(cb) Seit geraumer Zeit habe ich ein neues Hobby: Mindestens dreimal täglich muss ich den Papierkorb meines Mail-Programms leeren. Es ist wie ein Zwang, dem ich mich nicht entziehen kann.
Es fing eigentlich nicht besonders spektakulär an. Eines Tages öffnete ich
wie gewohnt mein E-Mail-Programm, um allmorgendlich vor Arbeitsbeginn meine E-Mails zu checken. Doch, was musste ich feststellen? Auf einem Freemail-Account von mir liefen gerade an die 50 E-Mails ein. Alle hatten im Betreff irgendwas mit „Failure Mail Daemon“ stehen. Ein Dämon? Auf meinem Rechner? Schlagartig war ich wach.
Der Inhalt der ersten noch gelesenen Mails war, dass ich irgendeinem Menschen eine Mail obskuren Inhalts geschickt hätte, und eine automatisierte Internet-Maschine mailte mir gerade zurück, dass dem Empfänger, aus welchen Gründen auch immer, meine E-Mail nicht zugestellt werden könnte. Die Adressaten waren mir übrigens gänzlich unbekannt. Leise beschlich mich das Gefühl, dass sich da jemand meines E-Mail-Accounts bemächtigt haben könnte.
Beim Einloggen via Internet auf meinen Account dann der nächste Schock: Er war gesperrt – und zwar mit dem Vermerk. „Wir haben Ihr E-Mail-Postfach gesperrt, weil wir davon ausgehen müssen, dass Ihre E-Mail-Adresse nebst Passwort von einem fremden Programm ausgespäht worden ist.“ Na toll, dachte ich, habe ja sonst nichts zu tun den ganzen Tag.
Die flugs angerufene Hotline bestätigte mir meinen Verdacht, gab mir viele
schlaue Tipps und erklärte mir, dass das alles gar nicht so schlimm sei. Na,
die haben leicht reden! Lapidar meinte der nette Herr an der Hotline, dass
ich mich ja trösten könne, ich bekäme ja nur die Rückläufer, die nicht
zugestellt werden konnten. Kalter Schweiß brach mir aus – schließlich war das meine Mail-Adresse, die ich bei allen Bestellungen im Internet und auch bei diversen Elternabenden verbreitet hatte. Hoffentlich bekamen die jetzt nicht von meiner Adresse aus irgendwelche schwachsinnigen Mails mit Angeboten für Potenzmittel oder gar diverse eindeutige Angebote, vielleicht eine Einladung zum Spielen. Mein ohnehin ramponierter Ruf als alleinerziehende Mutter wäre damit endgültig dahin.
Folge: Ich verbrachte einen kompletten Tag damit, meinen Rechner zu checken, um dem bösen Trojaner Herr zu werden, der sich Dank meines internetsüchtigen Sohnes in unser Netzwerk eingeschlichen hatte und löschte Mails, was das Zeug hält. Und zwar final, was gar nicht so einfach ist. Außerdem musste ich mein Hirn martern, und sämtliche Passwörter, die ich jemals irgendwo im Internet für diverse Bestellungen generiert hatte, ändern. Mal ehrlich, wissen Sie noch, wo und bei wem Sie in den letzten Jahren alles was online bestellt haben? Kurzum, der Tag war gelaufen.
Seitdem laufen mindestens einmal am Tag drei Antiviren-Programme, bringen meinen armen alten Rechner schwer zum Schnaufen, und checken ihn gnadenlos durch. Zusätzlich habe ich noch sämtliche verfügbare Firewalls hochgezogen. Nach dem Motto: Jungs, zieht euch warm an, wenn ihr das nächste Mal an meinen Rechner wollt!
Und mein grummelnder Sohn hat seitdem einen eigenen Router nebst eigenem Anschluss, reduziertem Taschengeld sowie drastisch reduzierten Rechnerzeiten.
Spam-Mails, die ich früher im Mail-Programm einfach nur in den Papierkorb verschoben hatte, lösche ich jetzt final, indem ich anschließend sofort den Papierkorb leere. In der Zeit, bis dieser verdammte Papierkorb-Ordner endlich leer ist, hole ich mir für meine angeschlagenen Nerven einen Kaffee. Was meinem Nervensystem auf Dauer auch nicht wirklich gut tut.
Neulich bekam ich schon wieder solche komischen Mails, diese Mal bei einer beruflichen Mailadresse. Raten Sie mal, womit ich den Tag verbrachte?
Übrigens: Sollten Sie jemals von meiner Mail-Adresse aus eine Mail bekommen, in der Sie zu unzüchtigen Handlungen aufgerufen werden, Potenzmittel kaufen sollen oder Ähnliches: Ich wars nicht – ehrlich!