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Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu Besuch in Wiesloch

1. Oktober 2015 | Das Neueste, Mauer, OB-Wahl-2015, Photo Gallery

„Dass Kai das gut macht, darauf verwette ich ein Ministergehalt“

 

Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu Besuch in Wiesloch

 

kretschmannundkaiNach einer musikalischen Einstimmung durch „The Scones – Little Kurpfalz-Cover-Band“ begann die politische Begegnung unter dem Motto „Was und antreibt“ mit einer Begrüßung durch Oberbürgermeisterkandidat Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr MdL, der eingeladen hatte. Schon zu Beginn betonte er, wie wichtig eine bürgernahe Politik sei: „Ich habe verschiedene Formate angewendet, um mit Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, ins Gespräch zu kommen – so habe ich auch immer wieder Gäste und Experten aus Bund und Land zum Austausch nach Wiesloch eingeladen, wie auch heute Abend.“ Moderiert wurde von Musiker und Komponist Bernhard Bentgens aus Heidelberg, der das Publikum mehrfach zum Lachen brachte, aber auch sachorientierte Fragen gezielt stellte und somit das Gespräch der beiden Politiker gekonnt lenkte.

Zunächst berichtete der Ministerpräsident, der 1984 selbst einmal für das Amt des Oberbürgermeisters in Leinfelden-Echterdingen kandidiert hatte, von seinen Erfahrungen in ebendiesem Wahlkampf: „ Ich habe damals nicht einmal die 10%-Schallmauer durchbrochen; ich war kein Kommunalpolitiker und hatte damit keine Erfahrung. Dieser Wahlkampf war ein ganz anderer als alle anderen, die ich geführt habe: Eine OB-Wahl ist ganz klar eine Personenwahl. Da geht es nicht um Parteipolitik.“ Kai Schmidt-Eisenlohr fügte hinzu: „Die Aufgaben eines OB haben sich stark verändert. Wo früher nur verwaltet wurde, muss jetzt auch gemanagt, moderiert und gestaltet werden. Dazu muss man mit allen Gruppierungen und Beteiligten sprechen und dabei auch ein klares Wertegerüst vorweisen.“ Kretschmann führte noch aus, man brauche als OB vor Allem kommunikative Fähigkeiten und gute Nerven, „und die hat Kai.

2015-09-29_Kai-Schmidt-Eisenlohr-und-MP-Winfried-Kretschmann_EMF3865Schmidt-Eisenlohr betonte, wie wichtig es für ihn sei, stabile und langfristige Mehrheiten zu schaffen, die Veränderungen nachhaltig mittragen. „Eine Politik des ‚Gehörtwerdens’ lohnt sich immer“, so Schmidt-Eisenlohr. Man müsse sich immer mit allen Interessen auseinandersetzen, um zukunftsfähige Entscheidungen treffen zu können. 

Das könne man nur durch eine intensive Bürgerbeteiligung erreichen. 

kreschmann2-2015aaBesonders müsse man sich bemühen, Perspektiven zu hören, die im Gemeinderat nicht genügend repräsentiert seien. So plant Schmidt-Eisenlohr konkret, den von ihm mitgegründeten Jugendgemeinderat zu stärken, einen Kinderrat einzuführen und dem Migrantenbeirat neues Leben einzuhauchen, aber auch, die eine oder andere relevante Entscheidung durch einen Bürgerentscheid zu fällen.

Kretschmann führte aus, wie relevant es sei, sich als OB vor Ort in der Gemeinde auszukennen. „Man muss wissen: Meine Gemeinde, wer ist das? Was gibt es da für Strömungen?“ Mit folgenden Worten des Freiherr von Stein fuhr der Landesvater fort: „Die Seele der Kommunalpolitik ist die Kenntnis der örtlichen Verhältnisse.“ Nur so können ein OB der optimale Ansprechpartner und Vertreter für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sein. Die aktuelle Situation in Wiesloch betreffend umriss Schmidt-Eisenlohr zunächst die Problematik: „Wir haben über die letzten Jahre hinweg risikoreich investiert und dadurch nicht nur an Kapital, sondern auch an Vertrauen verloren.“ Dem müsse man jetzt mit konkreten Vorstellungen und Zukunftsplänen entgegenwirken. 

