Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai 2017: Kommunaler Behindertenbeauftragter des Rhein-Neckar-Kreises, Patrick Alberti sagt: „Inklusion beginnt vor Ort“
Ein Passant möchte eine Straße überqueren – und weiß nicht, ob die Fußgängerampel gerade Grün oder Rot zeigt. Denn er ist blind und auf akustische Signale angewiesen. „Solche Situationen werden zwar glücklicherweise weniger, kommen aber noch immer vor“, erklärt der Kommunale Behindertenbeauftragte des Rhein-Neckar-Kreises, Patrick Alberti.
Angesichts des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, der jährlich am 5. Mai stattfindet, möchte er daran erinnern, wie wichtig die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen ist.
Diese beginnt immer vor Ort und so steht der diesjährige Protesttag unter dem Motto „Wir gestalten unsere Stadt“. Wenn Probleme oder Hindernisse wie das eingangs erwähnte Beispiel vor Ort beseitigt werden, komme das allen Einwohnern einer Stadt oder Gemeinde zugute.
Schließlich gebe es viele verschiedene Arten von Hindernissen, die Menschen mit Behinderung Probleme bereiten: Bauliche Hindernisse wie Treppen hindern Menschen, die nicht gehen können daran, in ein Gebäude zu kommen.
Zu schmale Gehwege zwingen Rollstuhl- und Kinderwagenbenutzer auf die Fahrbahn. Oder eben die Ampel, die keine Geräusche macht. „Es gibt aber noch eine ganz andere Art von Hindernissen: die Hindernisse in unseren Köpfen, also Vorurteile oder Gedankenlosigkeit, die dafür sorgen, dass Menschen auf Grund von Behinderung ausgegrenzt werden.
Viele Barrieren werden von Menschen ohne Behinderungen überhaupt nicht erkannt“, sagt Alberti. Das sei einer der Gründe, warum Menschen mit Behinderungen manchmal vom gleichberechtigten Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen sind. „Auch auf Veranstaltungen erlebe ich das – wenn es zum Beispiel nur Stehtische gibt oder keinen Gebärdensprachdolmetscher.“
Fast 67.000 Menschen gelten im Rhein-Neckar-Kreis als schwerbehindert
Im Rhein-Neckar-Kreis sind fast 67.000 Menschen als schwerbehindert im Sinne des Sozialrechts anerkannt. Das ist immerhin jeder achte Einwohner. Aber längst nicht alle Menschen mit Behinderungen werden von der amtlichen Statistik erfasst.
Und von Barrierefreiheit profitieren noch viele mehr – etwa Eltern mit Kinderwagen oder wenn man nur kurzfristig erkrankt ist. „Nimmt man das alles zusammen, liegt der Anteil der Bevölkerung, für die Barrierefreiheit hilfreich ist, schon bei etwa 40 Prozent“, gibt Alberti zu bedenken. Doch der Fokus dürfe nicht nur auf der baulichen Barrierefreiheit liegen: „Inklusion heißt: Menschen willkommen heißen und niemanden ausschließen.“
Der Kommunale Behindertenbeauftragte ermuntert die Städte und Gemeinden im Kreis, zum Beispiel bei baulichen Maßnahmen an potenzielle Hindernisse zu denken und diese zu beseitigen oder erst gar nicht entstehen zu lassen: „Denn Inklusion beginnt vor Ort, in der Kommune selbst.“
Und es gibt zahlreiche Förderprogramme, die den Weg zur Barrierefreiheit unterstützen: Vom barrierefreien Bauen bis hin zur Erarbeitung von Konzepten zur Inklusion in der Gemeinde.
In einigen Städten und Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis sei das Thema schon sehr präsent: „Es gibt Kommunen, die ihr Kinderferienprogramm ganz gezielt für alle – also inklusiv – anbieten. Andere unterstützen inklusive Wohnformen vor Ort, führen Begehungen durch, um bauliche Barrieren zu finden und zu beseitigen. Oder sie geben einen Stadtführer für barrierefreie Angebote heraus.
Immer mehr Gemeinden benennen Ansprechpartner, Gremien oder Beauftragte, welche die Belange von Menschen mit Behinderungen vertreten.“
Dies seien vielversprechende Schritte. Auf dem Weg zur vollständigen gleichberechtigten Teilhabe – also auf dem Weg zur Inklusion – gebe es aber noch einiges zu tun. „Ich unterstütze die Gemeinden, aber auch interessierte Bürgerinnen und Bürger, gerne bei der Umsetzung vor Ort“, so Alberti.
Quelle: Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis