Forstbetriebsplan für 2021 verabschiedet – intensive Maßnahmen für Walderhalt –
Den von den Auswirkungen des Klimawandels stark geprägten Forstbetriebsplan für das Wirtschaftsjahr 2021 stellten Philipp Schweigler, Leiter des Forstbezirks Kraichgau-Rheintal, und Walldorfs Revierleiter Gunter Glasbrenner in der Gemeinderatsitzung am 8. Dezember 2020 vor. Der Plan fand die einhellige Zustimmung des Gremiums.
Zurückgehende Einnahmen durch kaum mehr vermarktbares Dürrholz und sinkende Holzpreise bei steigenden Kosten, um den Wald zu erhalten und „zu retten, was noch zu retten ist“, so Schweigler, kennzeichnen den Betriebsplan. Den voraussichtlichen Einnahmen von 132.000 Euro stehen Ausgaben von prognostizierten 385.000 Euro gegenüber. Für erhöhte Holzerntekosten und Verkehrssicherungsmaßnahmen, die durch abgestorbene Bäume notwendig werden, stehen 70.000 Euro im Betriebsplan. Für Kulturmaßnahmen, um neue klimaresistente Baumbestände zu begründen, sind 40.000 Euro veranschlagt. Der Betreuungskostenansatz steigt von rund 15.000 Euro im Jahr 2020 auf etwa 65.000 Euro.
Forstbezirksleiter Philipp Schweigler machte deutlich, wie stark der Zustand des Waldes von der Witterung abhängt. Er bezog sich auf Daten der Wetterstation in Wiesloch-Baiertal. Hier wurden in den letzten sechs Jahren Temperaturen verzeichnet, die „deutlich über dem Durchschnitt liegen“. Mit einer Durchschnittstemperatur von zwölf Grad Celsius ähnelten diese denen der Alpensüdseite, so Schweigler. Durch die Zunahme der deutlich trocken-warmen Witterung, vor allem in der Vegetationsperiode von März bis Oktober, hätten auch die Waldschäden deutlich zugenommen. Eine Drohnenaufnahme des Schonwalds „Reilinger Eck“ zeigte den „katastrophalen Zustand der Kiefer“, der voranschreite. „Die Bäume sind flächig abgestorben“, stellte Schweigler fest.
Retten, was noch zu retten ist
Hier zu retten, was noch zu retten sei, stelle eine große Herausforderung für das Forstrevier dar, erklärte Schweigler, der die „sehr motivierten und leistungsstarken Forstwirte“ lobte. Neben der Kiefer seien auch nahezu alle anderen Baumarten stark geschädigt, führte er weiter aus. „Jeder Baum, der eingeschlagen wurde, war tot. Wir hatten hundert Prozent Schadholz!“ Als „Hoffnungsschimmer“ nannte er Eiche, Hainbuche, Feldahorn und Spitzahorn, die das Potential hätten, mit den klimatischen Bedingungen besser zurechtzukommen.
Schweigler machte deutlich, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Waldes weiterhin abnehme, während der Erhalt des Waldes in Hinblick auf den Klima- und Wasserschutz sowie seine Erholungsfunktion noch weiter zunehmen werde. Er berichtete auch, dass die „landesweit dramatische Situation der Wälder“ vom Land durch Fördergelder etwas abgemildert werde. Jeder eingeschlagene Festmeter Schadholz werde mit sechs Euro bezuschusst. Walldorf erhalte daher für 2020 rund 30.000 Euro an Fördermitteln.
Revierleiter Gunter Glasbrenner konnte als positive Nachricht bestätigen, dass 2020 die tatsächlichen Einnahmen bereits im November über den Planzahlen lagen. 3.000 Festmeter Holz habe man trotz schwieriger Bedingungen verkaufen können und müsse „nicht drauflegen“. Er schilderte, dass die Zeitfenster für den Verkauf bestimmter Holzarten sehr knapp und nur kurzfristig offen seien. Daher müsste äußerst flexibel reagiert werden, um die oft einzigen Abnehmer beliefern zu können. Hier müssten Harvester eingesetzt werden, die billiger und schneller seien als die motor-manuelle Holzernte. Die geplanten Ausgaben für Harvestereinsätze bildeten daher mit rund 35.500 Euro auch einen „markanten Kostenblock“.
Insgesamt 5.000 Festmeter an Dürrholz mussten 2020 eingeschlagen werden, das kaum noch vermarktbar sei. Am Hockenheimer Weg liege „das größte Holzpolter“ mit dürrem, faulen Holz, das er in seiner Berufslaufbahn erlebt habe, berichtete Glasbrenner.
Zur Verkehrssicherung führte er aus, dass vor allem die Kronenpflege sehr intensiv sei. Ein Baum könne bis zu tausend Euro kosten, doch der Schutz der Menschen vor herabfallenden Ästen gehe vor. „Wir wollen die Bäume erhalten, wo es nur geht“, stellte er fest. Zur Begründung neuer Baumkulturen für einen möglichst klimaresistenten Mischwald erklärte Glasbrenner, dass künftig nur noch im Herbst gepflanzt würde nach den zu trockenen Sommermonaten.
