Gemeinderat beschließt vorübergehende Umgestaltung im östlichen Bereich
In der Zeit zwischen Spargelmarkt und Kerwe wird die vordere Hauptstraße vorübergehend ein anderes Gesicht bekommen. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung die temporäre Umgestaltung der östlichen Hauptstraße von Anfang Juni bis Ende September beschlossen.
Mit diesem Verkehrsversuch sollen wertvolle Erfahrungen aus der Praxis gesammelt werden. Die Entscheidung, die unter anderem im Zusammenhang mit dem Fußverkehrskonzept, dem Innenstadt-Check, der Qualitätserfassung Ortsmitte und einem Antrag der FDP-Fraktion zu sehen ist, fiel bei einer Gegenstimme von Petra Wahl (SPD). In derselben Sitzung billigte der Gemeinderat bei einer Enthaltung von Dr. Gerhard Baldes (CDU) den Zwischenbericht zum Fußverkehrskonzept und beschloss dessen Offenlage sowie die Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange.
Verkehrsversuch soll Konflikte entschärfen
„Das ist temporär und nicht dauerhaft“, machte Stadtbaumeister Andreas Tisch den Charakter des Verkehrsversuchs deutlich, der im Anschluss zunächst ausgewertet werden müsse, um Erkenntnisse zu gewinnen und dann Handlungsvorschläge machen zu können. Dabei nehme man die gesamte Bevölkerung mit. „Wir müssen sehen, ob wir mit den Maßnahmen Verbesserungen erreichen“, sagte der Stadtbaumeister.
Mit dem Versuch soll „mehr Platz“ für alle geschaffen werden, so Tisch, zudem hoffe man, die jetzt bestehenden Konflikte zu minimieren. Konkret vorgesehen ist, im östlichen Teil der Hauptstraße von der Schwetzinger Straße aus kommend eine Einbahnstraßenregelung auszuweisen, die in die Karlstraße führt. Davon verspricht man sich eine deutliche Reduzierung des Verkehrs: Die aktuell rund 1200 Fahrten am Tag würden „wahrscheinlich um 50 Prozent“ zurückgehen. Gleichzeitig kann der Fußgängerbereich vom Marktplatz her ebenfalls bis zur Karlstraße ausgeweitet werden. Da in dieser vergrößerten Fußgängerzone zehn Stellplätze entfallen, werden Flächen für eine Aufwertung der Aufenthaltsqualität gewonnen. Hier ist an sogenannte „modulare Stadtmöbel“ gedacht, von Sitzgelegenheiten bis hin zu Pflanzkästen.
Erste Maßnahmen und Strategien für 2025
Zum Fußverkehrskonzept, das in Zusammenarbeit mit dem Büro Planersocietät erstellt wird, sagte der Stadtbaumeister, mit der Offenlage werde das bisher Erarbeitete der Bevölkerung aufgezeigt, damit sie sich beteiligen könne. „Wir freuen uns auf Hinweise“, erklärte Andreas Tisch. Zu den bisherigen Ergebnissen der Bestandserfassung gehört unter anderem eine nicht durchgängige Barrierefreiheit, da es auf den Gehwegen immer wieder Engstellen durch private Treppenstufen oder den ruhenden Verkehr gibt. Ähnlich wie beim Radverkehr wolle man mit einem „Zehn plus zehn“-Programm eine Strategie festlegen und einzelne Stellen maßnahmenbezogen betrachten, um dort Verbesserungen erreichen. „Wir versuchen, das Konzept noch 2025 fertigzustellen“, kündigte der Stadtbaumeister an.
Mathias Pütz (CDU) lobte die Akribie, mit der am Fußverkehrskonzept gearbeitet werde. Allerdings könne man aus seiner Sicht viele der Probleme und Lösungen „auch ohne umfangreiches Konzept identifizieren“. Dennoch sei der Zwischenbericht eine klare Aufforderung, zunächst „kleinere Maßnahmen umzusetzen“, damit sei „schon viel gewonnen“. Sein Fraktionskollege Gerhard Baldes nahm Stellung zum Verkehrsversuch in der vorderen Hauptstraße, die schon seit längerer Zeit „eine suboptimale Geschichte“ sei. Der Einbahnverkehr ist aus seiner Sicht „eine gute Idee“, damit fielen die meisten Probleme weg. Dennoch müsse man die Parkplatzsituation „intensiv beobachten“. Baldes schlug auch vor, nur mit einer „minimalsten Möblierung zu starten“, um keine neuen Gefahrenstellen zu schaffen.
Kontroverse Ansichten im Gemeinderat
Lorenz Kachler (SPD) sah im Fußverkehrskonzept „einen wichtigen Beitrag für den Fußverkehr und die Sicherheit“. Die temporäre Umgestaltung der vorderen Hauptstraße sei „ein bedeutender Schritt“ für mehr Verkehrssicherheit und Aufenthaltsqualität. Man schaffe einen „attraktiven Ort für Anwohner und Besucher“. Die Stadt zeige mit dem Versuch, dass sie bereit sei, „innovative Wege zu gehen“. Seine Fraktionskollegin Petra Wahl konnte „diesem Experiment“ dagegen nicht zustimmen. Die Einbahnstraße sei zwar „ohne Zweifel richtig“, allerdings bleiben aus ihrer Sicht zu wenige Parkplätze, gerade mit Blick auf die beiden Apotheken. „Ich sehe die Gewerbetreibenden nicht ausreichend berücksichtigt“, sagte Petra Wahl.
Günter Lukey (FDP) hob hervor, dass das Fußverkehrskonzept in engem Austausch mit den Bürgern erarbeitet werde. Nach dem Antrag seiner Fraktion zur vorderen Hauptstraße hoffe man nun auf den Feldversuch, „der hoffentlich Erkenntnisse für eine bessere Gestaltung liefert“. Wichtig sei, den Autoverkehr zu reduzieren, mehr Platz für Fußgänger zu schaffen und die Aufenthaltsqualität zu verbessern.
Gemeinderat diskutiert Verkehrsversuch und Fußverkehrskonzept
Fußgänger seien das schwächste Glied unter den Verkehrsteilnehmern, so Maximilian Himberger (Bündnis 90/Die Grünen), deshalb begrüße man das Fußverkehrskonzept. Daran sollten sich alle beteiligen, appellierte er. Der Zustand der Hauptstraße ist aus seiner Sicht „manchmal sehr chaotisch“, deshalb sei es gut, diese Problematik „endlich anzugehen“. Sitzmöglichkeiten ohne Konsumzwang würden ausdrücklich gewünscht, sagte er. Die Zahl der Parkplätze reiche auch mit Blick auf die fußläufig gut erreichbaren Parkhäuser „für uns üppig“, so Himberger.
Für Mihriban Gönenç (Zusammen für Walldorf) ist das Fußverkehrskonzept ein Baustein, um Walldorf nachhaltig und barrierefrei zu gestalten. Die Offenlage ermögliche weitere Rückmeldungen. Von der temporären Umgestaltung der vorderen Hauptstraße erhoffe sie sich, „wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen“.
Text und Fotos: Stadt Walldorf