In Baden-Württemberg befinden sich über 90.000 Baudenkmale, darunter oft Objekte, die die ersten ihrer Art waren. Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart stellt drei dieser Kulturdenkmale mit Innovationskraft vor.
Regierungspräsidentin Susanne Bay sagte: „Um innovative und einzigartige Kulturdenkmale zu finden, muss man nicht weit suchen – diese gibt es auch vor der eigenen Haustür. Denn was viele nicht wissen: Kulturdenkmale in Baden-Württemberg können durchaus mit der internationalen Konkurrenz mithalten.“
Skilift am Gasthof Schneckenhof in Eisenbach
Im Schwarzwald befindet sich bei Eisenbach der Gasthof Schneckenhof im Schollachtal. Unterhalb des Gasthofs liegt eine kleine unscheinbare Hütte, bei der es sich um eine der vielen inzwischen stillgelegten Hofmühlen handelt. Was den meisten jedoch unbekannt sein dürfte: Hier versteckt sich der erste patentierte Skilift der Welt.
Im Winter 1906/07 richtete der Schneckenwirt Robert Winterhalder an dieser Stelle eine wasserbetriebene „Verrichtung zum Aufziehen von Schneeschuhläufern, Rodlern u.s.a. auf Berghänge“ ein, wie es das damalige Gebrauchsmuster bezeichnet.
Bis 1924 war die rund 280 Meter lange Anlage in Betrieb, die Vorbild für abertausende Schlepplifte in Skigebieten der ganzen Welt wurde. Die technische Anlage der Talstation ist heute noch in Teilen vorhanden. „Der Schneckenhof mit seinem Skilift ist ein eindrucksvolles Zeugnis für die Anfänge des Fremdenverkehrs vor dem Ersten Weltkrieg im Hochschwarzwald sowie für den Erfindungsreichtum in der Region, in der durch die Tradition des Uhrmacherhandwerks der Umgang mit mechanischem Gerät und die Ausnutzung der Wasserkraft weit entwickelt waren“, berichtet Dr. Martin Hahn, Landeskonservator am LAD.
Der „erste Skilift der Welt“ beschert dem Gasthof beziehungsweise Kurhaus somit eine Pionierrolle in der Entwicklung des Wintersports und ist von hoher technikgeschichtlicher Bedeutung. „Das Kulturdenkmal ist ein einzigartiges, hochbedeutendes Zeugnis der Sport- und Tourismusgeschichte sowie der Erfindungsgabe und des Tatendrangs des Landes“, so Hahn.
Heliotrop Freiburg
Vom Wintersport zur Sonnennutzung: Seit diesem Jahr ist das sogenannte Heliotrop ein neues, junges Kulturdenkmal. Das 1994 in Freiburg im Breisgau erbaute Solarhaus ist das erste Plusenergiehaus der Welt. Der Architekt Rolf Disch entwarf es als sich zur Sonne drehendes Solarhaus mit einer großen Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung sowie Röhrenkollektoren zur Warmwasser- und Heizungsversorgung. Unter Berücksichtigung des Treibhauseffektes wendet sich das Haus an heißen Tagen von der Sonne weg und an kalten zur Sonne hin. Die Zimmer dieser drehbaren Säule sind spiralförmig angeordnet. Für die optimale Energieeffizienz kommen eine Verglasung beziehungsweise Isolierung des in Holzbauweise errichteten Turms, die Nutzung von Regenwasser, Komposttoiletten sowie eine Schilfkläranlage hinzu.
„Das Heliotrop ist ein mit vielen Ideen ausgestatteter, innovativer und preisgekrönter Beitrag zur Entwicklung des ökologischen Bauens in den 1990er Jahren“, erzählt Martin Hahn, es lege äußerst anschaulich Zeugnis davon ab, dass man in dieser Zeit die aktive und passive Sonnenenergienutzung sowie weitere ökologische Ideen in den Hausbau einfließen lassen und damit auf die endlichen fossilen Energieressourcen antworten wollte. „Das Bauwerk von Rolf Disch im sonnenverwöhnten Südwesten Deutschlands ist überdies ein vielbesuchtes Anschauungsobjekt für Planer in aller Welt und ein erprobter Beitrag für die aktuelle Energiedebatte im Bauwesen“, berichtet der Landeskonservator.
Carl Benz‘ Gartenhaus mit Steingarage in Ladenburg
Das dritte Beispiel ist Zeugnis einer der Kernindustrien des Landes: das geliebte Automobil. Von 1904 bis 1929 bewohnte Carl Benz mit seiner Familie eine stattliche Villa am Rande der Altstadt von Ladenburg. Im zugehörigen Park ließ Bertha Benz 1910 ein Gartenhaus in Gestalt eines mittelalterlichen Wehrturms errichten. Carl Benz nutzte dieses Gebäude als Arbeitsraum, wo er sich für ungestörte Arbeit im „Homeoffice“ zurückziehen konnte. Im Erdgeschoss befindet sich ein zweiflügeliges Holztor, hinter dem sich eine Garage verbirgt. Benz stellte dort sein Lieblingsauto vom Typ Viktoria aus dem Jahr 1893 unter, sodass das Gartenhäuschen als die älteste Steingarage der Welt bezeichnet werden kann. „Als Erinnerungsstätte für einen bedeutenden und weltbekannten Erfinder ist das Anwesen nicht nur für die Ladenburger Stadtgeschichte von Bedeutung, sondern es ist auch ein wichtiger Zeuge der deutschen Automobilgeschichte“, sagt Dr. Martin Hahn.
Die Reihe ließe sich sicher fortsetzen, denn Baden-Württembergs Kulturdenkmale sind vielfach Innovationsmotoren gewesen. Gut, dass man sich mit den baulichen Zeugen daran erinnern kann.
Quelle: Wissenschaftsministerium BW