Arbeit am Wald der Zukunft
Der Klimawandel bleibt ein Thema „das unseren Wald prägt, auch für die nächsten Jahrzehnte“, sagt Philipp Schweigler. Der Leiter des Forstbezirks Kraichgau-Rheintal erklärt aber auch: „Der Umgang mit der Krise ist unser tägliches Geschäft.“ Gemeinsam mit dem neuen Revierleiter Achim Freund, Nachfolger des langjährigen Försters Gunter Glasbrenner, stellt Schweigler dem Gemeinderat die Bewirtschaftungs- und Betriebsplanung für das Forstwirtschaftsjahr 2024 vor. Die wird, einem Defizit von rund 200.000 Euro zum Trotz, einstimmig genehmigt. Tenor im Gremium: Der Wald ist kein Wirtschaftsfaktor, er bleibt wichtig für Naherholung, Natur- und Artenschutz. Dass die Arbeit der Waldpädagogik und Projekte wie die Waldweide fortgesetzt werden, stößt auf breite Zustimmung.
Schweigler zeigt mit dem Anstieg der Jahresmitteltemperaturen zwischen 1961 und 2022 von zehn auf fast zwölf Grad Celsius auf, dass sich das Klima der Rheinebene „in Richtung Mittelmeer“ bewegt. „Dort haben wir aber weder die Kiefer noch die Buche“, macht er die Probleme heimischer Baumarten mit dem Klimawandel anschaulich. Mit einer Überarbeitung der sogenannten Standortkartierung wolle man herausfinden, „wo welche Bäume am besten“ hinpassen. „Das ist kleinräumig sehr unterschiedlich“, sagt der Forstbezirksleiter. Und: „Es gibt schwierige Standorte und es gibt sehr schwierige Standorte.“ Schweigler weist auch darauf hin, dass 2024 ein Maikäfer-Flugjahr bevorsteht und sieht darin sogar einen Vorteil. Das sei ein gutes Jahr für Baumpflanzungen, denn die frisch geschlüpften Larven würden noch wenig an den Baumwurzeln fressen.
Revierleiter Achim Freund schildert, dass man parallel auf mehrere Verfahren setzt. So werde beispielsweise das Projekt „Eichensaat durch Eichelhäher“ fortgesetzt. „Der Eichelhäher versteckt im Winter 10.000 Eicheln, davon bleiben vielleicht 5000 im Boden“, sagt Freund und ergänzt: „Wir haben schon die ersten Sämlinge gefunden.“ Einen Teil habe man aber auch bereits wieder verloren, ist auch diese Methode kein Selbstläufer. Zum Zustand der jüngeren Kulturen kann er berichten, dass zwei neu begründete Flächen im Reilinger Eck zwar „kein totaler Misserfolg“ gewesen seien, hier aber dennoch „Nachbesserungsbedarf“ bestehe. „Das bleibt schwierig“, erhofft sich der Revierleiter auch durch eine veränderte Art der Bewässerung Erfolge. Die habe es bereits auf den eineinhalb Hektar gegeben, die der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg zur Verfügung gestellt wurden: Freund spricht von einem „Anwuchserfolg von über 90 Prozent“, die Ausfälle sollen nachgebessert werden.
Auf Nachfrage aus dem Gemeinderat machen die Forst-Experten deutlich, dass es für den Wald der Zukunft teilweise noch an Erfahrungen fehlt und nicht einfach damit getan ist, ausschließlich auf mediterrane Baumarten zu setzen. „Wir wissen noch nicht hundertprozentig, auf was es hinausläuft“, sagt Philipp Schweigler, deshalb sei es wichtig, sich auch bei den Arten „möglichst breit“ aufzustellen. „Die Eiche wird es die nächsten Jahrzehnte schaffen“, glaubt er, der Feldahorn wohl sogar noch länger. Freund schildert die Schwierigkeiten: Die Temperaturen seien zwar mediterran, dennoch gebe es immer wieder auch noch Frost. „Wir müssen sehen, wie diese Baumarten bei uns tatsächlich zurechtkommen.“ Deshalb müsse man auch „eine breite Palette heimischer Baumarten spielen und mediterrane dazu“.
Der Holzeinschlag ist 2024 mit einer Ernte von 2400 Festmetern geplant. Schwerpunktmäßig wird man dafür laut Achim Freund Flächen wählen, in denen Verkehrssicherung notwendig ist, die Einzelbaumstabilität in jüngeren Beständen und die Naturverjüngung gefördert werden sollen oder abgestorbene und stark geschädigte Bäume aus dem Wald entfernt werden müssen. „Man kann nur hergeben, was man hat“, macht er deutlich, dass auf die gewachsene Nachfrage nach Brennholz nicht mit einem erhöhten Einschlag reagiert wird. „Der Hiebsatz wird nicht hochgefahren“, sagt der Förster. Stattdessen habe man die Abgabemengen reglementiert, „um den Wald nicht zu überstrapazieren“. Zu den diesjährigen Vergabeterminen sagt er: „Die Gemüter haben sich im Vergleich zum Vorjahr beruhigt.“ Aber die Nachfrage bleibe auf hohem Niveau.
„Wir wollen den Wald in seiner Erholungsfunktion erhalten“, sagt Dr. Gerhard Baldes (CDU). Seinen Zustand betrachte man „mit Sorge“. Windparks im Wald sehe seine Fraktion „mit Unverständnis“ und lehne diese ab. Das Defizit des Betriebsplans trage die CDU mit.
„Der Wald ist ein fragiles und wertvolles Gesamtkunstwerk“, meint Lorenz Kachler (SPD). Es sei wichtig, „alles zu tun“, damit sich sein Zustand nicht weiter verschlechtere. „Wir helfen gerne, Ihre Arbeit zu unterstützen“, sagt er.
Das sieht auch Maximilian Himberger (Bündnis 90/Die Grünen) so: „Wir investieren in den Wald vor unserer Haustür.“ Der sei ein wichtiger Faktor im Kampf gegen den Klimawandel, aber auch Lebensraum für Tiere und Pflanzen und Naherholungsgebiet für die Menschen. „Wir haben immer ein offenes Ohr“, betont Himberger den Willen zur Unterstützung.
Günter Lukey (FDP) hebt die Chancen hervor, die im „Zusammenbruch ganzer Waldflächen“ lägen, böten sie doch ein „riesiges Freilandlabor für den klimaresistenten Waldumbau“. Lukey sagt: „In unserer Vision ist der zukünftige Wald klimaresilient, vielfältig und naturnah.“ Das Minus, mit dem der Betriebsplan abschließt, „sollte uns der Wald wert sein“.
Text und Fotos: Stadt Walldorf