Ohne die Mitwirkung und das Engagement der Walldorferinnen und Walldorfer geht es nicht – das wurde bei allen Themen der Einwohnerversammlung deutlich. Ob Hochwasserschutz am Leimbach, städtebauliche Entwicklung, Maßnahmen zum Klimaschutz oder die Unterbringung von Flüchtlingen, die am 30. November auf der Tagesordnung des Informationsabends standen, die Beteiligung der Walldorferinnen und Walldorfer ist gefragt.
Auf das Engagement der Bevölkerung hofft Bürgermeisterin Christiane Staab vor allem beim Klimaschutz. „Der Klimawandel beeinflusst uns alle. Wir können nicht so weitermachen wie bisher“, stellte sie fest. Man habe zwar von den Klimagipfeln in Kyoto, Paris oder Bonn gehört, doch sei dies alles sehr abstrakt, meinte Staab. Betroffenheit stelle sich erst bei entsprechenden Ereignissen ein, wie zum Beispiel Hochwasser, einem weiteren Themenschwerpunkt des Abends. Klaus Brecht, Leiter des städtischen Fachbereichs Ordnung und Umwelt, wartete mit Daten und Fakten zum Klimawandel auf. „Der Zusammenhang zwischen dem Anstieg von Kohlendioxid und dem weltweiten Anstieg der Temperaturen ist nicht zu leugnen“, so Brecht. Die Trendberechnungen seien „erschreckend“. Um bis zu vier Grad Celsius könnten die Temperaturen bis zum Jahr 2100 ansteigen. Das Ziel sei, diesen Anstieg auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, um ein Abschmelzen der Polkappen mit verheerenden Folgen zu verhindern. Selbst wenn dieses Ziel erreicht werde, so Brecht, würden die Fidschi-Inseln überflutet.
Vom Globalen zum Lokalen: Von den Kohlendioxid-Emissionen in Walldorf entfallen rund 24,2 Prozent auf die privaten Haushalte, 28,5 Prozent auf das Gewerbe und 42,8 Prozent auf Verkehr und Transport, was sich angesichts von Walldorfs Nähe zu Bundesstraßen und Autobahnen erklärt. Die Zahlen basieren auf Erhebungen im Jahr 2013. Weiterhin erläuterte Klaus Brecht, dass das zunehmende Wegfallen kalter Tage zwar für die Heizbilanz positiv sei, aber negative Auswirkungen auf die Natur habe. Zur Wasserbilanz stellte er fest, dass sich zwar die jährliche Niederschlagsmenge nicht wesentlich verändert habe, aber deren Verteilung. Der Regen fülle daher das Grundwasser nicht mehr ausreichend auf. Bei den Maßnahmen, die die Stadt Walldorf getroffen hat, konnte Brecht einiges aufzählen. Zunächst die erfolgreiche Re-Auditierung für den „European Energy Award“ in diesem Jahr. Ein lokales Klimaschutzkonzept, einen „breiten Strauß“ an Umweltförderprogrammen, Energieeinsparberatung durch die KliBA, den Bau von Passivhäusern auf städtischen Grundstücken, Energiemanagement und Ökostrom für städtische Liegenschaften, die Teilnahme am Programm „Climate Fair Travel“ bei Dienstreisen, die Förderung des klimaschonenden Busverkehrs und ab 2018 Carsharing in Walldorf konnte Brecht als wesentliche kommunale Maßnahmen aufzählen. „Nutzen Sie die Möglichkeiten der Energieeinsparung, nutzen Sie Ihre Dachflächen für Photovoltaik, fahren Sie mit Fahrrad und Fahrradshopper zum Einkaufen!“ ermunterte Klaus Brecht das Publikum. Vormerken sollte man sich die nächste Neubürgerradtour am Spargelmarktsamstag, bei der es einen Fahrradcorso mit den beliebten Fahrradshoppern als Anhänger geben soll. „Klimaschutz müssen wir kreuz und quer denken“, stellte Bürgermeisterin Christiane Staab fest. „Viele sollen mitdenken und mitarbeiten“, so ihr Appell, verbunden mit der Bitte, sich doch im städtischen Arbeitskreis Klimaschutz zu engagieren. Sie spannte den Bogen noch weiter. Es sei auch eine Frage des Klimaschutzes, die Lebensgrundlagen in anderen Ländern zu erhalten, damit die Menschen nicht von dort flüchten müssten. „Auch hier müssen wir Verantwortung übernehmen“, erklärte Staab.
Flüchtlinge in Walldorf
187 Flüchtlinge leben aktuell in den Walldorfer Gemeinschaftsunterkünften, berichtete Erster Beigeordneter Otto Steinmann zum Thema der Unterbringung von Flüchtlingen. In der Albert-Einstein-Straße leben elf Männer, in der inzwischen zur Gemeinschaftsunterkunft umgebauten früheren Notunterkunft in der Industriestraße leben 149 Personen, von denen 121 weiblich sind. Im „Boarding House“ in der Bahnhofstraße sind 27 Personen untergebracht, 14 männliche, 13 weibliche. Die meisten Flüchtlinge sind aus Syrien gekommen (76), gefolgt von Gambiern (12). Fünf Flüchtlinge stammen jeweils aus Afghanistan und dem Iran, vier jeweils aus Nigeria und Serbien.
