Freie Fahrt für Radfahrer
Für Bürgermeister Matthias Renschler ist es „ein Meilenstein“ und auch die große Mehrheit des Gemeinderats war von der Planung des Stadtbauamts angetan: Die Kurpfalzstraße wird zur ersten Walldorfer Fahrradstraße. Das hat der Gemeinderat bei einer Gegenstimme beschlossen.
Die Maßnahme ist Teil des im Mai verabschiedeten Radverkehrskonzepts, mit dem das Fahrradfahren in Walldorf noch attraktiver werden soll. Die Planer haben dafür die Kurpfalzstraße ausgewählt, weil sie eine wichtige Verkehrsachse für den Radverkehr zwischen dem Stadtzentrum und dem Schulzentrum im Norden darstellt. Gerade für den Schülerverkehr ist sie von besonderer Bedeutung.
„Das ist der Auftakt für weitere Maßnahmen und ein gutes Signal nach außen“, sagte Stadtbaumeister Andreas Tisch. Die Umsetzung soll nach seinen Worten zügig angegangen werden.
Der Stadtbaumeister erläuterte dem Gremium, dass es in der Kurpfalzstraße schon heute einen Fahrradanteil am Gesamtverkehr von 60 bis 65 Prozent gebe. Der motorisierte Durchgangsverkehr werde künftig ausgeschlossen; mit der entsprechenden Beschilderung („Anlieger frei“) sorgt man dafür, dass die Anwohner auch weiterhin mit dem Auto zu ihren Häusern und Wohnungen kommen. Der Radverkehr darf allerdings weder behindert noch gefährdet werden, das Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern ist ausdrücklich erlaubt.
Tisch machte deutlich, dass man sich in der Gestaltung der Fahrradstraße stark an den Musterlösungen des Landes orientiert habe.
Zur „Herausforderung“ werden laut dem Stadtbaumeister die insgesamt 13 Kreuzungen der Kurpfalzstraße mit anderen Straßen – an allen müssen mehrere Schilder aufgestellt werden, die die Bevorrechtigung des Radverkehrs signalisieren. Zudem wird die Fahrbahn an Kreuzungen und Einmündungen auf einer Breite von 3,80 Metern rot markiert, ergänzt durch Piktogramme mit dem Sinnbild „Fahrradstraße“. Eine sogenannte „Dooring-Zone“ wird im gesamten Straßenverlauf mit einem 50 Zentimeter breiten Sicherheitsstreifen von der Fahrbahn abgegrenzt, um Unfälle beim Öffnen von Fahrzeugtüren zu verhindern. Wie sich diese Lösungen dann in der Praxis bewähren, „wollen wir in der Folge genau beobachten“, so Andreas Tisch. Denn in Zukunft könnte das Instrument der Fahrradstraße auch auf weitere Nebenstraßen ausgeweitet werden.
Für die CDU ist die Umgestaltung der Kurpfalzstraße zur Fahrradstraße „ein wesentliches Element“ des jüngst beschlossenen Radverkehrskonzepts, sagte Mathias Pütz für die Mehrheit seiner Fraktion. Zwar biete sie dafür keine idealen Voraussetzungen, erfülle aber dennoch entscheidende Kriterien. So dürfte aus seiner Sicht der parallele Verlauf zur Schwetzinger Straße die Attraktivität der Route für den Schüler- und Pendlerverkehr erhöhen. Gelingen könne die Maßnahme aber nur in Verbindung mit einer effizienten Kommunikation mit Nutzern wie Anliegern, so Pütz.
Sein Fraktionskollege Dr. Gerhard Baldes begründete seine abweichende Meinung und Gegenstimme vor allem mit der aus seiner Sicht gefährlichen Kreuzung mit der Rennbahnstraße, an der die heute bestehende Vorfahrtsregelung „für mich besser und sicherer“ sei.
„Wir sind zuversichtlich, dass der umfassende Maßnahmenkatalog zügig umgesetzt wird“, sagte Petra Wahl (SPD) über das gesamte Radverkehrskonzept, mit dem man die Attraktivität Walldorfs für Radfahrer steigern wolle. Zu den neuen Wegen, die man dafür gehen müsse, gehöre die Fahrradstraße, die ein „Grundstein für ein fahrradfreundliches Walldorf“ sei. „Damit bringen wir ein Projekt auf den Weg, das zukunftsweisend ist.“
Sichere Schulwege seien schon immer ein Anliegen der SPD gewesen. Nach der Umsetzung sehe man dann auch das Ordnungsamt in der Pflicht, durch regelmäßige Kontrollen das Augenmerk auf die Sicherheit der Nutzer zu legen, so Petra Wahl.
Da die Kurpfalzstraße schon heute mehrheitlich von Radfahrern genutzt werde, müsse ihnen auch „zwingend ein Vorrecht eingeräumt werden“, sagte Manfred Wolf (Bündnis 90/Die Grünen). Die radfahrenden Schüler seien zudem „Walldorfs Verkehrsteilnehmer der Zukunft“. Für Wolf profitieren von der Maßnahme auch die Anwohner, werde doch künftig der motorisierte Durchgangsverkehr komplett ausgeschlossen.
Um viele Menschen für die Änderung zu sensibilisieren, plädiere seine Fraktion „für eine breit angelegte Kommunikationskampagne“. Zudem würden sich die Grünen laut Wolf wünschen, dass in diesem Zug auch das Thema Schulwegeplan noch einmal neu angegangen wird.
Die Kurpfalzstraße eignet sich aus Sicht von Dagmar Criegee (FDP) „ganz besonders als Fahrradstraße“. Mit ihr wage man den Versuch, Radfahrern einen „relativ gefahrlosen Weg“ zu schaffen, das sei gerade für die gut 2000 Schüler am Schulzentrum wichtig.
Um Unfällen vorzubeugen, müsse neben der „Dooring-Zone“ auch der Ordnungsdienst dafür sorgen, „dass nicht schlampig geparkt wird“. Dagmar Criegee bat zu prüfen, ob es nicht ausreiche, das schon heute bestehende Tempo 30 durch Piktogramme auf der Fahrbahn statt durch einen „Schilderwald“ an sämtlichen Kreuzungen zu kennzeichnen.
Und auch sie bat darum, die Anwohner und die Bürger in den umliegenden Straßen umfassend über die Maßnahme zu informieren.
Text und Foto/Grafik: Stadt Walldorf