Spürbare Einschnitte beim Komfort
Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig verschiedene Maßnahmen zur Energieeinsparung im Bereich der städtischen Gebäude beschlossen.
„Es ist wichtig, dass wir bei uns einsparen, was möglich und was vertretbar ist“, sagte Bürgermeister Matthias Renschler mit Blick auf die aktuelle Energiekrise. „Wir müssen ein bisschen unser Komfortverhalten zurückstellen“, erklärte er zu den Einschnitten, die jeden Einzelnen betreffen.
Beschlossen wurden zum Beispiel die Abschaltung der Außenbeleuchtung an öffentlichen Gebäuden, die Abschaltung der Brunnenanlagen, die Senkung der Heiztemperaturen in öffentlichen Nicht-Wohngebäuden und das Abstellen des Warmwassers in den Sporthallen und -anlagen.
Nach den Berechnungen ergibt sich durch die Absenkung der Raumtemperatur ein theoretisches Einsparungspotenzial von über 920.000 Kilowattstunden, was einem Einsparungseffekt von mehr als 15 Prozent entspricht.
Im Eigenbetrieb Wohnungswirtschaft sollen die Mieter dabei unterstützt werden, Gas einzusparen und somit die eigenen Energiekosten zu senken. Wichtig, das wurde auch aus den Stellungnahmen der Fraktionen deutlich, ist neben der tatsächlichen Energieeinsparung vor allem die Signal- und Vorbildwirkung, die helfen soll, freiwillige Energiesparmaßnahmen im privaten Bereich anzustoßen.
„Es gibt auch gesetzliche Vorgaben“, sagte Stadtbaumeister Andreas Tisch mit Verweis auf die Bundesverordnung mit Kurzfristmaßnahmen, die seit 1. September in Kraft getretene sogenannte Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV), der zum 1. Oktober noch mittelfristige Maßnahmen folgen sollen. Klar sei deshalb beispielsweise: „Wir haben im Rathaus bei 19 Grad zu arbeiten“, was im Büroalltag „durchaus frisch“ sein könne. Und bei vielen Maßnahmen sei den Verantwortlichen bewusst, dass es sich „teilweise nur um den ersten Schritt“ handle. Die Verordnung untersagt zudem die Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden und Baudenkmälern von außen, mit Ausnahme einer Sicherheits- und Notbeleuchtung. Darüber hinaus hat man sich in Walldorf zur Abschaltung der städtischen Brunnen im öffentlichen Raum entschieden.
Während im Rathaus 19 Grad gelten sollen, werden es in den Schulen und der Bücherei 20 Grad sein, in den Kindertagesstätten 22 Grad. Als „sehr schmerzhaft für die Vereine“ bezeichnete Tisch das Abstellen des Warmwassers in den Sporthallen. Damit kann dort vorerst nicht mehr warm geduscht werden. Schüler nutzten die Duschen allerdings ohnehin kaum. Allein das Bereitstellen des Warmwassers „benötigt viel Energie“, begründete der Stadtbaumeister die Maßnahme. „Wir wollen die Hallen offenhalten“, bekräftigte er und sah ein „wichtiges Signal, dahin zu gehen, wo es unbequem wird“. Tisch sprach auch an, dass bereits weitere Vorschläge diskutiert würden – etwa längere Schließzeiten des Rathauses über Weihnachten oder die Möglichkeit, die Sporthallen in den Ferien zu schließen. Beim Flutlicht an den Sportplätzen gibt es zunächst einen Appell an die Vereine, dieses energiesparend und sparsam zu nutzen und die Ausleuchtung auf das Notwendige zu reduzieren. Zum Eigenbetrieb Wohnungswirtschaft sagte der Stadtbaumeister, man sehe die Möglichkeit, die Heizungen nahe an 20 Grad einzustellen. Daraus erhoffe man sich Einsparungen von 17,5 Prozent des Energiebedarfs. „Das hängt aber auch am Nutzerverhalten“, sagte Tisch. Der Eigenbetrieb kommuniziere mit seinen Mietern bereits intensiv.
Wilfried Weisbrod (Grüne) sprach die Weihnachts- und die nächtliche Straßenbeleuchtung an, über die man sich ebenfalls Gedanken machen müsse. Es gelte, das Thema Sicherheit abzuwägen, sagte der Bürgermeister, kündigte aber auch an: „Wir werden sicher keine übermäßige Weihnachtsbeleuchtung haben.“ Und Stadtbaumeister Tisch ergänzte, dass man in allen auf LED umgestellten Bereichen der Straßenbeleuchtung bereits eine Nachtabsenkung um 50 Prozent habe.
Auf die Frage von Dr. Gerhard Baldes (CDU), ob man nicht die Warmwasserduschen zumindest in einem Gebäude laufen lassen könne, sagte der Bürgermeister: Im Hallenbad seien diese weiter in Betrieb. „Wenn ein Verein an uns herantritt, schauen wir, dass wir eine Lösung finden.“
Und zur Anregung von Jutta Stempfle-Stelzer, bei der Raumtemperatur in den Sporthallen nicht die von der Stadt vorgesehenen 18, sondern die vom Kultusministerium empfohlenen 19 Grad zu wählen, erklärte Renschler: „Es wird ja auf Sicht gefahren. Wir werden an der einen oder anderen Stelle sicher nachsteuern müssen.“ Einerseits müsse man „raus aus der alten Denke“, auch wenn das „für uns alle hart“ sei, andererseits sei es nicht das Ziel, „einen überproportional großen Krankenstand zu produzieren“.
Die Unterstützung der CDU-Fraktion für alle Maßnahmen signalisierte Mathias Pütz. Neben dem generellen Einsparpotenzial sei vor allem wichtig, dass die Stadt „beispielhaft“ vorangehe. Alle Einschränkungen an Komfort seien „angemessen“. Deshalb appelliere man an alle Bürger und Vereine, diese mitzutragen.
„Die SPD hofft auf Solidarität und Eigenverantwortung“, sagte Dr. Andrea Schröder-Ritzrau. Die jetzt notwendigen Einschränkungen an Komfort seien vielleicht auch Anlass, „Dinge, an die wir uns gewöhnt haben“, zu überdenken. Die vorgeschlagenen Maßnahmen bezeichnete sie als „vertretbar“ und „angemessen“.
„Jede Kilowattstunde zählt“, machte Manfred Wolf (Grüne) deutlich, dass es nicht darum gehe, „Geld zu sparen“. Man müsse versuchen, „mit einem blauen Auge über den Winter zu kommen“. Die Entscheidungen habe man sich nicht leicht gemacht, der Komfortverlust sei aber „zumutbar“.
„Es wird uns alle in irgendeiner Form treffen“, erklärte Günter Lukey (FDP). Er hoffe, „dass diese Schritte ausreichen, um über den Winter zu kommen“. Aus seiner Sicht gibt es „keine Alternativen zu diesen Maßnahmen“, denen man, „auch wenn es schwer fällt“, zustimme.
Nach der einstimmigen Entscheidung für den Maßnahmenkatalog bedankte sich Bürgermeister Renschler „ausdrücklich beim Gemeinderat“ dafür, „dass wir geschlossen vorangehen“.
Text und Foto: Stadt Walldorf