lustige Witwe“ sorgte Sopranistin Kerstin Bauer für Begeisterung. Vilja, das Waldmägdelein, das „so küsst wie kein irdisches Kind“, verführt einen jungen Jägersmann und verlässt ihn dann wieder. Mühelos füllte Bauer mit ihrer ausdrucksstarken Stimme die Astoria-Halle. Wunderbar und überzeugend gelang es ihr, die lyrische Emphase des Vilja-Liedes lebendig werden zu lassen. Es gebe Opern, da werde jeder jedem zum Verhängnis, wie in Georges Bizets „Carmen“, erklärte Spahr. Carmen ist in der Tat eine „Femme fatale“, verdreht dem braven Soldaten Don José den Kopf, verlässt ihn dann wieder für den Torero Escamillo. Während in der Arena Escamillos Sieg bejubelt wird, ersticht José Carmen aus Eifersucht. Schon mit den ersten Takten der Ouvertüre katapultierte das Orchester das Publikum aus dem winterlich-frostigen Walldorf in die Hitze Südspaniens. Feurige Leidenschaft, flammende Emotionen, glutvolles Temperament und große Gefühle – all das brachte das SAP Sinfonieorchester in rasanten Tempi, schwungvoll, mit sattem Klang und abwechslungsreicher Dynamik zum Klingen. Das Publikum wurde von dieser explosiven Mischung der Leidenschaften mitgerissen.
Zu jedem Neujahrskonzert gehörten Walzer-Vergnügen und Polka-Freuden, erklärte Spahr, aber für das Programm „Femmes fatales“ habe er nach einem Werk mit etwas Subtext gesucht. Fündig geworden ist Spahr bei einem der berühmtesten Ballette Peter Tschaikowskis: „Schwanensee“. Zu hören waren die Einleitung und die Coda aus dem „Pas de deux“ des Prinzen mit dem schwarzen Schwan. Die sonore Melodie, die sonst eher Bratschen und Celli spielen, übernahmen die Geigen in sehr tiefer Lage. Plötzlich brach sich eine schwungvolle Polka Bahn, denn der Prinz hatte erkannt, dass jemand ein falsches Spiel spielt, und der schwarze Schwan wurde hinauskomplimentiert.
Es heiße ja „Diamonds are a girl‘s best friend“, so Spahr, das habe sich wohl auch Charles Gounod gedacht, als er seine Oper „Faust“ schrieb. Denn er ergänzte Goethes Vorlage und sein Gretchen, seine „Marguerite“, bekommt Juwelen geschenkt, um überzeugt zu werden. In der „Juwelen-Arie“ konnte Kerstin Bauer wieder ihr außergewöhnliches Können unter Beweis stellen. Strauß‘ schnelle Polka „Eljen a Magyar!“ – was „Es lebe der Ungar“, aber auch „Es lebe die Ungarin“ bedeuten kann – spielte das SAP Sinfonieorchester feurig und leidenschaftlich und ließ die Funken nur so sprühen. In der berühmten Arie „O mio babbino caro” aus Giacomo Puccinis Oper „Gianni Schicchi“ überredet Lauretta ihren Vater, der Ehe mit ihrem geliebten Rinuccio zuzustimmen. Tue er das nicht, wolle sie sterben. Traumhaft schön und anrührend verlieh Kerstin Bauer der verliebten Lauretta ihre Stimme.
Begeistert klatsche das Publikum beim „Höllengalopp“ aus Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ im Takt mit. Eigentlich wollte sich das Orchester mit diesem Werk verabschieden, aber das begeisterte Publikum hatte noch nicht genug. Mit stehenden Ovationen, frenetischem Applaus, Fußgetrampel und Bravo-Rufen forderte es eine Zugabe und bekam sogar zwei. Kerstin Bauer erfreute das Publikum mit „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus Franz Lehárs „Giuditta“. Nahtlos fiel das Orchester dann in den finalen „Rausschmeißer“, den „Radetzky-Marsch“, ein. Das Publikum riss es bei so viel Herzblut und Verve wortwörtlich von den Stühlen. Alles klatschte begeistert mit und bedankte sich am Schluss überschwänglich für dieses mitreißende und Funken sprühende Neujahrskonzert.
Text: Carmen Diemer-Stachel
Foto: Pfeifer