Für 2021 ist im Reilinger Eck auf einer Fläche von einem Hektar ein Versuch mit klimaverträglicheren Baumarten geplant. Fraßschäden durch Maikäferengerlinge sollen durch mechanische Maßnahmen ausgeschaltet werden. Auf der Waldweide im „Reilinger Eck“ sollen anstelle der absterbenden Kiefern Traubeneichen gepflanzt werden. Zehn Großpflanzen sollen auf den entstandenen Lichtungen nach und nach mit Verbissschutz gepflanzt werden. Hierfür seien bis zu 15.000 Euro an Fördermitteln machbar, so Glasbrenner.
Auch die Leuchtturmprojekte, wie zum Beispiel am Maulbeerbuckel und der Totholzgarten, werden weitergeführt. Für den Bereich der Waldpädagogik, des Naturschutzes und der Ökologie sind rund 65.000 Euro in den forstlichen Haushalt eingestellt. Durch Ideenreichtum und innovative Vorgehensweisen habe Waldpädagogin Sabrina Ehnert auch während der Corona-Einschränkungen einige Veranstaltungen durchführen können.
„Naturschutz und Ökologie haben Vorrang vor der Wirtschaftlichkeit“, erklärte auch Revierförster Gunter Glasbrenner, der allen dankte, „die sich für den Wald engagieren“, und der berichten konnte, dass die „weit überdurchschnittlichen Leistungen der Stadt Walldorf“ im Bereich des Waldnaturschutzes bei vielen Fachbehörden sowie im privaten und amtlichen Naturschutz „hohe Anerkennung“ erführen und kreisweit sowie teilweise landesweit einmalig seien.
Aus den Reihen des Gemeinderats kamen noch Fragen zur Bekämpfung der Kermesbeere.
Stadtrat Maximilian Himberger (Bündnis 90/Die Grünen) stellte fest, dass im Hochholzer Wald fast „nichts anderes mehr“ wachse.
„Es ist unmöglich, die Kermesbeere auf der gesamten Waldfläche zu bekämpfen“, erklärte Revierförster Glasbrenner. Sie streue „Milliarden Samen“ im Boden. Auf zehn Hektar im Weißmoos-Kiefernwald und einer Pufferzone von etwa 15 Hektar versuche man im siebten Jahr, die Kermesbeere zurückzudrängen, was in den Anfangsjahren bis zu 70.000 Euro im Jahr gekostet habe. Sie verbreite sich jedoch immer noch. Laut Forstlicher Versuchs- und Forschungsanstalt sei die Kermesbeere in ihrer Heimat, den USA, nicht so aggressiv wie hier. Wenn sie sich erst heimisch fühle, sei sie wohl weniger aggressiv.
Auf Nachfrage von Stadtrat Hans Wölz (Bündnis 90/Die Grünen) bestätigte Glasbrenner, dass im Stadtwald für neue Pflanzungen noch nie Wuchshüllen aus Kunststoff genutzt worden seien und dass Jäger nur bleifreie Munition benutzen dürften.
Eine Jahrhundertaufgabe
„Der Klimawandel hat den Wald erreicht, das ist nicht zu leugnen“, meinte Stadtrat Dr. Gerhard Baldes (CDU).
Lokal könne man handeln. In Walldorf tue man, was weit über das Übliche hinausgehe. Es sei eine „Jahrhundertaufgabe“, zukünftige Wälder zu begründen. Die Fördermittel des Landes begrüßte Baldes. Die Waldpädagogik sowie die Arbeit des Forstreviers mit „viel Herzblut und überdurchschnittlichem Können“ lobte er sehr.
„Wir stehen alle vor einer dramatischen Situation“, erklärte Stadträtin Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD). Der Klimawandel habe sich beschleunigt, die trockenen Jahre seien keine Ausnahme mehr, sondern die Regel. Die Anpassung gelinge nicht, da der Wandel zu schnell vor sich gehe. Auch sie sprach von einer „Jahrhundertaufgabe“ und davon, wie man den Kindern und Kindeskindern die Wälder hinterlasse. Den Kampf gegen invasive Arten wie die Kermesbeere sah sie als „Sisyphus-Arbeit“, bei der man sich nicht „verkämpfen“ solle. Man solle die Bereiche, die gesund seien, hegen und pflegen. „Kein einziger gesunder Baum darf gefällt werden“, forderte sie. Insgesamt sah sie die im Forstbetriebsplan genannten Ausgaben als „gut angelegtes Geld“.
„Die Klimakrise bedroht uns vor der Haustüre mit voller Wucht“, sagte Stadrat Maximilian Himberger (Bündnis 90/Die Grünen). Man müsse den Wald zukunftsfähig aufstellen und das Waldsterben aufhalten. Klimaschutz sei auch Waldschutz, was sich gegenseitig bedinge. Die Investitionen für den Waldnaturschutz lohnten sich.
Stadrat Günter Lukey (FDP) sprach von der „Bedrohung für heimische Wälder“. Walldorf sei zum Glück nicht auf die Einnahmen aus dem Holzverkauf angewiesen. Auch er lobte das „immense Engagement“ von Förster Gunter Glasbrenner und seinem Team und die „ideenreiche Arbeit“. Man wolle auch weiterhin an den zeit- und kostenintensiven Maßnahmen festhalten.
Im Forstrevier Walldorf sollen die Bäume möglichst erhalten werden, doch die klimatischen Bedingungen sorgen leider für viel Dürrholz
Das Waldklassenzimmer im Hochholz bleibt auch weiterhin ein wichtiger Lernort mitten im Wald, den es zu schützen gilt
Text: Stadt Walldorf
Fotos: Pfeifer