Weitere Herkunftsländer sind der Irak, Pakistan, Sri Lanka, Eritrea, Kamerun und Libyen. Steinmann führte aus, dass Asylbewerberinnen und –bewerber bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens oder maximal zwei Jahre lang in einer Gemeinschaftsunterkunft des Kreises leben müssen, danach folgt die Anschlussunterbringung, für die die Gemeinden zuständig sind. Rund 120 Personen sind aktuell in Walldorf in der städtischen Anschlussunterbringung. Im Rückblick auf die Zeit seit Sommer 2015, in dem die erste Flüchtlingswelle auch nach Walldorf kam, meinte Steinmann, dass Walldorf 2015 und 2016 im Vorgriff auf künftige Zuweisungen durch den Kreis mehr Flüchtlinge aufgenommen habe, als es in diesen Jahren Pflicht gewesen sei. Daher müsse die Stadt 2018 wahrscheinlich nicht die avisierten weiteren 63 Personen aufnehmen. Wie Steinmann erklärte, arbeite die Stadt in enger Abstimmung mit dem Rhein-Neckar-Kreis. Walldorfer Ziel sei es, vor allem diejenigen hier unterzubringen, die bereits gut verortet seien mit Kontakten zu Ehrenamtlichen, zu Arbeit, Kindergarten, Schule oder Vereinen. Bei der Anschlussunterbringung verfolgt die Stadt ein dezentrales Konzept. Derzeit hat die Stadt in 24 städtischen Wohneinheiten sowie drei Häusern Flüchtlinge untergebracht. Drei Wohnungen und ein Haus wurden seitens der Stadt von privat angemietet und 14 Wohnungen konnten von Asylbewerbern selbst angemietet werden. „Das ist sehr positiv“, stellte der Erste Beigeordnete fest und dankte allen Vermietern herzlich. Dass 12 Asylbewerber Ausbildungsstellen gefunden haben, 10 eine Festanstellung und zwei Praktika oder Mini-Jobs haben, sei „wesentlich den Ehrenamtlichen des Arbeitskreises Asyl und dem entstandenen Netzwerk zu verdanken“, berichtete er. Mit dem Begegnungshaus in der Oberen Grabenstraße habe man eine zentrale Anlaufstelle geschaffen. Dank der seit 1. November eingestellten Integrationsmanagerin könnten nun individuelle Integrationspläne ausgearbeitet werden, auch die Gesamtverwaltung der Stadt sei an vielen Stellen in die Arbeit mit Geflüchteten eingebunden. „Der Arbeitskreis Asyl sucht noch Mitwirkende“, ergänzte Bürgermeisterin Staab, die das Engagement in diesem Ehrenamt als „Langstreckenlauf und nicht als Sprint“ charakterisierte. Ein Appell ging auch an Vermieter von Wohnungen und Eigentümer von Immobilien, sich an die Stadt zu wenden, falls Wohnraum frei sei.
„Architektur ist soziale Kunst“
… erklärte Stadtbaumeister Andreas Tisch, der über die städtebauliche Entwicklung Walldorfs berichtete. „Auch Sie bauen mit“, meinte er zum Publikum im Ratssaal, denn ein Großteil der das Stadtbild bestimmenden Häuser seien Privathäuser, wobei das Gemeinschaftliche auch beim Privaten Gewicht haben müsse. Anhand eines „Schwarzplans“, bei dem Straßen, Grenzen und Grün ausgeblendet werden, zeigte er sehr anschaulich die Entwicklung Walldorfs.
Deutlich wurde, dass diese Weiterentwicklung im verdichteten Raum durch Planungsrecht in einem sehr engen „Korsett“ ist. Zum kommenden zweiten Bauabschnitt von Walldorf-Süd stellte Tisch für 2018 die Umlegung und Erschließung in Aussicht, nachdem gültiges Planungsrecht geschaffen worden ist. Auch Umweltthemen spielen eine große Rolle. So muss in diesem Fall auf die Zauneidechsen und die Haubenlerchen Rücksicht genommen werden. Ende 2019 dürfte dann mit dem Bauen begonnen werden. Tisch ließ keinen Zweifel daran, dass die Stadt zügig mit dem dritten und letzten Bauabschnitt in Walldorf-Süd weitermachen werde. Die entsprechende Nachfrage sei da. Mit dem privaten Projekt des Mehrgenerationenwohnens entwickle sich noch ein weiterer „lebendiger Baustein“ für Walldorf-Süd, ergänzte er. In die nun fertiggestellten Sozialwohnungen an der Bürgermeister-Willinger-Straße können die Mieter in Kürze einziehen. Im Zuge der Nachverdichtung werden weitere Sozialwohnungen an der Ebert- und Stresemannstraße entstehen. Den Baubeschluss hierfür hat der Gemeinderat bereits gefasst. „Spezifisches Gepräge erhalten und aktuellen Tendenzen Rechnung tragen“ will Walldorf mit einer Aktualisierung der seit 1985 unveränderten Altstadt-Satzung. Hier hatte der Stadtbaumeister vor allem die Schwetzinger Straße und Heidelberger Straße in Richtung Hauptstraße im Blick. Modernisierung müsse hier unter Bewahrung des Traditionellen möglich sein, so Tisch. Mit dem neuen Waldkindergarten, dem geplanten Kinderhaus im Gewann Hof und den umfangreichen Baumaßnahmen am Schulzentrum werde Walldorf seinem Ruf als Stadt der „Bildung und Betreuung“ gerecht.
