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„Frag den Förster“ – Mit Revierförster Gunter Glasbrenner im Hochholzer Wald

25. September 2020 | > Walldorf, Allgemeines, Leitartikel, Photo Gallery

Im Rahmen der neuen Informationsreihe des Rhein-Neckar-Kreises „Frag den Förster“, die in sechs verschiedenen Gemeindewäldern angeboten wird, fand die Veranstaltung in Walldorf am 19. September am Waldklassenzimmer „Waldlupe“ mit Revierförster Gunter Glasbrenner statt.

(bb) Revierförster Glasbrenner begrüßte ca. 35 Interessierte und wies vorab auf die Abstandsregelung hin.

Er informierte in seiner Einleitung über die seit 01. Januar 2020 geltende Verwaltungsreform, wonach die Forstbehörde Änderungen in den Zuständigkeitsbereichen beschlossen hat. So wurden die Forstbezirke nach regionalen Landschaften gegliedert, in die Forstbezirke Kraichgau-Rheintal und Odenwald-Bergstraße. Hierzu gehören 20 Forstreviere mit ca. 40 Beschäftigten.
Der Staatswald gehört nicht mehr zu den jeweiligen Forstbezirken, sondern wird staatlich verwaltet.

Revierförster Glasbrenner ist nun für die Wälder der Gemeinden Walldorf, Reilingen, Hockenheim und Brühl zuständig.

Gut ein Drittel der Gemarkungsfläche Walldorfs (1190 ha) ist Wald, dessen Boden überwiegend aus trockenem Sand, mäßig trockenem Kiessand und Dünensand besteht. Nur im Hochholz, dem Lieblingswald der Walldorfer, gibt es auch mäßig frischen Schwemmlehm, Schwemmlöss und Feinlehm, den die Kinzig-Murg-Rinne nach der letzten Eiszeit angeschwemmt hat.

Fast die ganze Waldfläche Walldorfs ist als Erholungswald ausgewiesen mit Waldlehrpfaden, einem Nordic-Walking-Zentrum, Waldspielplätzen, Hütten, Grillplätzen und Trimm-Dich-Pfaden u. a.
Daneben gibt es viele Biotope mit seltenen Pflanzen und Tieren und besonders ausgewiesene „Refugien“, in denen nichts verändert werden darf.

Für die Pflege und Bewirtschaftung des Stadtwaldes beschäftigt die Stadt drei Forstwirte, denen ein Waldbetriebsfahrzeug und ein Forstschlepper für ihre Arbeit zur Verfügung stehen.
Die Rückegassen in einem Waldgebiet außerhalb der Wege sind jeweils mit zwei gelben Doppellinien rechts und links an den Eingangsbäumen gekennzeichnet. Nur diese Durchgänge dürfen die Forstfahrzeuge benutzen.

Etwas ganz Besonderes besitzt die Stadt Walldorf mit dem Waldklassenzimmer, das natürlich auch besichtigt werden durfte.

2002 eröffnet und im Blockhausstil aus reinen Naturmaterialien gebaut, bietet es mit ausgestopften Tieren und vielen Informationen über die heimische Tier- und Pflanzenwelt eine Informationsstätte für Kinder- und Jugendgruppen, Schulklassen und Studierende.
Ca. 100 Führungen in Gruppen bis zu jeweils 30 Personen werden jedes Jahr gemacht, wie Revierförster Glasbrenner berichtet. Dabei bietet er Erlebnisspiele an, informiert über Klimaerwärmung und Waldschäden und die ausgestopften Tiere, die allesamt in unserem Wald leben, werden ausgiebig betrachtet, um auch z. B. den Unterschied zwischen Hasen und Kaninchen herauszufinden.

Danach ging es zu einem rund einstündigen Spaziergang durch den Wald, der durch den Klimawandel zu ca. 70 % geschädigt ist, wie Herr Glasbrenner informiert. Er befürchtet, dass es in Zukunft aufgrund der Klimaerwärmung in der Oberrheinebene keine Kiefern mehr geben wird, denn diese hätten unter Einwirkung vieler anderer Schadsymptome auch keine Chancen mehr, mit ihren Wurzeln an Grundwasser zu kommen und vertrocknen nach und nach.
Die Weymouthkiefern, 1705 aus Nordamerika nach Europa eingeführt, sind vom sog. Blasenrost, einem Krankheitserreger, befallen und sterben ab, ebenso ist die aus Schottland eingeführte Douglasie stark gefährdet.

Neben der Trockenheit hat der Wald auch mit Neophyten wie der Spätblühenden Traubenkirsche und der Kermesbeere zu kämpfen. Besonders die Kermesbeere macht dem Forst zu schaffen, vermehrt sie sich doch rasend schnell auf allen lichten Stellen des Waldes.
Auf Nachfrage teilt Herr Glasbrenner mit, dass inbesondere die zerstäubten Pflanzensäfte der Kermesbeere zwar für den Menschen giftig sind, einige Tiere diese jedoch als Nahrung zu sich nehmen, wobei auch den Tieren der übermäßige Genuss nicht guttut.   

Weitere Schädlinge für die Bäume sind die Engerlinge der Maikäfer, die die Feinwurzeln fressen, sowie der Pilz Spindeliger Rübling, der ebenfalls Bäume, insbesondere Eichen, befällt und die Wurzeln angreift.

In den Waldrefugien, besonders gekennzeichneten Waldabschnitten (weiße Wellen an den äußeren Bäumen begrenzen ein Refugium), gilt das 2014 vom Gemeinderat Walldorf beschlossene Alt- und Totholzkonzept. Dies betrifft ca. 10 % der Waldfläche, die aufgrund der nationalen Biodiversitätsstrategie stillgelegt wurde, d. h. abgestorbene/umgestürzte Bäume werden nicht entfernt und können damit nicht zur Holzverarbeitung genutzt werden.  Innerhalb der Waldrefugien unterbleiben auch alle sonstigen Handlungen. Sie sind Bannwälder im Kleinen.

Die Aspekte der Erholung und des Natur- und Artenschutzes werden damit höher gewichtet als die reine Holznutzung. Damit sammelte die Stadt Walldorf 1,4 Mio. Ökopunkte (4 Punkte je qm x 359.000 qm).

Dafür musste der Forsthaushalt in den Jahren bis 2018 ein Defizit von jeweils ca. 100.000 € für Erholung, Waldpädagogik, Biotoppflege und Natur- und Artenschutz verzeichnen. Seit zwei Jahren steigt das jährliche Defizit des Forsthaushaltes auf ca. 200.000 € durch die Klimaerwärmung, da mit dieser eine stark erhöhte Verkehrssicherungspflicht, eine erschwerte Holzernte und die Holzentwertung einhergehen.

Revierförster Gunter Glasbrenner gab allen Interessierten den Rat mit auf den Weg, dass „unser Leben geändert werden muss“, denn „es geht nicht lange gut mit der Klimaerwärmung“.

Er bedankte sich bei allen Interessierten und lud im Namen der Stadt Walldorf zu kühlen Getränken und belegten Brötchen zur Stärkung ein.

Die fünf anwesenden Kinder bekamen von ihm noch kleine Geschenke.
Gerne stand er auch für weitere Fragen zur Verfügung.

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Text und Fotos: BBinz

 

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