Spannende Nominierung für die Landtagswahl im Wahlkreis Wiesloch – Gabriela Lachenauer wird Ersatzkandidatin
Norbert Knopf will bei der Landtagswahl im März das Direktmandat für die Grünen im Wahlkreis Wiesloch zurückholen. Bei der Nominierung in St. Leon-Rot setzte er sich mit 27 Stimmen knapp gegen seine Mitbewerberin Gabriela Lachenauer (25 Stimmen) durch, die im folgenden Wahlgang als Ersatzkandidatin gewählt wurde.
Im ‚Harres‘ in St. Leon-Rot begrüßt Vorstandsmitglied Daniel Rupprecht vom Kreisverband Odenwald-Kraichgau auch im Namen des Nachbarkreisverbandes Kurpfalz-Hardt zahlreiche Mitglieder und Gäste. Der Verfahrensvorschlag zur Durchführung der Wahl, präsentiert von Sitzungsleiterin Monika Schroth, findet Zustimmung, das Los entscheidet, wer den Anfang macht.
Norbert Knopf (52) beginnt seine Bewerbungsrede mit Erich Kästners „Es gibt nichts Gutes außer man tut es.“ Bei den Grünen aktiv ist der in Mannheim geborene Diplomchemiker und Sozialpädagoge seit jenem Juliabend im Jahr 2011, als sich, wie er selbst sagt: „ein Dutzend Leute in meinem Keller trafen, um den Grünen Ortsverband St. Leon-Rot zu gründen“. Anlass war der geplante Bau einer Umgehungsstraße um St. Leon.
„Eine Straße, die mehr Verkehr anzieht und kaum Entlastung vom Durchgangsverkehr bringt, dafür aber ein Naherholungsgebiet zerstört, hat keine Berechtigung mehr in der aktuellen Zeit“, findet der überzeugte Radpendler. Der überwiegende Teil des Verkehrs sei hausgemacht und davon finde der größte Teil im Kurzstreckenbereich statt.
Ein Lückenschluss für den Radverkehr vor Ort sei zwar gelungen, doch der weitere Ausbau des regionalen Radnetzes gehe über den Horizont der einzelnen Gemeinde hinaus. „Hier bedarf einer landesweiten Initiative, darauf würde ich gerne hinarbeiten.“ Als DAS Grüne Thema schlechthin stellt er den Klimaschutz in den Mittelpunkt. „Keine andere Partei kann uns hier auch nur annähernd das Wasser reichen.“ Die Landespolitik sieht er auf einem guten Weg: Alle Landesgebäude werden Zug um Zug energetisch saniert, alternative Energien gefördert. Leider sei hier der Bund der große Bremser. „SPD und CDU reden zwar gern über Klimaschutz, im Handeln sieht man aber davon wenig“, stellt Norbert Knopf fest und schickt hinterher: „Die Solarbranche wurde an die Wand gefahren und bei der Windenergie sieht es nicht besser aus. Nur die absterbende Kohleindustrie wird noch unterstützt. Das ist zum wahnsinnig werden, aber auch eine Energiequelle für mich. Ich möchte nicht, dass dieser Unsinn weiter betrieben wird. Wir brauchen die Energiewende und zwar gestützt auf mehrere Quellen, um den Klimawandel zu bekämpfen.“ Bei regionalen Energieprojekten könne ein Ort alleine nur begrenzt etwas erreichen. Daher will er eine Koordination von mehreren interessierten Orten durch das Land erreichen.
Zusätzlicher Antrieb fürs politische Engagement sind seine beiden Kinder, durch die für ihn auch die Schulpolitik in den Vordergrund gerückt ist. Die Einführung der Gemeinschaftsschule bezeichnet er als wichtigen Schritt. „Die Idee des gemeinsamen und selbstverantwortlichen Lernens über die gesamte Schulzeit ist eine klare Absage an das Prinzip der Auswahl und Notenfixierung. Wenn wir verantwortungsbewusste Bürger haben wollen, dann müssen wir das schon bei der Bildung berücksichtigen.“ Die Förderung der Gemeinschaftsschulen habe unter der CDU stark gelitten, bedauert er und schickt hinterher: „Die CDU hängt immer noch der Idee an, dass nur mit Konkurrenz und Druck gute Schüler erzeugt werden.“
Bildung dürfe nicht vom Einkommen abhängen, fordert er. „Wir haben hier in St. Leon-Rot erfolgreich für einen höheren Zuschuss der Gemeinde an den Kinderbetreuungsgebühren gekämpft.“
Digitalisierung und Datensicherheit bezeichnet er als Dauerbaustelle. Das Land müsse hier weiterhin den Ausbau der Infrastruktur zur Daseinsvorsorge vorantreiben. Auf Landesebene will er sich dafür einsetzen, dass die Gemeindeordnung mehr Möglichkeiten zur Nutzung des Internets auch für Live-Übertragungen von Gemeinderatssitzungen zulässt.
