Gemeinderat gibt dem Bürgermeister Entscheidungsfreiheit
Das Technologie- und Gründerzentrum InnoWerft kann künftig flexibler agieren, wenn es um seine Beteiligungen an Start-ups geht. Denn die Mehrheit des Gemeinderats hat jetzt den Bürgermeister ermächtigt, den Veräußerungen von Beteiligungen (ebenso auch einer Begründung) zuzustimmen, ohne dass dazu vorher ein Gemeinderatsbeschluss erfolgt sein muss. Diese Entscheidung fiel bei vier Gegenstimmen der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Das hat nichts mit der Person des Bürgermeisters zu tun“, machte Wilfried Weisbrod für die Grünen deutlich. „Aber wir wollen einer weiteren Abgabe von Kompetenzen des Gemeinderats entgegenzutreten.“
Hintergrund für die Entscheidung war ein Vorstoß des Geschäftsführers der InnoWerft. In der Begründung dafür heißt es, Verhandlungen über Unternehmensverkäufe seien allgemein sehr komplex. Über den Verkauf werde meist bis in die Nacht vor der notariellen Beurkundung verhandelt, zum Teil sogar stundenlang beim Notar. Es sei in dieser Konstellation ohnehin schwierig, eine Zustimmung einzuholen. Per E-Mail könne das noch geschehen, aber mit den notwendigen Verfahrensweisen einer Gemeinderatssitzung sei dieser Vorgang „völlig unpraktikabel“, so die Sicht der InnoWerft. Gleiches gelte für das Eingehen solcher Beteiligungen. Die betreffenden Startups würden durch den Beirat, dem auch Mitglieder des Gemeinderats angehören, mitbegutachtet und entsprechend werde der Geschäftsführer beraten. In der Gesellschafterversammlung ist neben der Stadt Walldorf, deren einziger stimmberechtigter Vertreter der Bürgermeister ist, und der SAP (die jeweils zu 42,5 Prozent am Technologie- und Gründerzentrum beteiligt sind) auch das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Forschungszentrum Information (FZI) Karlsruhe (15 Prozent), abstimmungsberechtigt. „Bei einem positiven Votum der SAP und des FZI hat der Beschluss ohnehin Bestand, da mit einfacher Mehrheit beschlossen wird“, erklärt die InnoWerft.
Die Veräußerung einer Beteiligung sei bislang dreimal gelungen, so die InnoWerft. In diesen Fällen lagen die Erlöse der InnoWerft bei 100.000 bis 130.000 Euro. In der Praxis sei der Verkauf von Start-up-Beteiligungen in frühen Phasen „sehr schwierig“, deshalb suche man immer wieder „aktiv Gelegenheiten“. Grundsätzlich sieht die InnoWerft sich nicht als „Unternehmensbeteiligungsgesellschaft“. Die Beteiligung an den Start-ups sei ein Instrument zur Refinanzierung des Technologie- und Gründerzentrums aus Erträgen, die durch die erbrachten Leistungen für die Start-ups bei der Veräußerung der Anteile generiert werden. Das sei neben der Einwerbung von Fördermitteln und der Deckung von Ausgaben aus dem eingebrachten Kapital die dritte Säule der Unternehmensfinanzierung. „Bisher sind die Beteiligungsverkäufe jeweils nach der Einschätzung des Geschäftsführers verlaufen“, heißt es seitens der InnoWerft.
„Der Gemeinderat wird informiert, sobald es möglich ist“, sagte Kämmerer Boris Maier in der Sitzung. In der Vergangenheit seien diese Beschlüsse ohnehin „in der Regel mit kompletter Mehrheit“ erfolgt. Deshalb spreche aus Verwaltungssicht auch nichts dagegen, dem Bürgermeister die Ermächtigung zu übertragen.
„Das hat viel mit Vertrauen zu tun“, erklärte Dr. Gerhard Baldes (CDU), das habe man in den Bürgermeister, deshalb könne seine Fraktion zustimmen.
„Der Geschäftsführer ist am tiefsten in der Materie. Dessen Expertise wird der Bürgermeister nicht links liegen lassen“, erteilte Manfred Zuber die Zustimmung der SPD-Fraktion.
„Wir machen das, damit wir schnell sind“, meinte Fredy Kempf für die FDP, die keine Bedenken habe, dem Bürgermeister die Ermächtigung zu erteilen.
Wilfried Weisbrod sagte noch, er traue dem Gemeinderat zu, „binnen drei Tagen eine Sitzung zu machen“.
Für Bürgermeister Matthias Renschler selbst bietet sich die InnoWerft für eine solche Ermächtigung an. „In anderen Dingen ist es mir auch lieber, wenn der Rat mit entscheidet.“
Text: Stadt Walldorf