Wiesloch. Der Traum vom gemeinsamen Lernen von Hauptschülern, Realschülern, Gymnasiasten, zusammen mit Inklusionskindern und Flüchtlingskindern mit Sprachbarrieren ist bei vielen ausgeträumt. Gerade mal 8% der Schüler mit Gymnasialempfehlung werden von den Eltern in Gemeinschaftsschulen angemeldet. Die anderen gehen gleich auf das Gymnasium.
Aber auch die anderen Kinder besuchen lieber die ihrer Leistungsfähigkeit angemessene Schule, wenn es sie wie in Wiesloch mit einer Realschule (Bertha-Benz-Realschule) und Förderschulen (Albert-Schweitzer-Schule und Tom-Mutters-Schule) im Angebot gibt. Warum also in Wiesloch noch eine eigene Gemeinschaftsschule bauen, die nach neuesten Berechnungen – ich meine Hoffnungen – „nur“ 17. Mio. Euro kosten wird? Über die erheblichen zusätzlichen laufenden Kosten gegenüber dem bisherigen Schulangebot ist bisher von der Stadt nichts zu hören. Der raum- und arbeitsintensive Unterricht mit Wahlfreiheit der Schüler, Feedbackkultur, Lerntagebuch und neuen Regeln der Leistungsmessung – so schön das alles auch sein mag – wird mehr und mehr und wurde zu recht auch von Bernd Lang (FDP–Stadtrat) bei der letzten Gemeinderatssitzung in Frage gestellt. Auch bei den meisten anderen Parteien im Gemeinderat scheinen allmählich Zweifel an dem Konzept und vor allem an der Finanzierbarkeit nach dem Kassensturz bei der Klausurtagung aufzukommen. Die Stadt hat nämlich erstmals deutlich offenbart, dass für die bestehenden Schuleinrichtungen ein Investitionsstau bis 2030 von ca. 18 Mio. € besteht und der Schuldenstand von heute 70 Mio. € bis im Jahr 2030 auf über 160 Mio. € steigen wird. Doch die Stadt beharrt auf der Einhaltung der getroffenen Gemeinderatsbeschlüsse.
Nachdem in nächster Umgebung die Gemeinden Dielheim, Mühlhausen, Leimen und St. Leon-Rot ihr Schulangebot möglicherweise durchaus sinnvoll, wegen fehlender anderer Angebote, mit Gemeinschaftsschulen erweitert haben, stellen die Freien Demokraten die Frage: Braucht Wiesloch dann auch noch eine weitere Gemeinschaftsschule? Walldorf hat das für sich – sicher aus gutem Grund – verneint.
Ohne Zweifel stehen die Stadt und der Gemeinderat vor einem Dilemma. Letzterer hat 2013 die Gemeinschaftsschule beschlossen und 2016 den Beschluss auch nochmals bestätigt, allerdings unter anderen Voraussetzungen. Jetzt die Reißleine zu ziehen, bedeutet mit Sicherheit einen Vertrauensverlust bei vielen Eltern, Schülern und Lehrern. Aber die jetzt erkenntlichen geringeren vorhandenen Finanzmittel auf einen Schultyp zu konzentrieren und bei allen anderen Schulen zukünftig ständig den Rotstift ansetzen zu müssen ist noch weniger vertrauenserweckend, vor allem aus Sicht der FDP nicht zu verantworten. Manchmal ist es besser, den Mut zu haben, Entscheidungen zu korrigieren, als mit den Folgen zu leben. Daher: lieber Ausbau des vorhandenen Schulangebots und keine Gemeinschaftsschule in Wiesloch!
Rüdiger Haas 1. Vorsitzender FDP Wiesloch-Südliche Bergstraße