Auch im Gewerbegebiet sind viele bauliche Aktivitäten in Gang. Die SAP hat eine neue Heizzentrale in Nachbarschaft zum Schulungszentrum errichtet für einen „ökologisch orientierten Energiemix“. Das SAP-Rechenzentrum soll im Frühjahr 2018 fertiggestellt werden. Gegenüber dem Hauptquartier an der Dietmar-Hopp-Allee entsteht ein innovatives Bürogebäude und am Hasso-Plattner-Ring weitere Büroräume in Modulbauweise. Mit dem Biotechnologieunternehmen Promega und John Deere kommen Firmen nach Walldorf, die auch architektonisch besondere Akzente setzen werden. Stadtbaumeister Tisch erinnerte auch an den Informationsabend zum Lärmaktionsplan, „an dem sich viele Bürgerinnen und Bürger beteiligt haben“. Leider gebe es in Walldorf nicht viele Möglichkeiten, schnell etwas in Sachen Lärmschutz zu erreichen, erklärte Tisch. Für den Ausbau der Autobahn A 5 könne man jedoch „Lärmschutz mit Effekt“ erwarten.
Hochwasserschutz
Bürgerbeteiligung schreibt auch das Regierungspräsidium Karlsruhe groß, wenn es um den Hochwasserschutz am Leimbach geht. Als externen Referenten zu diesem Thema konnte Bürgermeisterin Christiane Staab Manuel Ulrich vom Referat Hochwasserschutz im Regierungspräsidium begrüßen. Vor einem hundertjährlichen Hochwasser soll der Ausbau des Leimbach-Oberlaufs die angrenzenden Flächen, auch auf Walldorfer Gemarkung im Bereich des MetropolParks am Bahnhof, nachhaltig schützen. Ulrich ging auf die drei Abschnitte des umfangreichen Maßnahmenpakets ein, das bereits 2015 öffentlich vorgestellt wurde. Nachdem der mittlere Abschnitt mit dem Leimbachpark fertiggestellt ist, wird aktuell an den Planungen für die beiden anderen Abschnitte gearbeitet. Die Planer haben beim Dammausbau mit knappen Flächen zu kämpfen und mit der Forderung der Deutschen Bahn, deren Gleise hier verlaufen, die Böschung mit Spundwänden zu stabilisieren. Als „wesentliches Planungselement“ schilderte Manuel Ulrich die ökologische Durchgängigkeit, damit Fische und andere Kleinstlebewesen den ganzen Abschnitt besiedeln können. So werden nicht alle Bereiche entlang des Leimbachs zugänglich sein, um die Natur zu schützen. Im Bereich der so genannten ökologischen Trittsteine wird es an ausgewiesenen Stellen aber direkten Zugang zum Bach geben. Für den Abschnitt 3.1 zwischen dem Hochwasserrückhaltebecken Nußloch und der ehemaligen Hubbrücke soll die Planung noch bis Ende dieses Jahres finalisiert werden. Für die Maßnahme 3.3 zwischen der Brücke „In den Weinäckern“ und der Waldangelbachmündung rechnet Manuel Ulrich mit der Einreichung der Planfeststellung bis Ende März nächsten Jahres. Für das Frühjahr 2018 kündigte Ulrich eine Informationsveranstaltung an. Die Bauzeit nach Ende des Planfeststellungsverfahrens gab Ulrich mit jeweils 2,5 Jahren an. Was die Kosten angeht, so beteiligen sich Wiesloch und Walldorf mit jeweils 15 Prozent. Im Abschnitt 3.1 mit Gesamtkosten von 9,85 Millionen Euro sind dies je Kommune 1,48 Millionen Euro. Im Abschnitt 3.3 sind es bei Gesamtkosten von 6,25 Millionen Euro jeweils 940.000 Euro pro Kommune.
Bürgermeisterin Christiane Staab versicherte, dass Walldorf „beschleunigend auf die zuständigen Stellen“ für die Verfahren einwirken werde. „Wir erwarten Geschwindigkeit“, meinte sie, denn der Hochwasserschutz sei für den Osten Walldorfs von großer Bedeutung.
Neben Bürgermeisterin Christiane Staab und der Verwaltungsspitze informierte auch Manuel Ulrich vom Regierungspräsidium (4. v. re.) bei der Einwohnerversammlung (Foto: Pfeifer)
Die Einwohnerversammlung fand ein aufmerksames Publikum (Foto: Pfeifer)
Text: Stadt Walldorf