Exemplarisch betrachtete er die Finanzpolitik und die Innenstadtentwicklung, zwei Kernthemen seines Wahlkampfs. In der Wirtschaft habe er viel gelernt, das er jetzt umsetzten könne. Es sei wichtig, den Firmen als Antwort auf ihre Frage keine Rückmeldung zu geben, die drei neue Fragen aufwerfe, sondern eine konkrete Lösung für ihr Problem. Unternehmensbehandlung sei „Chefsache“ – nur so könne die Unternehmenssteuer wieder zu Wieslochs stärkster Einnahmequelle werden. Zusätzlich müsse man sich um die Unternehmensansiedlung kümmern. Der Plan, ein Großunternehmen in Bahnhofsnähe anzusiedeln, sei gescheitert – und man müsse sich von ihm verabschieden. Es sei Zeit für neue Ideen und kleine und mittelständige Unternehmen, sowie ein Gründerzentrum. Die Innenstadtentwicklung betreffend müsse man sich besonders von der Vorstellung lösen, es gehen hierbei nur um baurechtliche Fragen. „Quartiere brauchen nicht nur Baugenehmigungen, sondern besonders auch Visionen. Da muss es jemanden geben, der weiß, wo es hingehen soll.“

 

kretschmann2015Kai Schmidt-Eisenlohr habe der Ministerpräsident immer als dynamischen Abgeordneten erlebt, der sich sehr schnell in neue Themenbereiche einarbeiten könne: Als hochschulpolitischer Sprecher bekleide er ein äußerst wichtige Amt in der Landespolitik, das anspruchsvoll und komplex sei und eine große Herausforderung darstelle, die Schmidt-Eisenlohr jedoch hervorragend gemeistert habe. Auf die Frage, ob es bitter sei, Kai in Stuttgart zu verlieren, antwortete der Landesvater gelassen: „Wenn Kai das schafft, wovon ich überzeugt bin, ist das auf jeden Fall ein Verlust – aber ein süßer.“ Die Arbeit im Landtag mache ihm schon Spaß, so Schmidt-Eisenlohr, aber im Herzen sei er immer Kommunalpolitiker geblieben. Die Nähe zu den Menschen und das direkte Feedback am Tag nach der Gemeinderatsentscheidung auf der Straße sei einfach eine viel unmittelbarere und offenere Erfahrung. 

Schmidt-Eisenlohr hat in Wiesloch seinen Lebensmittelpunkt, und das schon lange. „Ich habe hier langjährig eine Vertrauensbasis aufgebaut – sowas fällt nicht einfach vom Himmel.“

 

Sehr wichtig sei der Rückhalt in der Familie, ob als OB oder als Ministerpräsident, so Kretschmann. „Das ist ein anderer Bezugsrahmen, und das ist wichtig. Man muss auch Mensch bleiben dürfen.“ Für Schmidt-Eisenlohr ist das besonders eine Frage der Dosierung. Man müsse als OB immer an der Front und präsent sein – man müsse wissen, „was los ist in der Stadt“. Gleichzeitig könne man nicht alle Termine wahrnehmen. Zeit mit seiner Familie zu verbringen sei auch für ihn sehr wichtig, um wieder zur Ruhe zu kommen und Ausgleich zu finden. 

„Bei Terminen ankommen – Foto machen – nächste Veranstaltung: Das war noch nie was für mich. Dadurch ist man zwar präsenter, aber langfristig ist das nicht sinnvoll. Die Leute merken, wenn sie nicht ernst genommen werden.“ Man müsse sich stattdessen bewusst für einige wenige Termine entscheiden, und diese dann intensiv begleiten: „Die Vereine schätzen das wert. Das mache ich auch jetzt als Abgeordneter schon so: Dann bin ich eben nicht jedes Jahr auf dem Vereinsfest, aber wenn ich da bin, dann richtig. Dabei entstehen konstruktive und spannende Gespräche, die für mich immer wertvoll waren und bleiben werden.“

 

kreschmannmitkai2-2015aaAbschließend gab es noch einige spannende Fragen aus dem Publikum, unter anderem eine sehr zugespitzte Frage die Flüchtlingslage betreffend, die von den beiden Politikern jedoch sehr souverän beantwortet wurde. Schmidt-Eisenlohr erklärte kurz und auf den Punkt

gebracht: „Im Endeffekt ist es doch so: Niemand flieht freiwillig. 

Diese Menschen haben ihre Heimat verloren, und zunächst einmal müssen wir ihnen helfen. Natürlich muss eine Alternative für die Kreissporthalle gefunden werden – und zwar im Interesse sowohl der Sportler als auch der dort untergebrachten Flüchtlinge.“

 

Als letzten Ratschlag gab der Landesvater dem OB-Kandidaten – selbst aktiver Handballer –  noch mit auf den Weg, bei der Integration der Flüchtlinge auf die Sportvereine zu setzen. „Im Sport gelten die Regeln international gleich, über Landes- und Sprachgrenzen hinweg.“ Ansonsten brauche Schmidt-Eisenlohr keine Tipps. „Dass Kai das gut macht, darauf verwette ich ein Ministergehalt.“

 

Nach Ende der Veranstaltung bedankte sich Schmidt-Eisenlohr bei allen Beteiligten und den zahlreich erschienenen Anwesenden. Sowohl dem Ministerpräsidenten als auch dem Moderator gab er ein kleines Präsent mit auf den Weg: Eine CD der Wieslocher Stadtkapelle, auf der Schmidt-Eisenlohr passenderweise das Lied mit dem Titel „Wir haben schon jeden Berg geschafft“ singt.

 

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