„Es ist wirklich schön in Walldorf, ich komme gerne wieder“, sagt der Autor Martin Muser nicht nur einmal, nachdem er seine zweite Lesung in der Astoria-Halle vor Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums beendet hat. Seine Begeisterung über den gelungenen Auftritt ist nicht gespielt, Muser freut sich wirklich über das positive Feedback der Schüler und die vielen Fragen, die sie ihm bei beiden Lesungen stellen. Auch Barbara Grabl, Leiterin der Stadtbücherei, die zusammen mit ihrer Stellvertreterin Vanessa Weigering gekommen ist, strahlt und freut sich schon jetzt auf ein mögliches Wiedersehen in Walldorf.
Die beiden Lesungen wurden durch die Unterstützung der Stadtbücherei und Freunde und Förderer des Gymnasiums Walldorf ermöglicht. Lehrer Jonas Rehm von der Fachschaft Deutsch hat die Veranstaltung organisiert und dankt den Kooperationspartnern, ohne die solch eine Lesung nicht möglich wäre. Es ist das erste Mal seit 2019, dass wieder eine Lesung für die Schüler in der Astoria-Halle stattfindet, und das erste Mal, dass auch die sechsten Klassen dabei sind. Autor Martin Muser liest zuerst vor den Sechstklässlern aus „Kannawoniwasein! Manchmal muss man einfach verduften“, seinem ersten Kinderbuch, das 2018 erschienen ist, wie Muser zu Beginn verrät. Das habe sein Leben verändert und er habe seitdem nicht mehr aufhören können, Kinder- und Jugendbücher zu schreiben. Er erinnert sich auch an seine erste Lesung in Berlin, ebenfalls 2018, in einer kleinen Buchhandlung. „Ich bin gestorben vor Aufregung“, gibt Muser zu. In Walldorf sei das nun seine 250. Lesung, ein Raunen geht durch den Saal, für viele Kinder offenbar eine unvorstellbare Zahl. Muser liest drei Kapitel aus „Kannawoniwasein“ vor, in dem es um die beiden Kinder Finn und Jola geht, die sich unterwegs kennenlernen und eine abenteuerlich-skurrile Reise nach Berlin erleben.
Muser gestaltet seine Lesung sehr unterhaltsam, verstellt bei unterschiedlichen Charakteren seine Stimme. Da sprechen eindeutig die 250 Lesungen aus ihm, die Kinder haben offenbar viel Spaß und hören aufmerksam und interessiert zu. „Wollt ihr noch ein Kapitel?“, fragt Muser nach dem ersten Kapitel, wohlwissend, dass aufmerksam zuhören auch anstrengend sein kann. Das Feedback der Kinder ist eindeutig: Ein langgezogenes „Ja“ lässt keine Zweifel offen, dass die Lesung gut ankommt. Auch nach dem zweiten Kapitel wollen die Kinder nach erneuter Nachfrage des Autors mehr von ihm hören.
Anschließend können sie ihre Fragen an Martin Muser stellen. „Wie sind Sie auf die Idee zum Buch gekommen“ („Ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 2012 gab den Anstoß“), „Sind Sie reich?“ (Ja, ich fühle mich reich“) und „Warum sind Sie Autor geworden?“ („Weil ich Geschichten so gerne mag“) wollen die Kinder unter anderem wissen und Martin Muser gibt bereitwillig Antwort. Er spricht überraschend offen über seinen Verdienst als Autor von Romanen und Drehbüchern (letztere seien wesentlich lukrativer) und gibt Auskunft über seine Herangehensweise, wenn er ein Buch schreibt. Sein Angebot, Bücher zu signieren, wird von zahlreichen Kindern angenommen, schnell hat sich eine Schlange vor dem Autor gebildet, der geduldig jeden Signierwunsch erfüllt.
Wer Zuschauer beider Lesungen ist, erlebt einen harten Schnitt, da muss auch der Autor sich erst einmal umstellen, wie er zu Beginn seiner Lesung vor den achten Klassen zugibt. Nun liest er aus seinem Jugendbuch „Weil.“ vor, eine Geschichte, die von zwei Filmen inspiriert worden sei. Wer „Funny Games“ und „Texas Chainsaw Massacre“ kennt – unter den Jugendlichen sollte es niemand sein, da beide Filme erst ab 18 Jahren freigegeben sind – ahnt, es handelt sich nicht um leichte Kost. In „Weil.“ bekommt es eine Gruppe Abiturienten mit drei Männern zu tun, die in ihr Ferienhaus eindringen und die Gruppe psychisch und physisch unter Druck setzt. Eine konkrete Begründung für die Handlungen der Männer bleibt aus – der Titel „Weil.“ gibt darüber Auskunft, wie der Autor später verrät. Härtere Szenen aus dem Buch lässt Muser bei seiner Lesung aus, „auch in solch einem Buch muss man heutzutage Triggerwarnungen angeben“, verweist er auf den sensibleren Umgang mit der Leserschaft. Auch von den Jugendlichen will Muser wissen, ob sie noch mehr hören wollen und auch sie bejahen seine Frage. „Warum gibt es Gewalt?“, die Frage beschäftige ihn, gibt der Autor im Anschluss Auskunft darüber, warum er solch eine dunkle Geschichte geschrieben habe. Die Figuren habe er eher „kühl charakterisiert“, er habe beim Schreiben stets gefragt: „Wie würde ich in der Situation handeln?“, beantwortet Muser Fragen aus dem Publikum. Auch die Fragen nach seinem Lieblingsort zum Schreiben („Büro“) und wie Szenen einer Geschichte entstehen beantwortet der Autor gerne: „Ich mache einen Fahrplan und entwerfe Szenarios.“ Die Handlung entwickle er vor dem eigentlichen Schreiben relativ genau.
Ob es schwer sei, sich mit dem Schreiben von Büchern „über Wasser zu halten“, will ein Schüler genau wissen. Muser lacht und sagt, dass er durch das Schreiben von Drehbüchern für Filme und Serien zum Glück nicht so genau auf den Erfolg seiner Bücher achten müsse. Das nehme auch Erfolgsdruck weg. Einen Apell hat Martin Muser noch, bevor er sich von den Schülern verabschiedet: „Wenn ihr Lust habt, Autor oder Autorin zu werden, macht es auf jeden Fall. Es ist ein toller Beruf.“
Text und Fotos: Stadt Walldorf