„Man muss miteinander reden“ – Dr. Cornelie Jäger zu Besuch im Tom-Tatze-Tierheim
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Auf Einladung des Grünen Landtagsabgeordneten Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr besuchte die Landestierschutzbeauftrage von Baden-Württemberg Dr. Cornelie Jäger am 22.06. das Tom-Tatze-Tierheim Walldorf.
Nach einer gemeinsamen Begehung des Tierheims mit dem ersten Vorsitzenden des Tierschutzvereins, Volker Stutz, fand ein Gesprächs- und Diskussionskreis statt: Schmidt-Eisenlohr, der 1995 gemeinsam mit seiner Gymnasialklasse den Wettbewerb um die Benennung des neuentstehenden Tierheims gewann und so dem Tom-Tatze-Tierheim mit seinen Namen gab, begrüßte zu Beginn die Anwesenden, darunter auch verschiedene Vertreter der umliegenden Ordnungsämter sowie der Polizei und des Veterinäramts.
Cornelie Jäger begann mit einem fachlichen Input und legte dabei den Fokus auf den kommunalen Tierschutz, konkret auf die vier Themengebiete Fundtiere, Streunertiere, Zirkustiere und Tauben. Beim Thema Fundtiere, so Jäger, müsse man besonders allgemeinen Richtlinien hinterfragen und den Unterschied zwischen ausgesetzten und entlaufenen Tieren hervorheben – ein Tier sei im Fundmoment nur ein Anscheinsfundtier.
Bei der Fundtierfinanzierung müsse man nicht unangemessen, aber dennoch großzügig, vorgehen, um die Tierschutzvereine vor Ort zu entlasten. Bewährt habe sich besonders die Drittelfinanzierung zwischen Land, Kommune, und Tierheim. Das Streunerproblem sei in Deutschland, ganz im Gegensatz zu südeuropäischen Ländern, weniger durch Hunde als durch Katzen geprägt: Auf 50 Einwohner komme demnach eine verwildert lebende Hauskatze – zwar seien die meisten kastriert, aber ständiger Zuzug von außen lasse die Populationen dennoch stetig anwachsen.
Die Katzenschutzregelung in der Landestierschutzgesetzesänderung von 2013 könne von den Kommunen nach ihren Bedürfnissen eingesetzt werden: So könne beispielsweise im Umkreis von Katzenverwilderungs-„Hot-Spots“ eine Katzenkastrationspflicht beschlossen werden. Die sei zwar problematisch, da es sich um einen Eigentumseingriff handele, dennoch aber ein möglicher sinnvoller Schritt; man müsse aber im Einzelfall gute Begründungen finden. Wichtig sei, sich erst mit der bestehenden verwilderten Katzenbestand zu befassen und anschließend Maßnahmen festzulegen.
Die Zirkustierproblematik betreffend haben die Kommunen laut Jäger zwei Möglichkeiten – über die Flächenverpachtung und über Wildtierverbote gegenzusteuern. Hier gelte natürlich das Verhältnismäßigkeitsprinzip, aber da man gewisse Tierarten nicht sicher im Zirkus halten könne, sei dies durchaus möglich. Hier müsse man die Ordnungsämter, besonders in kleinen Gemeinden, intensiver unterstützen und auf ihre Möglichkeiten hinweisen.
Zum Stadttaubenproblem gebe es bereits ein sehr gutes Konzept: Die Bundesarbeitsgruppe Tauben habe eine Paketlösung ausgearbeitet. Man müsse die Tauben an Schläge binden, konsequent Eier austauschen und die Bevölkerung zur Mitarbeit animieren, besonders was die Unterlassung der Fütterung außerhalb des Schlages betreffe.
Zusammenfassend unterstrich Jäger die Relevanz des gegenseitigen Austauschs: „Man muss miteinander reden, verschiedene Informationen austauschen und nutzen.“ Konkret schlug sie vor, das Amt eines/einer Tierschutzbeauftragten auf kommunaler Ebene ins Leben zu rufen; bei regelmäßigen runden Tische mit Ordnungsämtern, Veterinäramt, örtlichen Tierärzten und Tierschutzvereinen könne die Gemeinde so zu aktuellen Themen fachlich kompetent Stellung nehmen und Impulse sammeln.
Anschließend übernahm Volker Stutz das Wort. Nach einer kurzen Vorstellung des Tierschutzvereins stellte er die vielschichtigen Aufgaben und Problematiken des Tierheimbetriebs dar. Relevant sei, die Verträge zwischen Tierheim und Kommunen von zu überarbeiten: die Kastration freilebender Katzen sowie das Listenhundeproblem sei 1997, als die Verträge geschlossen wurden, noch nicht Thema gewesen und daher jetzt nicht vertraglich geregelt. Auch könne sich die Aufnahme beschlagnahmter Tiere nicht zu Lasten der Tierheime auswirken; besonders die steigende Tendenz sei hier problematisch. Wünschenswert sei außerdem ein kommunaler Notfallfonds, der das Tierheim entlastet.
In einer anschließenden Diskussionsrunde wurden verschiedenartige Fragestellungen aufgeworfen und besprochen, beispielsweise das konkrete Walldorfer Katzenproblem oder die allgemeinere Frage, wer überhaupt ein Tier kaufen dürfe. In Baden-Württemberg dürfe, so Jäger, jeder alles halten – bis auf besondere kommunale Regelungen.
Ein Sachkundenachweis beim Hundekauf wie zum Beispiel in Niedersachsen sei nicht von Nöten, doch das solle sich möglicherweise ändern. Das niedersächsische Vorbild funktioniere hervorragend; das zweiteilige Modell bestehe aus einer theoretischen Prüfung vor Erwerb des Hundes, und einer praktischen sechs Monate später gemeinsam mit dem Hund.
Wichtig sei, dass sich Menschen mit dem Tier auseinandersetzen, bevor sie es kaufen. Auch eine Heimtierschutzverordnung sei in Vorbereitung; aktuell sei der Heimtierbereich nur durch das Tierschutzgesetz geschützt, und hier müsse sich etwas ändern.
Für ein erfolgreichen Tierschutz sei es wichtig, auf allen Ebenen qualifiziertes Personal einzustellen; man brauche zusätzlich zu den Tierärzten auch Juristen, Sachbearbeiter und Veterinärhygienekontrolleure – eine neugeschaffene Ausbildung analog zum Lebensmittelkontrolleur.
Gegen Ende bedankte sich Schmidt-Eisenlohr noch einmal für die spannende Gesprächsrunde, besonders für die vielen konkreten Vorschläge und Ideen. Dies sei sicherlich nicht die letzte Veranstaltung ihrer Art gewesen, so Schmidt-Eisenlohr zum Abschluss.
Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr MdL
Fraktionssprecher für
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