„s’isch Kerwe in Walldorf“, freut sich Bürgermeister Matthias Renschler bei der offiziellen Eröffnung auf der Bühne vor der Sparkasse und wünscht „einen wunderschönen guten Morgen“.
Prompt hat auch Petrus ein Einsehen und lässt den Nieselregen pünktlich enden. Am Feuerwehrhaus hat sich zuvor ein kleiner Umzug auf den Weg gemacht, angeführt vom Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr unter der Leitung von Gisela Peterka, der neben den Storchenküken der KG Astoria Störche Vertreter des Heimatvereins, des Verkehrsvereins und einiger weiterer Vereine folgen. Gemeinsam findet man an und auf der Bühne Platz, vor der sich bereits viele Neugierige eingefunden haben.
„Zwei Jahren mussten wir wegen Corona verzichten“, sagt der Bürgermeister bei der ersten Kerwe-Eröffnung seiner Amtszeit, jetzt könne man die Tage endlich wieder durchfeiern, „genießen Sie es“. Renschler begrüßt Gäste aus Freeport/USA von der dortigen Feuerwehr und kündigt für Sonntag einer Delegation aus St. Max/Frankreich an. „Feiern Sie schön“, sagt er nach Dankesworten an alle an der Eröffnung Beteiligten.
Als Kerweredner hat dann Klaus Engwicht, der Vorsitzende des Heimatvereins, die Lacher auf seiner Seite. In Reimen und im Dialekt blickt er auf die leidige Corona-Zeit zurück und auf vieles, was seit der letzten Kerwe in Walldorf passiert ist, immer wieder verbunden mit dem Kommando „Bimmel!“ an seinen Vereinskollegen mit der großen Glocke – und natürlich gibt es einige Anlässe, das Gesagte und den Applaus laut läutend zu begleiten. „Pustegutzel“ war es beispielsweise 2020 mit der großen 1250-Jahr-Feier, in deren Vorbereitung Vereine und Stadt viel Herzblut und Geld gesteckt hatten, ehe Corona dann den Veranstaltungen „den Garaus“ machte. „Es gibt Licht am Ende des Tunnels“, braucht es laut Engwicht bis zur nächsten großen Feier nur ein bisschen Geduld: Schon 2070 wird Walldorf nämlich 1300 Jahre alt, „das wird ein Riesenfest, solange müsst ihr halt noch warten“.
Engwicht greif die Kurpfalzstraße auf, die zur ersten Fahrradstraße der Astorstadt umgestaltet wird. „Der erste Fahrrad-Highway in der ganzen Region“, das sei „einmalig in der Kurpfalz“. Sorgen machen ihm allerdings weniger die Schüler, deren Schulweg mit der Fahrradstraße sicherer werden soll, sondern die älteren „Raser“ mit ihren E-Bikes. Deshalb kündigt er Geschwindigkeitskontrollen an. „Sparen, sparen, sparen“ sei nicht nur beim täglichen Einkauf und an der Tankstelle angesagt, sondern vor allem auch bei Strom und Gas. Sogar im Rathaus werde die Heizung runtergedreht, hat Engwicht erfahren, die Mitarbeiter säßen jetzt „im Pelzmantel“ an den Schreibtischen. Und das DLRG plane angesichts der niedrigeren Temperaturen in den Schwimmbecken seine neue Abteilung „Eisschwimmen“. Nach Gerüchten „aus unzuverlässiger Quelle“ könne bald auch im Hallenbad nicht mehr warm geduscht werden, flunkert Engwicht und greift einen Vorschlag des baden-württembergischen Ministerpräsidenten auf: „Gewaschen wird sich nur noch im Handwaschbecken“, dafür seien „die grünen Waschlappen aus Stuttgart“ bereits da.
Sorge machen dem Kerweredner die Störche, die dieses Jahr so früh wie noch nie Richtung Süden „abgehauen“ seien. „Zu warm, kein Wasser, nichts zu fressen – nicht mal in St. Ilgen haben sie einen Frosch gefunden“, sagt Engwicht mit Bezug auf den Utznamen der „Diljemer Frösch“. Dafür haben andere Tiere Walldorf viel Aufmerksamkeit, Zeitungs- und Fernsehberichte beschert: Katzen im Hausarrest und die dafür verantwortlichen Haubenlerchen. „Das ist weltweit einmalig“, findet der Kerweredner und reimt: „Walldorf ist weltbekannt, wird Katzen-Alcatraz genannt.“ Und die Haubenlerche? „Auf dem Neubauacker brütet jetzt der kleine Racker.“ Immerhin haben nach seinen Worten die Stadtwerke errechnet, wie man Kerwe quasi „fer umme“ feiern kann: Wer daheim die Stube übers Wochenende nicht heize, spare locker einen dreistelligen Betrag und könne dieses Geld auf der Kerwe ausgeben.
Schließlich ist auch der neue Bürgermeister noch an der Reihe: Zwar in Mannheim geboren, sei Matthias Renschler in Ellwangen aufgewachsen und damit „ein halber Schwabe, das geht gar nicht“. Man müsse sich ein Beispiel an den Nachbarn nehmen: In Nußloch und Reilingen seien Walldorfer gewählt worden, in Sandhausen immerhin „ein echter Sandhäuser“. „Es wird Zeit, dass wir den Kerl verkurpfälzern“, fordert Engwicht und hat auch gleich die passende Montur dabei: Mit dem richtigen Kittel und einem Dreispitz („damit er immer weiß, wo vorne ist“) wird der Bürgermeister angemessen gekleidet. „So können wir ihn lassen“, findet der Kerweredner. Und Renschler findet am Fassanstich prompt das richtige Maß: Gleich beim ersten Schlag sitzt der Zapfhahn, die 30 Liter Freibier strömen und finden in der langen Schlange vor der Bühne ihre Abnehmer. Vorher hat das Blasorchester Walldorf unter der Leitung von Damian Gernert das Badnerlied gespielt, von den Besuchern der Eröffnung inklusive der Walldorfer Kerwe-Strophe lautstark mitgesungen. Damit ist die Kerwe eröffnet und es darf endlich wieder gefeiert werden – beim breiten kulinarischen Angebot der 27 Vereine und Organisationen, bei Live-Musik und weiteren Aufführungen und am verkaufsoffenen Sonntag auch beim Bummel durch die Geschäfte.
Text: Stadt Walldorf
Einige Impressionen von der Eröffnung der Kerwe:
Fotos: BBinz
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