Kleinkunst in familiärer Atmosphäre
Vor dem Startschuss für das Walldorfer Zeltspektakel, das vom 30. August bis 10. September auf dem Gelände an der Grillhütte neben dem Tierpark mit einem bunten Kleinkunst-Programm über die Bühne geht, hat sich das Team der städtischen Öffentlichkeitsarbeit vor Ort zum Interview mit Organisator Jürgen Vogel getroffen. Eine etwas kürzere Fassung des Gesprächs findet sich übrigens als Online-Video auf den städtischen Social-Media-Kanälen bei Facebook und Instagram.
Jürgen Vogel, endlich wieder Zeltspektakel. Gibt es dieses Jahr noch Corona-Einschränkungen oder wieder das volle Programm?
Jürgen Vogel: Dieses Jahr gibt es auf alle Fälle das volle Programm. Corona-Einschränkungen sind derzeit weder vorgeschrieben noch vorgesehen. Natürlich gucken wir trotz alledem danach, dass unsere Gäste sicher und wohlbehalten hierher- und auch wohlbehalten wieder nach Hause kommen.
Was erwartet die treuen Stammgäste und die neuen Besucher, die das erste Mal den Weg zum Zeltspektakel finden?
Jürgen Vogel: Es gibt schon ein paar Änderungen, was das Zeltspektakel insgesamt angeht. Da wäre zum einen, dass wir wieder einen Gastronomen haben, David Sainz-Rueda, den ich noch aus Jump-Zeiten von vor vielen Jahren kenne. Damals war er jünger, ich auch, heute ist er Gastronom und Caterer und wird mit seinem Team, dem Sabroso Catering, die Gastronomie hier rocken. Darauf freue ich mich riesig. Es gibt spanische Leckereien. Sabroso heißt ja auch wohlschmeckend, lecker.
Welche Erfahrungen habt ihr aus der Light-Version im vergangenen Jahr fürs diesjährige Zeltspektakel mitnehmen können?
Jürgen Vogel: Es ist natürlich so, dass wir uns erst mal neu organisieren mussten, dass wir auch vieles im Hintergrund anpassen mussten. Wir haben aus der Light-Version definitiv mitgenommen, dass wir das auch für unsere Gäste alles noch mal entspannter machen. Wir haben eine tolle Gastronomie, wir haben uns aber überlegt, dass es auch Charme hat, wenn man sich die Dinge direkt selbst bei der Küche abholt. Das heißt, es wird wie letztes Jahr Selbstbedienung geben. Da konnten wir das unverhofft ausprobieren und das hat ja auch gut funktioniert. Alles, was Bewegung bringt, ist ja auch gut. Da trifft man plötzlich auf Leute, die man, wenn man nur am Tisch sitzt, nicht getroffen hätte.
Wie sehr haben die Corona-Unwägbarkeiten die Planungen erschwert?
Jürgen Vogel: Massiv. Wir haben ja letztlich erst mit der Freigabe so richtig anfangen können, als wir dann auch Sicherheit hatten, dass das Zeltspektakel stattfinden kann – vorher können wir keine Verträge unterschreiben. Solange nichts in trockenen Tüchern ist, kann man auch nicht mit der Werbung anfangen. Das diesjährige Zeltspektakel war letztlich das Ergebnis aus vier Monaten Arbeit. Normalerweise haben wir gut ein Jahr Vorlauf. Das Ganze war schon sportlich.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Organisation?
Jürgen Vogel: Die größte Herausforderung war letztlich, innerhalb von zwei Tagen ein – wohlgemerkt zwar vorbereitetes – Programm zusammenzustellen, das dann auch terminlich passt. Selbst wenn man mit den Künstlern und Agenturen vorher gesprochen hat, reden die natürlich auch mit anderen. Ob die unverbindlichen Aussagen dann noch Gültigkeit haben, wenn man Tacheles redet, ist immer so eine Sache. Aber das hat funktioniert und das freut uns auch. Wenn ich mir das Programm heute angucke, dann sind wir da schon stolz darauf – dass zum Beispiel ein Poet und Wortakrobat wie Sven Kemmler mit hier sein wird. Das sind Leute, die haben einfach auch etwas zu sagen. Lachen sollte zumindest auch zum Nachdenken anregen. Und das tut Sven Kemmler in bester Manier.
Mit Kemmler und anderen gibt es wieder ein tolles Kleinkunstprogramm. Ein Vater liebt ja alle seine Kinder. Hast du trotzdem einen oder zwei Favoriten?