„In der Flüchtlingskrise waren es die Grünen, die für eine menschenwürdige Unterkunft und für Sozialarbeiter zur Integration gekämpft haben. Unser Antrag für die Integrationsmanager wurde dann auch nach einigem Zögern umgesetzt“, freut sich der Gemeinderat. Auf Landesebene will er sich für eine Verstetigung der Förderung einsetzen, um die Integration in eine vielfältige Gesellschaft dauerhaft zu ermöglichen.
Gesundheitspolitik im Sinne des Konzepts „Health in All Policies“, also Gesundheit in allen Politikbereichen, nennt Norbert Knopf als Herzensprojekt. Hier kennt sich der Mitarbeiter einer großen Krankenkasse auch besonders gut aus. Er will die Krankenhausplanung zukunftssicher gestalten, Standorte im ländlichen Raum erhalten und die Bedingungen in der Pflege verbessern. Sowohl bei der Stärkung der Geburtszentren als auch bei der Ausgestaltung des Rettungsdienstgesetzes will er sich einbringen. „Beide Aktionen entlasten auch die Ärzte und haben eine Signalwirkung für den ganzen Care-Bereich. Dies ist notwendig, um auch zukünftig eine flächendeckende ärztliche Versorgung aufrecht zu erhalten.“
Auch der ehemalige Landtagsabgeordnete Kai Schmidt-Eisenlohr, der zu den Grünen Ortsverbänden engen Kontakt gepflegt und auch darüber hinaus regionale Netzwerke geknüpft hatte, nimmt an der Versammlung teil.
„Wir brauchen wieder diesen Draht nach Stuttgart“, betont Gabriela Lachenauer (56) bei ihrer Bewerbungsrede. Die Augenoptikermeisterin aus Wiesloch engagiert sich als Gemeinderätin und in verschiedenen Initiativen vor Ort. Sie lobt den Kommunaltag, zu dem die Landtagsfraktion Anfang Februar alle Räte und Rätinnen eingeladen hatte. Damit die Grünen wieder das Direktmandat erreichen, will sie mit einem engagierten Landtagswahlkampf unterschiedliche Wählergruppen ansprechen und für Grüne Themen begeistern.
Die Mutter eines erwachsenen Sohnes will sich für mehr Gleichberechtigung von Frauen und Männern einsetzen. Die Verantwortung der Sorgearbeit müsse besser gewürdigt werden und Frauen – besonders alleinerziehende – mehr Unterstützung erfahren, damit sie den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen. Um mehr Frauen ins Landesparlament zu bekommen will sie auch die Forderung nach einer Landeswahlrechtsreform in Baden-Württemberg erneuern. Für mehr soziale Gerechtigkeit will sie außerdem eine Reform der Sozialbürokratie auf Landesebene initiieren, um Hilfsangebote zu bündeln und Antragsverfahren zu vereinfachen. Sie schließt mit den Worten: „Als Langstreckenläuferin bin ich es gewohnt, mit guten Gedanken und langem Atem weit zu kommen.“
Die Fragerunde moderiert Edith Wolber, Ersatzkandidatin im Wahlkreis Sinsheim, gewohnt souverän. Unter anderem geht es um die Gemeinderatsarbeit, um Windkraft, die Tarife bei Fahrten im Übergang der Verkehrsverbünde RNV und KVV, einen zeitgemäßen Bildungsplan, die Erweiterungspläne des SV Sandhausen sowie um Wunschausschüsse und Wunschkoalitionen. Als das Ergebnis der Abstimmung der 52 anwesenden Wahlberechtigten bekannt gegeben wird, gibt es viele freudige, aber auch enttäuschte Gesichter.
Norbert Knopf und Gabriela Lachenauer ergänzen sich gut und wollen den Wahlkampf nun mit viel grüner Energie gemeinsam bestreiten.