Jürgen Vogel: Die Antwort auf die Frage fällt mir natürlich schwer. Ich mag sie alle. Trotz alledem gestehe ich, dass ich unfassbar beeindruckt war von Laura Braun, der diesjährigen Förderpreisträgerin des baden-württembergischen Kleinkunstpreises, den sie vor zwei Monaten verliehen bekommen hat. Das ist schon ein absolutes Highlight. Eine junge Liedermacherin, bei der ich mir sicher bin, dass in einigen Monaten, Jahren die Leute sagen: Wie? Die? Die habe ich doch schon in Walldorf beim Zeltspektakel gesehen. Und zwar, bevor sie berühmt wurde. Ich bin überzeugt davon, dass Laura Braun ihren Weg gehen wird – weil sie eine tolle Liedermacherin ist, tolle Texte hat und tolle Musik, und diese auch mitbringt ins Zirkuszelt nach Walldorf.
Da sind wir richtig gespannt. Musik ist das richtige Stichwort. Denn für den bunten Rahmen rund um die Kleinkunst sorgt neben dem „Waldrestaurant auf Zeit“ auch die allabendliche Live-Musik, die, wenn es die Waldbrandgefahr zulässt, am Lagerfeuer spielt.
Jürgen Vogel: Einerseits hoffen wir natürlich, dass das Wetter das zulässt. Das setzt aber voraus, dass ein bisschen Regen kommt – der Natur täte das natürlich gut. Wir freuen uns aber vor allem auf die Late-Night-Musik. Und wenn es dieses Jahr vielleicht kein Lagerfeuer geben kann, aus bekannten Gründen, dann haben wir einfach ohne Lagerfeuer viel Spaß. Das heißt ja auch: Wenn kein Lagerfeuer, wenn es bis dahin nicht geregnet hat, dann ist es ja auch nach wie vor warm, und das hat ja auch sein Gutes.
Kann vom Zeltspektakel 2022 eine Botschaft ausgehen?
Jürgen Vogel: Da muss man vorsichtig sein. Ich glaube, Kultur als solche kann ganz viel. Sie kann den Menschen viel geben und den einzelnen Menschen auch zum Nachdenken animieren. Das Programm ist aber immer so ausgelegt, dass es eine gute Mischung ist. Deshalb: Wenn wir es schaffen, am Ende der Sommerferien die Menschen, die hier waren, mit guter Stimmung und hochmotiviert in den Spätsommer und Herbst zu geleiten, dann würde ich sagen: Mehr geht nicht.
Mit der schon 21. Auflage vor der Brust: Was ist deine schönste Erinnerung ans Zeltspektakel?
Jürgen Vogel: Eine schwierige Frage. Es sind unfassbar viele Momente, Begegnungen, nicht nur mit Künstlern, sondern Begegnungen hier mit unseren Gästen. Was ich immer wieder großartig finde, ist, dass das Forum 84 seit der ersten Stunde mit dabei ist und immer mit dazu beiträgt, dass das Zeltspektakel gut wird und zu dem geworden ist, was es ist. Was auch immer ein Highlight ist: auf vor allem junge Künstler zu treffen. Ich erinnere mich an die Zucchini Sisters und an Wildes Holz. Das sind zwei Formationen, die nicht nur einmal da waren, die dann aber tatsächlich auch gemeinsam hier aufgetreten sind. Zu erleben, wie junge Künstlerinnen und Künstler in ihrer Leidenschaft hier aufgehen und wie sie die Atmosphäre im Zirkuszelt genießen, das ist immer wieder etwas Besonderes.
Was macht für dich persönlich den besonderen Reiz des Zeltspektakels aus?
Jürgen Vogel: Ich glaube, der Reiz des Zeltspektakels ist letztlich, dass man alljährlich hier zusammenfindet, wieder zusammenkommt, weil es ganz viele Menschen sind, die uns seit Jahren treu sind. Da kommen natürlich auch immer wieder neue Menschen hinzu, die von einem begeistert sind: nämlich von der familiären Atmosphäre hier, von dem entspannten Miteinander, davon, dass wir doch alle eine lange Zeit hatten, in der wir uns nicht austauschen konnten, nicht persönlich treffen konnten. Ich glaube, dass dieses Jahr auch zum Tragen kommen wird, dass wir endlich wieder Menschen gegenüberstehen und mit Menschen direkt reden können, Spaß haben können, uns austauschen können. Auch vielleicht mal über das eine oder andere diskutieren können, sicher auch über Themen wie darüber, was die Zukunft so bringen wird, ob das das Klima oder vielleicht auch die Politik betrifft. Das gehört sicher auch dazu, dass man sich da austauscht. Und was ist besser als sich auszutauschen? Tragisch ist, wenn man sich nicht mehr trifft und diese Orte nicht mehr existieren würden, wo man sich in einer netten Atmosphäre besprechen und seine Argumente austauschen kann.
Ein schönes Schlusswort. Jürgen Vogel, vielen Dank für das Interview. Wir drücken die Daumen für gut besuchte, unterhaltsame Kleinkunstabende.
Text und Foto: Stadt Walldorf